Tichys Einblick
Signale für Berlin

CDU mit Merkel-Malus in Niedersachsen

Noch eine Wahl verliert die CDU - ein Warnsignal an die FDP: Der Siegestaumel im Bund erhält einen Dämpfer. Jamaika wäre eine Koalition der Verlierer.

© David Hecker/Getty Images

Die große Hoffnung der SPD erfüllt sich: Sie kann noch Wahlen gewinnen. Mit einem Plus von derzeit 5 Prozentpunkten sogar kräftig. Und sie ist damit unbestrittene Siegerin und anders als 2013 stärkste Partei. Und die CDU, siegesbewusst in die vorgezogenen Wahlen eingetreten, fährt die nächste Schlappe ein. Mit Merkel ist jedenfalls nichts mehr zu gewinnen. Sie kann keine Wechselstimmung von der SPD weg erzeugen. Und die Wähler wechseln schnell: SPD rauf im Frühjahr, niedrig im Sommer, im Herbst wieder ein Sieg – und spiegelbildlich bei der CDU. Politik ist fluid geworden.

Bundeskanzler in Niedersachsen?

Schulz könnte jetzt Bundeskanzler von Niedersachsen werden. Offensichtlich hat sich die Entscheidung, in Berlin in die Opposition zu gehen, für die SPD regional schon ausgezahlt: Sie wird mit Merkels offenkundiger Schwäche nicht mehr identifiziert. Und die deutschen Wähler folgen dem Prinzip von „Checks and Balance“ – der Niedergang der SPD auf Bundesebene wird auf Landesebene aufgefangen.

Und so ist es in Hannover die CDU, die in die Opposition geht – eine Große Koalition unter Führung der SPD wird nach den bisherigen Auseinandersetzungen schwer. Die demonstrative Nähe des niedersächsischen CDU-Spitzenkandidaten Althusmann zu Merkel, die fünf mal in seinem Wahlkampf aufgetreten ist, wurde zur Belastung. Althusmann will nicht „in Sack und Asche“ gehen. Er geht nur im abgeschabten Merkel-Kostüm und hat Ursula von der Leyen als starke Frau in der CDU zu ertragen.

Bitter ist das Ergebnis für die FDP. Mit Stefan Birkner hat sie einen soliden Kandidaten aufgeboten, der auf Landesebene präsent wie fachkundig auftrat. Aber der unklare Kurs, das Schmusen mit Jamaika hat der FDP schon geschadet. Klar ist: Von ihr erwartet man eine neue Linie, nicht Anpassung an Merkel. War Christian Lindners Sieg eine Sommerschwalbe, gekillt von Kubicki? Ihr historisches Wahlergebnis von 2013 ist schon mal futsch; eine 7 vor dem Komma, wenn überhaupt, ist wenig. Es ist ein lauter, ein sehr lauter Warnruf an die FDP. Sie muss jetzt ihren Wählern beweisen, dass sie politikfähig ist und nicht nur um Ämter buhlt. Dass ihr Bundes-Vize Wolfgang Kubicki offensichtlich Jamaika um jeden Preis will hat noch im Lauf des Wahltags irritiert.  Birkner hat zunächst die Ampel Rot-Gelb-Grün ausgeschlossen. Aber wen interessiert nach der Wahl schon das Geschwätz von vorher. Auch wenn in der Wahlnacht die „Schwampel“ ausgeschlossen wird von der FDP – es kann sein, dass man sich nur bitten lassen will.

Anzeige

Jetzt steht die FDP erneut vor einer Frage, die sie zerlegen kann: Nur mit einer Ampel kann das Land halbwegs solide regiert werden.

Und die Grünen? Der geringe Zuwachs bei der Bundestagswahl hat die Grünen zu einem strotzenden Selbstbewusstsein verführt. In Niedersachsen jetzt herbe Verluste von über 5 Prozent – offensichtlich verrinnen langsam die Stimmen aus der grünen Sanduhr. Das ist mager, sehr mager. Denn es sind mehr als ein Drittel der Stimmen. Das ist eine grüne Hölle.

Für die vor Ort extrem zerstrittene AfD ist es trotz alledem ein Sieg: Sie hat einen weiteren, den 14. Landtag geentert. Ihre Siegesserie ist kein Selbstläufer, aber auch nicht beendet. Die Fundamentalopposition steht nicht mehr links, sondern rechts. Die LINKE ist wohl wieder gescheitert.

Signal für Berlin

Aus Niedersachsen geht damit ein klares Signal für Berlin aus: Jamaika ist Gift für die FDP; Jamaika mit den Grünen letztlich eine Koalition mit zwei Verlierern: den Grünen und der CDU/CSU. Toll klingt das nicht. Der Merkel-Malus lastet auf der CDU. Für Ihre Politik gibt es kaum noch Unterstützung. Die Frage wird immer drängender: Kann Merkel noch Kanzlerin bleiben? Ihre Politik wurde abgestraft. Sie glaubt, sie habe keine Fehler gemacht. Die Wähler sind da anderer Meinung. Sie erwarten eine andere Flüchtlingspolitik. In den zwei Wochen seit der Bundestagswahl ist klar geworden: Die CDU will einfach weitermerkeln, vielleicht sogar noch mit dem Nachzug von vielen Angehörigen die massive Zuwanderung noch beschleunigen. Das kann nicht gutgehen. Nach der Hängepartie in Berlin folgt jetzt eine in Hannover. Stabil ist etwas anderes.