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Facebook vs. Australien: der Machtkampf um die Herrschaft im Netz

In Australien hat Facebook alle Medienartikel auf der Plattform abgeschaltet. Das soziale Netzwerk reagiert damit auf eine Richtungsentscheidung der Regierung. Google dagegen gibt sich konzilianter. Am Ende könnten andere die Gewinner sein.

IMAGO / AAP

Der langandauernde Konflikt zwischen der australischen Regierung und den Internetgiganten Facebook und Google hat eine neue Eskalationsstufe erreicht. Die australische Regierung hat ein neues Gesetz vorgelegt, wonach Facebook Geld an klassische Medienhäuser zahlen muss, wenn diese Artikel via Facebook verbreitet werden. Darauf hat Facebook nun mit einem spektakulären Schritt reagiert.

Seit dieser Woche können australische Facebook-Nutzer sämtliche journalistischen Inhalte aus Australien, aber auch Seiten der australischen Regierung und von Hilfsorganisationen, von Wetterdiensten und vielen weiteren auf Facebook nicht mehr aufrufen. Auch das Teilen von Nachrichteninhalten auf Facebook ist nicht mehr möglich.

Heft 03-2021
Tichys Einblick 03-2021: Es reicht.
In dem offiziellen Statement des Internetgiganten schrieb der Geschäftsführer Facebooks für Australien und Neuseeland, William Easton: „Das vorgeschlagene Gesetz missversteht grundsätzlich die Beziehung zwischen unserer Plattform und den Verlagen, die sie zum Teilen von Inhalten verwenden” Weiter hieß es: „Es hat uns vor die schwere Wahl gestellt: Versuchen, ein Gesetz einzuhalten, das die Realitäten dieser Beziehung ignoriert, oder aufhören, Nachrichteninhalte über unsere Dienste in Australien zuzulassen. Schweren Herzes wählen wir letzteres”. Laut dem Branchendienst Meedia ist seither der Traffic australischer Nachrichtenseiten um 13 Prozent eingebrochen.

Facebook befeuert damit den Konflikt mit der Regierung. Google setzt im Gegensatz dazu in den letzten Tagen eher auf Deeskalation. Das Unternehmen aus dem Silicon Valley handelte mit mehreren australischen Medienunternehmen Vereinbarungen aus, die es Google weiterhin erlauben, auf ihrem Nachrichtendienst Google News Inhalte zu teilen. Unter anderem verkündete Google einen Deal mit der Rupert Murdoch News Corp., die in Australien auch das Wall Street Journal veröffentlicht.  Dieser Deal wurde von dem bekannten Medienmogul und Vorsitzendem der Corp., Rupert Murdoch „eine historische, dreijährige Partnerschaft” genannt.

Google ist trotz der Deeskalationsbereitschaft alles andere als einverstanden mit dem Gesetzesentwurf. Das Unternehmen droht weiterhin mit dem Abstellen ihrer Suchmaschine für australische Nutzer. Es könnte also noch schlimmer für Internetnutzer in Australien kommen.

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Ausgangspunkt des Streites ist der Gesetzentwurf, der von der australischen Kartellbehörde vorgeschlagen und vom australischen Unterhaus verabschiedet wurde. Alle großen Parteien stimmten für den Entwurf und somit ist es auch zu erwarten, dass der australische Senat bei der Abstimmung nächste Woche kein Veto einlegen wird. Der Entwurf sieht vor, dass in Zukunft Facebook und Google die Urheber für die Verwendung ihrer Inhalte entschädigen. Damit soll der Journalismus in Australien gestärkt werden, heißt es von Regierungsseite. Die Werbeeinnahmen, die durch das Teilen von Inhalten auf Facebook oder Google generiert werden und momentan noch fast vollständig an die beiden Internetgiganten gehen, sollen nun „fairer” verteilt werden. Denn aktuell gehen nur 19 Prozent der Werbeeinnahmen an traditionelle Medien. Den Rest teilen sich Google und Facebook. Das soll sich nun verändern.

Nachgeben möchte die australische Regierung nicht. Auch Facebook und Google werden sich weiterhin nicht mit dem Gesetzesentwurf einverstanden erklären. Somit wird der Konflikt in Australien noch weiter schwelen. Sollte Australien damit durchkommen, werden eventuell andere Länder folgen – besonders deshalb ist der Konflikt auch für die Tech-Giganten so fundamental. Es ist ein Machtkampf zwischen den Mediengiganten der Gegenwart und denen der Vergangenheit – ein Kampf um die Macht im Netz. Immerhin könnte es die Tendenz zur Monopolisierung des Mediengeschäfts aufhalten, und der Anfang vom Ende der unheilvollen Einheit aus Silicon Valley und alten Pressedynastien sein – am Ende könnten kleine Konkurrenten auf beiden Seiten profitieren.

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