Tichys Einblick
Interview TE Magazin 02-2021

„CDU wird zum Tellerwäscher des Zeitgeists“

Das Corona-Jahr hat einige neue Bewegungen hervorgebracht. Doch was bedeutet das für die bevorstehenden Bundestagswahlen? Der Historiker Andreas Rödder analysiert mögliche Konstellationen und die problematische Situation, in die Angela Merkel die Union manövriert hat.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler | Bert Bostelmann

Berlin. CDU/CSU machen sich durch die Übernahme zentraler Forderungen von SPD und Grünen auf die Dauer überflüssig und laufen Gefahr, durch den Ausschluss der AfD als politische Kraft nach der Bundestagswahl kaum noch Koalitionsoptionen mehr zu haben. Es sei der größte Fehler der Union und von Bundeskanzlerin Angela Merkel gewesen, das Entstehen der AfD zuzulassen, konstatiert Andreas Rödder, Professor für Neueste Geschichte an der Universität Mainz, im Gespräch mit der neuen Ausgabe des Meinungsmagazins Tichys Einblick. „Damit werden mehr als zehn Prozent am rechten Rand blockiert, weil man mit den „Rechten“ nicht zusammenarbeitet, und die parlamentarische Mehrheit wird aus dem Rest des politischen Spektrums gebildet.“

Damit schränke die Union aber ihre Koalitionsmöglichkeiten ein. „Das führt dazu, dass sich die Union mit einer Konstellation konfrontiert sehen kann, in der gegen sie regiert wird, sie aber keine anderen Optionen mehr hat. Damit hat sie sich selbst in einer Falle gefangen.“ Nicht einmal mit der FDP wolle die Union wirklich regieren, die CDU habe sich von der FDP abgewendet. „Eigentlich signalisiert die CDU überdeutlich, mit der FDP überhaupt nicht mehr koalieren zu wollen, obwohl man immer noch davon ausgehen kann, dass die FDP die inhaltlich der CDU am nächsten stehende Partei ist.“

Grund für dieses Dilemma sei, dass die Union zentrale Positionen aufgegeben habe. „«Abräumen» war das Erfolgsrezept der CDU in den vergangenen Jahren: vom Atomausstieg, der Abschaffung der Wehrpflicht bis zur Ehe für alle. Die Union hat abgeräumt, was andere aufgetischt haben. Damit werde ich aber letztendlich zum Tellerwäscher des Zeitgeists“, so Rödder. „Das geht eine Zeit lang gut, droht jedoch die programmatische Substanz auf dem Altar der Regierungsfähigkeit zu opfern.“ Der künftige CDU-Vorsitzende müsse deshalb der Partei wieder inhaltliche Substanz geben. „Irgendwann macht sich die CDU sonst selbst überflüssig. Wenn eine Partei nur noch abräumt, was andere auftischen, können ihre Wähler gleich das Original wählen.“


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