Tichys Einblick
Gelsenkirchen

Erste Lenin-Statue in Westdeutschland

Entgegen oder mit dem Zeitgeist? Immerhin wähnte man den Kommunismus längst auf dem Müllhaufen der Geschichte.

imago images / Scanpix
Die kommunistische Ideologie liebt historische Dimensionen und denkt in dialektischen Kategorien. Bis heute: Seit 20. Juni 2020 steht das erste Lenin-Denkmal in Westdeutschland, genauer gesagt in Gelsenkirchen, an einer belebten Kreuzung im Stadtteil Horst. Initiiert hat den Festakt, legitimiert durch einen Gerichtsentscheid, eine offen linksextremistische Splitterpartei, die Marxistische-Leninistische Partei Deutschland (MLPD).
Reiche Kommunisten

Sie wird seit Jahren vom Verfassungsschutz beobachtet. Nun huldigt sie dem Staatsterroristen als „Vordenker und Vorkämpfer für Freiheit und Demokratie für die Massen“. Ein Triumph für die an Wählerstimmen arme, an Immobilienbesitz reiche MLPD: Eigentlich ist es ja derzeit Trend, Denkmäler zu besudeln und Helden vom Sockel zu stürzen. Der Bildersturm von „Black Lives Matter“ hat kulturrevolutionäre Züge, die Furor richtet sich gegen Staatsmänner wie Otto von Bismarck, aber auch Geistesgrößen wie Immanuel Kant. Letzterer prägte den Satz „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen.“

Längst auf dem Müllhaufen der Geschichte

Das schließt die Auseinandersetzung mit dem Kommunismus, der wie der Nationalsozialismus für den Totalitarismus des 20. Jahrhunderts steht, für Gewaltherrschaft, Ideologie und Terror. Eigentlich dachte man nach dem Siegeszug der liberalen Demokratie und dem „Schwarzbuch des Kommunismus“, das die Gräueltaten von Russland über die DDR bis hin zu Kambodscha dokumentiert: Längst ist der Kommunismus auf dem Müllhaufen der Geschichte gelandet. Davon zeugt etwa der Memento-Park in der Nähe von Budapest, das die monströsen Skulpturen aus kommunistischer Zeit ausstellt.

Linke Gewalt genauer betrachten

Eine Lenin-Statue begrüßt bereits am Eingang. Immer noch glauben viele Menschen, dass der Berufsrevolutionär Lenin der menschenfreundliche Kommunist und alleine Stalin der grausame Menschenschlächter gewesen sei. Der Aufbau von Leninstatuen zu Propagandazwecken ist untrennbar mit dem DDR-Stalinismus verbunden. Walter Ulbricht etwa hatte am 19. April 1970 in Berlin-Friedrichshain vor 200.000 Teilnehmern das Denkmal 1970 als ein Symbol für den Sieg des Sozialismus enthüllt. Im Schweriner Plattenbaugebiet „Mueßer Holz“ steht bis heute ein riesiges Lenin-Denkmal. Fragen stellen sich zuhauf angesichts der jüngsten Vorfälle: Sollten wir uns angesichts der aktuellen Gewaltbereitschaft der Antifa nicht stärker mit dem Linksextremismus auseinandersetzen? Wie steht es hierzulande eigentlich mit der Erinnerungskultur an kommunistische Gewalt?


Dieser Beitrag von Florian Hartleb erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken Autor und Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.