Tichys Einblick
JEFTA soll blenden

EU gegen Trump – ein neues Narrativ?

Nach TTIP und CETA gibt es bei JEFTA noch weniger Transparenz und die nationalen Parlamente müssen draußen bleiben. Die EU kämpft nicht für den Freihandel, sondern für etwas, das so aussieht wie ein Sieg gegen Trump.

STEPHANE DE SAKUTIN/AFP/Getty Images

Wenn die Süddeutsche Zeitung für ein Freihandelsabkommen eintritt, schaue ich genau hin, obwohl der Titel selbst unmissverständlich sagt, dass es um Freihandel gar nicht geht: „Ein Freihandelsabkommen als Kampfansage gegen Washington”.

Was die Süddeutsche verkündet, ist das von Brüssel gesetzte neue Narrativ, mit dem die EU-Kommission die versinkende EU am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen will:

„In Tokio wollen EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionschef Jean-Claude Juncker das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Japan gemeinsam mit Abe unterzeichnen.

Der Vertrag ist eine Kampfansage an Washington. Die Europäische Union ist fest entschlossen, dem Trump’schen Protektionismus entgegenzutreten und sich als überzeugter Verfechter eines freien Welthandels zu positionieren. Das Abkommen mit Tokio ist der bislang größte Handelspakt ihrer Geschichte. Die Zahlen sprechen für sich. Die EU und Japan vereinen ein Drittel der Wirtschaftsleistung der Welt aufeinander. Das Handelsvolumen liegt bei fast 130 Milliarden Euro. Die EU-Kommission rechnet damit, dass die Exporte durch das Abkommen um 20 Milliarden Euro ansteigen.”

Die Zeitung aus München hat nicht genau hingeschaut. Denn diese JEFTA-Euphorie steht auf wackligen Beinen.

Ob JEFTA hält, was Juncker und Kommissare versprechen ist höchst fragwürdig. Das 314 Seiten dicke EU-Papier ist von 2016, seine Wachstumsschätzung von 2012. Der der langfristige ökonomische Nutzen wurde damals auf +0,76% des BIP geschätzt: Langfristig bedeutet wenigstens zehn Jahre, also von 2012 bis 2022 umgerechnet weniger als 0,1% des BIP. Bis das Abkommen in Kraft tritt nach allen zeitraubenden Prozeduren, sind die Annahmen Makulatur. Und selbst nach diesen Zahlen von vorgestern könnten Sektoren wie die Automobilindustrie von JEFTA negativ betroffen sein.

Es geht in Brüssel und damit auch in Paris und Berlin wieder einmal nur um PR. Jetzt mimen sie die das einige EU-Europa, das sich kräftestrotzend Trump entgegenstellt. Nicht einmal für den heimischen Wahlkampfgebrauch taugt das, denn sie machen nicht nur die alten Fehler, sondern verschärfen sie. Nach TTIP und CETA gibt es bei JEFTA noch weniger Transparenz und noch weniger Beteiligung der Parlamente. Deshalb wurde das heikle Thema Investorenschutz schlicht ausgeklammert. Die nationalen Parlamente müssen draußen bleiben.

Was die EU aus dem Sumpf ziehen soll, kann so nur die Gegner und Kritiker des Freihandels verschärft auf den Plan rufen. Oder stimmen die Grünrotschwarzen sogar dem verhassten Freihandel zu, wenn es denn endlich gegen Trump geht? Weil einfach mal ein, wenn auch nur eingebildeter, Sieg gegen den Gottseibeiuns her muss?