Tichys Einblick
Interview: Mitsch gab der AfD Kleinspenden

„Die WerteUnion hat mich sozusagen vor einer großen Dummheit bewahrt“

Der Vorsitzende der WerteUnion, Alexander Mitsch, über die Lage innerhalb der Union und sein Verhältnis zur AfD .

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TE: Ihr Parteifreund Elmar Brok hat die WerteUnion, deren Vorsitzender Sie sind, als „Krebsgeschwür“ bezeichnet. Hat er sich bei Ihnen entschuldigt?

Mitsch: Leider nein. Ich habe diese Beschimpfung als sehr verletzend und zutiefst ungerecht empfunden. Wir sind Teil der Union und zwar ein gesunder und kein Krebsgeschwür. Ich habe das Gefühl, dass man sich in Ermangelung von Sachargumenten nun persönlicher Diffamierung bedient. Wir erleben aber auch eine große Welle der Solidarisierung: hunderte Neumitglieder für die WerteUnion in den letzten Tagen. Wir wachsen und wir sind gekommen, um zu bleiben!

TE: Aber auch andere Spitzenpolitiker Ihrer eigenen Partei haben sich in nicht ganz so aggressiven Vokabeln gegen die WerteUnion positioniert. Ralph Brinkhaus sagte, sie gehöre „nicht zu uns“ und Tobias Hans empfindet die WerteUnion als Beleidigung der CDU-Mitglieder. Wie erklären Sie sich diese Angriffe?

Mitsch: Das kam sehr überraschend und hinterließ den Eindruck einer konzertierten Aktion. Wir wurden aber auch von prominenten Parteifreunden verteidigt. Wolfgang Bosbach hat klar gesagt: „Wer die AfD noch stärker machen will, der drängt jetzt die Mitglieder der WerteUnion aus der Partei“.

TE: Ihnen wird zumindest implizit oft unterstellt, Sie hielten sich nicht an den Unvereinbarkeitsbeschluss gegenüber der AfD. Wie halten Sie es denn nun mit der AfD?

Mitsch: Wir haben immer wieder – auch ich persönlich – klargestellt, dass wir uns an diesen Beschluss selbstverständlich halten. Mit dieser AfD wollen und werden wir nicht zusammenarbeiten und schon gar nicht koalieren. Wir werden dies noch einmal bekräftigen, damit es dann auch der Letzte versteht.

TE: Hatten Sie persönlich jemals Kontakte mit AfD-Politikern?  

Mitsch: In jüngerer Zeit nicht.

TE: Also gab es diese früher?

Mitsch: Ja, immer wieder, denn grundsätzlich spreche ich als Demokrat mit jedem. Das gilt vor allem für die Anfangsjahre der AfD. Damals war die AfD eine Partei, die von Professoren, vor allem von Volkswirten geprägt war. Mit einem Vorsitzenden namens Bernd Lucke und honorigen Leuten wie Hans-Olaf Henkel und Joachim Starbatty in ihren Reihen.

TE: Haben Sie führende AfD-Leute getroffen?

Mitsch: Ja und ich sage Ihnen ganz offen, dass ich von einigen einen sehr guten Eindruck hatte und sogar lange mit mir gerungen habe, ob ich der AfD nicht sogar beitrete, denn meine Verzweiflung über den Zustand meiner CDU war groß. Bei einer Veranstaltung der Wirtschaftsjunioren Mannheim-Ludwigshafen habe ich mit dem Referenten Bernd Lucke ein gutes Gespräch geführt. Im Kontext der Griechenlandkrise habe ich der AfD auch Spenden geleistet. Letztlich habe ich mich aber gegen einen Beitritt und gegen jede weitere Unterstützung der AfD entschieden.

TE: Um wieviel Geld ging es?

Mitsch: 2014 habe ich 20 Euro und 2016 100 Euro gespendet.

TE: Und dann haben Sie den Kontakt abgebrochen?

Mitsch: Ja.

TE: Warum?

Mitsch: Ich war von der Entwicklung, die diese Partei nahm, zunehmend abgestoßen und bin es weiterhin. Ab Januar 2016 war ich in der überparteilichen Bürgerinitiative „Aufbruch 2016“ aktiv. Bei Treffen dieser Initiative erlebte ich auch Leute, die sich spürbar radikalisierten und schlicht Unfug redeten. Die gingen dann vermutlich zur AfD. Rund ein Jahr nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg wurde mir 2017 immer klarer, was für zweifelhafte Leute in die AfD kamen. Sie radikalisierte sich. Am 17.1.17 hielt Höcke in Dresden seine Brandrede. Mich hat seine Denkweise zutiefst geschockt, etwa als er vom „Import fremder Völkerscharen“ sprach. Glücklicherweise entwickelte sich zugleich innerhalb der Unionsparteien eine Basisbewegung. Wenige Tage nach Höckes Rede überzeugte mich Thomas Jahn vom Konservativen Aufbruch der CSU bei einer Veranstaltung davon, bei der Zusammenführung der konservativen Initiativen in den Landesverbänden der Union mitzumachen, aus der wir dann im März 2017 die WerteUnion machten. Die WerteUnion hat mich sozusagen vor einer großen Dummheit bewahrt. Ich blieb und bleibe der CDU treu, der ich seit 35 Jahren angehöre.

TE: Nun scheinen aber viele führende CDU-Politiker Sie und die rund 4000 Mitglieder der WerteUnion lieber loswerden zu wollen. Warum bleiben Sie noch in einer Partei, in der Sie als „Krebsgeschwür“ bezeichnet werden?

Mitsch: Die Union ist meine politische Heimat. Ich möchte sie von innen zum Guten verändern.

TE: Kann die WerteUnion in dieser Lage denn noch politischen Einfluss innerhalb von CDU und CSU haben?

Mitsch: Natürlich. Die Union hat immer von ihrem Meinungspluralismus gelebt. Wir sind nur eine von vielen Stimmen in CDU und CSU. Wir erheben keinen absoluten Wahrheitsanspruch, aber wir wollen wie alle anderen Vereinigungen der Union gehört und ernst genommen werden. Wir wachsen rasant und wir brauchen einen langen Atem und ein breites Kreuz aber beides haben wir.

TE: Gibt es innerhalb der WerteUnion Einigkeit darüber, wer der nächste Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat sein soll?

Mitsch: Nein, da gibt es unterschiedliche Präferenzen. Die Favoriten dürften Friedrich Merz und Jens Spahn sein. Viel wesentlicher als die Frage nach der Person ist aber die der politischen Inhalte. Die Union braucht wieder ein klares Profil, das auch Konservativen und Wirtschaftsliberalen eine feste Heimat bietet. Dafür setzt sich die WerteUnion ein.