Tichys Einblick
Die Folgen des Doppelwumms

Christian Lindner reitet den Haushalt immer stärker in die Miesen

Von wegen „Schuldenbremse“: Alle drei Tage verschuldet sich Deutschland derzeit um eine Milliarde Euro. Haupttreiber ist die Energiepolitik der Ampel. Angesichts der neuen Zinspolitik schnürt das den politischen Spielraum ein.

IMAGO / Political-Moments

Zu den wichtigsten Zahlen, die das Statistische Bundesamt veröffentlicht, gehört der „Öffentliche Gesamthaushalt“. Es ist die ehrlichste Bilanz deutscher Politik. Denn die Haushalte des Bundes, der Länder, Städte und Landkreise werden darin genauso berücksichtigt wie die der Krankenkassen, der Pflege- und Rentenversicherung. Das Hin und Her zwischen den verschiedenen Haushalten berücksichtigt der „Öffentliche Gesamthaushalt“ nicht. Er stellt die Summe unterm Strich dar – also das, was Deutschland wirklich erwirtschaftet.

Die aktuellen Zahlen sind alarmierend. Um 38,9 Milliarden Euro sind demnach die Schulden der öffentlichen Hand gestiegen. Allein von Neujahr bis zum 31. März. Alle drei Tage kommt eine neue Milliarde an Schulden auf das Konto der nächsten Generationen. Das ist die Wahrheit, die übrig bleibt, wenn man die Schminke von der „Schuldenbremse“ nimmt, für die sich Finanzminister Christian Lindner (FDP) feiern lässt.

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Der Haupttreiber für die Verschuldung ist der Bund. Während Länder, Städte, Gemeinden und die Sozialversicherungen unterm Strich ihre Schulden zusammen sogar leicht abbauen konnten, hat sich der Bund im ersten Quartal um zusätzliche 39,3 Milliarden Euro verschuldet. Sogar das Statistische Bundesamt macht die „Energiekrise“ als Hauptreiber für Deutschlands Schulden aus.

Rückblende: Im vergangenen Sommer propagierte Robert Habeck (Grüne) die Gasumlage. Doch die Hüftgeburt des Wirtschaftsministers war so vermurkst, dass Kanzler Olaf Scholz (SPD) sie in letzter Sekunde stoppen musste. Stattdessen gab es ein weiteres Rettungspaket, mit dem der Staat die Stromrechnungen seiner Bürger übernehmen wollte. In die Fachliteratur ging dieser Vorgang als „Doppelwumms“ ein.

Nun hat der Bund den Wumms. Insgesamt sind die Schulden der öffentlichen Hand auf 2,4 Billionen Euro gestiegen. Ausgeschrieben heißt das: 2.400.000.000.000 Euro haben wir ausgegeben, die wir kommende Generationen zahlen lassen. Tendenz steigend. Von Neujahr 2022 auf Neujahr 2023 hat sich die öffentliche Hand „nur“ um 87,6 Milliarden Euro neuverschuldet. Macht die Ampel in diesem Tempo weiter, sind es am Ende des Jahres 155,6 Milliarden Euro.

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Die Zeichen stehen darauf, dass die Ampel das schafft. Mit dem Gebäudeenergiegesetz arbeitet die Bundesregierung am nächsten Gesetz, das nicht funktioniert und dessen Dysfunktionalität mit Steuergeld zugewummst werden soll. Bis zu 70 Prozent an Zuschüssen verspricht die Ampel für den erzwungenen Heizungstausch. Es liegt an den Ausgaben, dass sich die öffentliche Hand alle drei Tage um eine weitere Milliarde Euro neuverschuldet – die Steuerzahler bluten auf der Einnahmenseite des Staates so stark wie nie zuvor.

So erklärt sich auch, warum Länder, Kommunen und Sozialversicherungen derzeit unterm Strich mit ihrem Geld haushalten können – der Bund aber tief in die Neuverschuldung reitet. Durch die 39,3 Milliarden Euro, die im Haushalt des Bundes im ersten Quartal dazu kommen, ist dessen gesamter Schuldenstand bereits auf 1,7 Billionen Euro angestiegen. In Sachen Ursachenforschung wird das Statistische Bundesamt für seine Verhältnisse recht deutlich: „Der Anstieg der Verschuldung des Bundes ist somit zum größten Teil auf seine Extrahaushalte (Sondervermögen) zurückzuführen. Den größten Anteil daran hatte der im November 2022 neu gegründete Wirtschaftsstabilisierungsfonds Energie.“ Also der Doppelwumms.

Die Länder haben im ersten Quartal ihre Schulden um 3 Milliarden Euro zurückgefahren. Besonders erfolgreich war dabei Bayern, das seinen Schuldenstand um 16,8 Prozent senken konnte, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. In anderen Ländern gingen die Schulden nach oben. Darunter Nordrhein-Westfalen, wo die Regierung des potenziellen Kanzlerkandidaten Hendrik Wüst (CDU) 2,6 Prozent mehr Schulden verbuchen musste.

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Der Bund muss dringend an seine Finanzen ran. Dazu hat der Bundesrechnungshof Finanzminister Lindner schon im vergangenen Jahr dringend ermahnt. Der weiß jetzt schon, dass er sich für das Einhalten der „Schuldenbremse“ feiern lassen will – hat aber immer noch keinen Entwurf eines Haushalts vorgelegt. Vor allem die grünen Minister wollen mehr Geld ausgeben, als der Finanzminister gewähren kann, um die „Schuldenbremse“ wenigstens mit haushalterischen Tricks einhalten zu können.

Vor dem Hintergrund der ruinierten Staatsfinanzen und den Warnungen des Bundesrechnungshofes ist auch Habecks Versprechen zu sehen, den Menschen sein Heizungsverbot schönwummsen zu wollen. Denn angesichts der sich weltweit ändernden Finanzpolitik sind Schulden kein theoretisches Problem mehr. Denn sowohl in den USA wie auch in der EU steigen die Leitzinsen – und damit auch die tatsächlichen Zinsen. Jede Erhöhung des Leitzinses um einen halben Prozentpunkt bedeuten für Scholz, Habeck und Lindner auf einen Schlag 12 Milliarden Euro weniger, mit denen sie im Jahr rumwummsen können. Oder eben 12 Milliarden Euro Schulden, die sie auf den ohnehin schwindelerregenden Zuwachs nochmal draufsatteln.

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