Tichys Einblick
Leserbeitrag

Die schwarze Null

Leser Hartwig Wischendorf hat getan, was die Medien nicht taten: er hat aufgepasst und genau hingehört. Hier sein Kurzbericht.

© Michele Tantussi/Getty Images

Wie sagte schon der bekannte Fußballtrainer Hub Stevens: „die Null muss stehen!“
Gleiches soll lt. Koalitionsvertrag (Seite 66) auch für den Haushalt der Bundesrepublik gelten. Doch nun erfährt der ahnungslose Bundesbürger vom Vorsitzenden des Haushaltsausschusses Boehringer in seiner Antwortrede auf den Vortrag des neuen Finanzministers Scholz (Bundestag am 22.03.2018), dass die schwarze Null eine Fata Morgana ist. Die Bilanz des Haushaltes der Bundesrepublik sei „die beste aller Scheinwelten“ und das vor allem deshalb, weil die Euro-Rettungs-Risiken im Haushalt keine Berücksichtigung finden. Boehringer stellt dazu fest, dass die Verpflichtungen, die die Bundesrepublik übernommen hat, keine theoretische Größe darstellen und erinnert an die Pleite der HSH-Nord-Bank, für die der Hamburger Steuerzahler nun mit über 7 Milliarden Euro einstehen muss. Außerdem erfährt man, dass zu allem Überfluss der Einlagensicherungsfond von Sparkassen, Volksbanken und Privatbanken vergemeinschaftet werden soll. Das bedeutet, dass der Fonds für Risiken maroder Banken in Italien und Griechenland geöffnet werden kann.

Den versteinerten Gesichtern auf der Regierungsbank während des Vortrages sieht man an: dies müssen wir jetzt aussitzen. Und bei den Abgeordneten der Koalition im Plenum – demonstratives Desinteresse. Zu diesen eigentlich skandalträchtigen Informationen gibt es keine Gegenrede. Man ist bestrebt, dieses Thema möglichst schnell hinter sich zu bringen. Dies mag ja noch zu erklären sein. Wie erklärt es sich jedoch, dass die öffentlich rechtlichen Medien, die sonst jedem vermeintlichen Skandal hinterher hecheln, sich darüber ausschweigen? Der Bürger erfährt von diesem Fall kreativer Buchführung auf Regierungsebene in den wichtigsten Nachrichtensendungen des deutschen Fernsehens nichts. Als Gebührenzahler erwarte ich keine regierungsfreundliche, sondern eine objektive und möglichst umfassende Berichterstattung.