Tichys Einblick
KfW-Befragung:

Deutsche Kommunen erwarten einbrechende Einnahmen

Eine Umfrage der staatlichen Förderbank KfW offenbart, dass die meisten Städte, Gemeinden und Landkreise sinkende Einnahmen und steigende Ausgaben erwarten. Damit schwindet ihr Spielraum für Investitionen.

Die Corona-Krise bedeutet eine negative Zäsur für die öffentlichen Haushalte der Städte, Gemeinden und Landkreise. Das zeigt eine Befragung unter 200 Kommunen des KfW-Kommunalpanels 2020. Statt mit Haushaltsüberschüssen und sinkender Verschuldung rechnen die meisten Kommunen jetzt mit einbrechenden Einnahmen, wachsenden Ausgaben und einer wieder ansteigenden Verschuldung. 95 Prozent der befragten Kämmereien blicken pessimistisch auf das laufende Jahr, auch für 2021 erwarten acht von zehn Kommunen eine Verschlechterung der Haushaltslage.

„Die Investitionsbedarfe der Kommunen waren schon vor der Corona-Krise hoch“, sagt KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. „Wenn jetzt die Haushaltsspielräume schrumpfen und deshalb Investitionen eingespart werden, ist das eine katastrophale Aussicht. Deutschland braucht öffentliche Investitionen in eine moderne Infrastruktur, um die Folgen der Krise zu bewältigen und als Voraussetzung für den Erhalt unseres Wohlstands in Deutschland. Alleine die Anpassung der Infrastruktur an den Klimawandel oder die demografische Entwicklung sind Herkulesaufgaben.“

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Die aktuelle Befragung zu den haushaltspolitischen Folgen der Corona-Pandemie ist nicht repräsentativ, gibt jedoch einen Eindruck von der kommunalen Betroffenheit. Auf der Einnahmenseite erwarten demnach 42 Prozent der Kommunen einen starken Rückgang, weitere 53 Prozent gehen von tendenziell sinkenden Einnahmen aus. Hauptursache sind zurückgehende Steuereinnahmen, die von 63 Prozent der kommunalen Haushälter prognostiziert werden. Die aktuelle Krise wird nach Einschätzung der Kämmereien auch über das laufende Jahr hinaus spürbare Effekte nach sich ziehen. Ein Viertel der Kämmereien geht auch für 2021 von stark rückläufigen Einnahmen aus.

Auch mit Blick auf die Ausgabenseite sind die Städte, Gemeinden und Landkreise pessimistisch: Sowohl für das laufende Jahr 2020 als auch für die Folgejahre rechnet jede zweite Kommune mit steigenden Ausgaben in allen relevanten Ausgabenkategorien – außer bei Investitionen. Rund 70 Prozent der Kämmereien erwarten steigende Sozialausgaben. Auch höhere Sachkosten und eine Zunahme der Personalausgaben werden aus Sicht der Kämmereien die Haushalte belasten.

Auf die Lage reagiert laut KfW-Befragung rund ein Viertel der Kommunen mit kurzfristigen Haushaltssperren, ein Drittel bereitet Nachtragshaushalte vor, um die finanziellen Folgen der Corona-Krise abzufangen. Dies dürfte bei ähnlich vielen Kommunen auch über eine höhere Verschuldung erfolgen. In den meisten Kommunen werden zudem Konsolidierungsmaßnahmen auf der Agenda stehen, damit rechnen 63 Prozent der Umfrageteilnehmer.

Im Ergebnis geht jede dritte Kommune von sinkenden oder stark sinkenden Investitionsausgaben im laufenden Jahr aus. Diese Einschätzung ändert sich auch nicht in der mittelfristigen Perspektive ab 2021. Bereits in der Vergangenheit hatte die kommunale Ebene erhebliche Probleme, Investitionen im erforderlichen Umfang zu tätigen. Darauf deutet der hohe Investitionsrückstand der Kommunen hin, den KfW Research und das Deutsche Institut für Urbanistik jährlich im KfW-Kommunalpanel ermittelt. Im Jahr 2018 betrug er 138 Mrd. EUR. Die aktuelle Analyse für das Jahr 2019 läuft derzeit und wird im Juni vorliegen.

Die Hoffnungen der Kommunen richten sich – wie könnte es anders sein – auf die höheren staatlichen Ebenen. 26 Prozent der Kommunen halten steigende Investitionen in den nächsten Jahren für möglich, wenn die Politik Unterstützungsmaßnahmen für die kommunale Ebene auf den Weg bringen kann – allen voran finanzielle Entlastung, die von 49 Prozent als notwendig zur Bewältigung der Krise angesehen werden. Jede zweite Kommune stimmt dabei zu, dass es zu einer Verschiebung von Investitionen innerhalb der Haushalte zugunsten „systemrelevanter“ Bereiche wie der Gesundheitsversorgung oder dem Katastrophenschutz in den Kommunen kommen dürfte.

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