Tichys Einblick
Sellgood-Manager

Feelgood-Manager und Unternehmenskulturgestalter?

Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht. Zum Beispiel: einen Feelgood-Manager. Gibt’s nicht, werden Sie sagen. Sag ich doch: Sachen gibt’s … Googlen Sie mal.

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Es gibt sogar eine vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation entwickelte Berufsbeschreibung von Feelgood-Managern als Unternehmenskulturgestalter. Und es gibt natürlich Ausbildungen. Die Firma Goodplace bietet die Fraunhofer-Certified Feelgood-Manager-Ausbildung an. Für 3.100,- Euro. Wie mir scheint, arbeiten da ein paar Sellgood-Manager.

Die Gründerin von Goodplace meint, es geht darum, „das Menschliche im Arbeitsleben zu fördern und den Menschen wieder wichtig zu nehmen“. Ich hatte es ja fast befürchtet, dass jetzt irgendwann einmal die Peitsche am Arbeitsplatz verpönt wird. Jetzt darf man also nur noch Zuckerbrot verteilen, um seine Mitarbeiter die durchschnittlich gewöhnliche Wochenarbeitszeit von 35 Stunden am Arbeitsplatz festzunageln.

Irgendetwas ist irgendwann in dieser Wirtschaft quergelaufen, das ich irgendwie nicht mitbekommen habe. Dass Mitarbeiter Menschen sind, war mir eigentlich auch ohne Fraunhofer-Zertifikat klar. Und ich wüsste jetzt keinen Unternehmerkollegen, der das anders sieht. Fraglos gab es einmal Sklaventreiber (und gibt es sie noch in anderen Teilen dieser Welt), aber ist im Deutschland des 21. Jahrhunderts tatsächlich irgendwo Unmenschlichkeit im Arbeitsleben zu beklagen?

Das Wort Humankapital ist zwar heute eher verpönt, trifft aber die unternehmerische Grundhaltung eigentlich perfekt. Das Wort Kapital kam im 16. Jahrhundert aus Italien zu uns: capitale war die Kopfzahl einer Viehherde und bedeutete Reichtum. Ich schätze mal, das mit der Viehherde weiß kaum jemand, aber Unternehmer verstehen sehr wohl unter Humankapital den Reichtum der Unternehmung an menschlicher Schöpfer- und Arbeitskraft.

Die Mitarbeiter sind der Schatz eines jeden nicht Ein-Mann-Unternehmens. Wie sollte ohne sie produziert werden? Mit Verlaub, jeder Unternehmer und jeder Manager, dem erst erklärt werden muss, die Mitarbeiter wichtig zu nehmen, hat schlicht keinen Erfolg.

Die Haarspalterei, ob man den Mitarbeiter als Mitarbeiter oder den Mitarbeiter als Menschen wichtig nimmt, ist dabei genauso oberflächlich naheliegend wie unsinnig. Ich habe Mitarbeiter, weil ich Geist, Kreativität, Flexibilität etc. brauche – menschliche Eigenschaften – keine Maschinen. Daher heißt, Mitarbeiter wichtig zu nehmen, unweigerlich Mitarbeiter als Menschen wichtig zu nehmen.

Umgekehrt heißt aber Mitarbeit auch, seine Fähigkeiten und Fertigkeiten gegen Entgelt für eine gemeinsame Sache einzusetzen. Das entsprechende Feelgood ist eine florierende Unternehmung, bei der man mit dabei ist. Mitmacht. Mitarbeitet. Dazu sind Loyalität und Leistungsbereitschaft erforderlich. Die sind dem Arbeitgeber auch ohne arrangierte Teamevents und Wohlfühlecken geschuldet. Mir scheint, dass man darauf in diesen Zeiten tatsächlich ausdrücklich hinweisen muss.

In der Psychologie wird ein beglückender Flow als die machbare Bewältigung von Herausforderungen beschrieben. Genau dann herrscht auch Produktivität. Dass ist die originäre Aufgabe aller unternehmerischen Führungs-, Organisations- und Koordinationsaufgaben. Alles darüber hinaus sollte man dem Privatleben und der Selbstorganisation überlassen. Und den besten Feelgood-Managern, einer Familie, zu der man nach der Arbeit heimkommt, mit der und mit Freunden man heutzutage viel Zeit verbringen kann.