Tichys Einblick
ERBSCHAFTSSTEUER

Wegen steuerlicher Neubewertung der Immobilien: Erben müssen verkaufen

Seit dem 1. Januar werden die Immobilien neu bewertet. Diese Änderung trifft besonders Bayern, da hier die Immobilienpreise deutschlandweit am höchsten sind. Dadurch steigt die Erbschaftssteuer. Der Staat kann die Budget-Löcher stopfen, viele Erben sind gezwungen zu verkaufen.

IMAGO / Ralph Peters

Bekanntlich ist die Steuerpolitik ein zentrales Streitthema in den Parteien. Um die Löcher in Staatshaushalt und Sozialkassen zu stopfen wollen SPD, Linke und Grüne diese mit höheren Steuern insbesondere für Vermögende und Erben stopfen.

Die SPD hält die Erbschaftsteuer für „ungerecht, da sie vermögende Unternehmenserben bevorzugt“, hieß es im Wahlprogramm zur Bundestagwahl 2021. „Mit einer effektiven Mindestbesteuerung werden wir die Überprivilegierung großer Betriebsvermögen abschaffen.“ Deutlicher wird die Partei nicht. Im Grünen-Wahlprogramm tauchte die Erbschaftsteuer gar nicht auf. Zwischen den Zeilen war jedoch zu entnehmen, eine höhere Erbschaftsteuer könne kommen, sollte die Wiedereinführung der Vermögensteuer nicht klappen.

In Bayern ist derzeit die Erbschaftssteuer Wahlkampfthema. Und dieses Thema brennt vor allem Eigenheimbesitzern und Eigentumswohnungen in München auf den Nägeln. Das liegt vor allem an den gestiegenen Immobilienpreisen. Tagein, tagaus melden sich Immobilienbesitzer beim Landesverband Bayerischer Haus-, Wohnungs- und Grundbesitzer e.V., Haus & Grund Bayern, weil sie die Sorge plagt, wie sie ihre Immobilie für die Erben sichern sollen. Dazu kommen auch noch die höheren Grundsteuern.

Auf Immobilienerben kommen im Jahr 2023 höhere Erbschafts- und Schenkungssteuern von 30 bis 40 Prozent zu. Denn seit dem 1. Januar werden Immobilien durch das Jahressteuergesetz 2023 neu bewertet. Die Besteuerung soll demnach künftig möglichst nahe am „gemeinen Wert“, also dem Verkaufswert, festgestellt werden müssen. Diese Änderung trifft besonders Bayern, da hier die Immobilienpreise deutschlandweit am höchsten sind. Einfamilienhäuser in Boom-Regionen übersteigen dann mühelos die Freibeträge bei der Schenkung- und Erbschaftssteuer um ein Vielfaches.

Das ist auch dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder nicht verborgen geblieben. Der Bund habe die Bewertungsmaßstäbe für Eigentum „massiv nach oben katapultiert“, ohne gleichzeitig die Freibeträge anzupassen, kritisierte Söder. Eine Gartenlaube in Miesbach habe mittlerweile den gleichen Wert wie eine Villa in Greifswald, sagte der Ministerpräsident. Die Folge sei, dass viele Normalverdiener in Bayern ihr Erbe kaum behalten könnten – und „Haus und Hof verkaufen“ müssten, oft an Investoren. Das führe letztlich zu einem Ausverkauf der Heimat. Bayern bringt nun eine Verfassungsklage gegen die Erbschaftsteuer auf den Weg.

Laut dem Vorsitzenden der Haus & Grund Bayern, Rudolf Stürzer, liegt das Problem bei den explodierenden Bodenrichtwerten. In der Folge steigen die Erbschafts- und Schenkungssteuern deutlich. Derjenige, der eine Wohnung oder ein Haus erbt, muss oftmals mit Millionenbeträgen rechnen. Geld, über das die meisten Erben nicht verfügen. Weil die Immobilienbesitzer nicht wissen, wie damit umgehen, resp. die erwartbar hohen Steuern von den Erben überhaupt zu leisten sind, ist die Zahl der zum Kauf angebotenen Häuser und Wohnungen in München innerhalb eines Jahres um 55 Prozent gestiegen.

Nach Ansicht vieler Hauseigentümer sind die Freibeträge von 400.000 Euro pro Kind bei weitem nicht ausreichend. Wenn die Erben die zu Gebote stehenden Steuern absehbar nicht berappen können, müssen sie verkaufen. Was in der Folge bedeutet, dass die Mieten in diesen Immobilien steigen. „Denn solche Erbhäuser kaufen keine Privatleute, sondern ausländische gewerbliche Investoren aus den USA, Russland, Asien und von anderswo. Und die erhöhen die Mieten, wie es nur geht“, sagt Rudolf Stürzer von Haus & Grund Bayern. 60 Immobilien mit zusammen 2.000 Wohnungen seien der Stadt München im letzten Jahr zum Kauf angeboten worden. „Das ist ein Novum. Bisher war der Verkauf an die Stadt eine Notlösung.“ Die Stadt könne jedoch nicht alles kaufen, um die Mieten zu retten.

Laut Stürzer sind auch die Kreditzinsen ein Problem. Sie seien von einem auf vier Prozent gestiegen. Viele Erben bekämen wegen ihres Alters, wenn sie über 60 sind, keinen Kredit und seien somit nicht in der Lage, die Steuern zu bezahlen. „Außerdem belasten die angekündigte Zwangsmodernisierung der Heizungen die Immobilienerben.“

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