Tichys Einblick

Georg Thiel – der Fall, in dem WDR und ÖR nur verlieren können

Ein 53jähriger sitzt seit drei Monaten in Haft, weil er keine Rundfunkabgabe zahlen will. Der Sender zeigt sich so unsouverän, wie es nur geht.

Foto: Privat

Seit mehr als 100 Tagen sitzt der technische Zeichner Georg Thiel in der JVA Münster – weil er keine Rundfunkabgabe für die öffentlich-rechtlichen Sender zahlen möchte, die er nicht nutzt. Thiel besitzt weder Fernseher noch Radio.

Der 53jährige schuldet dem WDR 651,35 Euro. Juristisch präzise sitzt er im Gefängnis, weil der gegenüber der Gerichtsvollzieherin die Vermögensauskunft verweigert, die der WDR verlangt. Der ARD-Sender findet das „bedauerlich“, wie sein Sprecher sagte – besteht aber darauf, Thiels Schuld einzutreiben. Der erklärte schon, unter keinen Umständen zu zahlen. Thiel wird damit zur Symbolfigur. In den Medien gibt es bisher wenig Berichte; auf Twitter dagegen trendet der Hashtag #FreeGeorgThiel.

Würde der WDR nachgeben, entstünde ein Präzedenzfall. Bleibt der Sender hart, dürfte es seinen Vertretern künftig noch ein bisschen schwerer fallen, die Begriffe „Demokratieabgabe“ und „staatsfern“ zu verwenden, ohne wie Orwell-Figuren zu klingen.

Vor kurzem versuchte ein Hörer, mit dem WDR-Talker Jürgen Domian über den Fall Georg Thiel ins Gespräch zu kommen. Er trug in der Sendung kurz die Daten vor: Thiels Name und den Grund seines Gefängnisaufenthaltes, als Domian ihm ins Wort fiel und sagte, er bekomme gerade über sein „Knopf im Ohr“ eine Information: Er, der Anrufer, hätte sich in die „Sendung geschlichen“, er habe im Vorgespräch am Telefon gesagt, er wolle etwas zu Kardinal Marx sagen. „Das ist Fake“, so Domian empört, er werde sich mit dem Hörer „nicht auf dieser Fake-Ebene unterhalten“ und ihn deshalb „gleich wieder verabschieden“. Was dann auch genau so passierte.

Wäre der Anrufer durchgestellt worden, wenn er gleich gesagt hätte, dass er über einen Mann sprechen will, der seit drei Monaten im Gefängnis sitzt, weil er keine 651,35 Euro an den WDR zahlen will, den er nicht sieht und nicht sehen will? Wahrscheinlich nicht.

Es gibt Auseinandersetzungen, in denen eine Seite nichts zu gewinnen und viel zu verlieren hat. Gerade, wenn sie groß und mächtig ist.

WDR-Intendant Tom Buhrow sollte das wissen.

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