Tichys Einblick
Laschet CDU-Chef

Laschet gewinnt nach schwacher Rede, Spahn hilft unerlaubt.

Das Ergebnis zeigt einen Sieg für Armin Laschet mit 521 Stimmen gegen 466 für Merz - die Regie des Parteitags hat gewirkt. Die Reden waren allesamt enttäuschend.

picture alliance / AP | Odd Andersen

Es hat modern begonnen, und bieder geendet. CDU digital – ein ungewohntes Gefühl. Ungewohnt offenbar auch für Armin Laschet, Ministerpräsident von NRW und Wunschkandidat der alten Parteiführung. Doch Laschet hat in seiner Bewerbungsrede ein Problem. Ein Populist ohne Populus wirkt wie ein Fisch auf dem Trockenen. Dem Aachener fehlt die Interaktion mit den Zuhörern. Er hält eine Rede, angelehnt an jene emotionsschwangere Kuschelei der scheidenden Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer vor über zwei Jahren. Laschet versucht es rheinisch-merkeliert. Etwas Kumpel-Romantik und viel Gegenwartsangst vor Corona und den „Rechtsterroristen“. Es ist die schlechteste Rede der drei Bewerber – so schlecht, dass Laschets Tandemfahrer Jens Spahn sich genötigt sieht, in der Fragestunde nach den Kandidatenreden seinem untergehenden Kumpel mit einer Lobeshymne zur Seite zu springen. Die zur Neutralität verpflichtete Parteitagsleitung lässt diese Hilfsaktion zu – überaus fragwürdig, wenn ausdrücklich nur Fragen an die Bewerber gestellt werden dürfen.

Laschet endet seine Rede mit der Aussage, die CDU brauche keinen CEO – und schon ist er da. Friedrich Merz, Hoffnungsträger der Konservativen, tritt auf wie ein Vorstandsvorsitzender. Er vertritt Führungsanspruch – und anders als Laschet kann er mit der Halle ohne Publikum umgehen. Bei seinem Versuch, AKK aus dem Rennen zu drängen, wirkte er nervös und fahrig. Im Digitalen wirkt er souverän. Merz präsentiert eine gelungene Mischung aus Kohl-CDU und Zukunft. Er positioniert sich und die CDU selbstbewusst und ohne jeglichen Kuschelkurs Richtung Grün-Rot. Merz will führen und wer mit seiner Union koalieren will, wird einen harten Verhandlungsführer vor sich haben. Auch in Sachen Klima ist er wohltuendes Kontrastprogramm zur Unionsverzagtheit der vergangenen Jahre: „Die Welt geht morgen nicht unter!“ hält er den Klimareligiösen entgegen und setzt auf technischen Fortschritt und Innovation.

Ginge es nur um Merz versus Laschet, hätte es keine Zweifel geben können: Merz ist Macher, Laschet Mitmacher.

Doch es ist noch ein Dritter im Geschäft. Der leicht ergraute Norbert Röttgen wirkt wie der George Clooney der CDU, kommt gelassen und selbstbewusst rüber. Er hält eine erstaunlich gute Rede – die beste unter denen der drei Bewerber. Er schafft es auch ohne Publikum, das notwendige Maß an Emotion für die Seele der Partei mit konkreten Zukunftsperspektiven zu verbinden. Hübsch ein sofort korrigierter Versprecher: „Demokratie ist weltweit unterdrückt – äh, unter Druck.“
Röttgen ist der einzige, der die Revolution der DDR-Bürger gezielt würdigt. Er distanziert sich gleichermaßen gegen AfD wie gegen „die populistische Linkspartei“, die durch SPD und Grüne rehabilitiert werden soll. Seine Perspektive ist Bildung und Klimapolitik mit Wirtschaftskompetenz.

Ginge es nur um diese Reden, dann steht Röttgen auf der Eins, dicht gefolgt von Merz. Laschet hätte sich weggekegelt. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der Aachener nicht das Format zur Führung der Republik hat – diese Rede auf dem Niveau eines Traditionstreffens der Steiger hätte ihn erbracht. Doch Parteien und Seilschaften funktionieren anders. Das Ergebnis zeigt ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit 385 Stimmen für Merz und 380 Stimmen für Laschet. Röttgen bringt es auf 224 Stimmen.

Im Endergebnis kurze Zeit später dann bekommt Laschet 521 Stimmen. Es war ein spannendes Rennen, und die Taktik hinter den Kulissen wirkte: Merz durfte es nicht werden. Angela Merkel beherrscht weiter die Partei.

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