Tichys Einblick
Niels Korte

CDU-Bundestagskandidat an Maskengeschäft beteiligt

Ein Berliner Immobilienunternehmen verkaufte 20 Millionen Masken an Jens Spahns Ministerium. Mit dabei: ein bestens vernetzter CDU-Politiker.

Bild: via Facebook

Eine freudige Nachricht übermittelte die Beschaffungsstelle des Bundes am 9. April 2020 an die Areal Invest XXXI. Grundstücksgesellschaft in Berlin: „Hiermit wird Ihnen der Zuschlag im Open-House-Verfahren zur ‚Lieferung von Schutzausrüstung’ erteilt“. Bei der Areal Invest handelt es sich im ein Immobilienunternehmen, das bis dahin nicht als Händler für medizinische Schutzausrüstung aufgefallen war. Im Frühjahr 2020 konnte die Firma groß in das Maskengeschäft einsteigen: sie erhielten den Auftrag für die Lieferung von gut 20 Millionen Masken an die öffentliche Hand. Open-House-Verfahren bedeutete: eine Ausschreibung fand nicht statt; Spahn hatte jedem Anbieter zugesagt, ihm Masken für den Stückpreis von gut 5 Euro abzunehmen. Voraussetzung war nur, dass jemand mindestens 25 000 Stück liefern konnte. In etlichen der lukrativen Masken-Deals spielen Unions-Politiker oder Verwandte eine Rolle. Auch in dem Geschäft der Areal Invest mit den 20 Millionen Masken. Das Bestätigungsschreiben über den Zuschlag ging damals an einen bestens vernetzten Berliner CDU-Politiker und Geschäftsmann: Niels Korte.

Der Jurist saß von 2011 bis 2016 im Berliner Abgeordnetenhaus, 2017 versuchte er, für den Wahlkreis Köpenick-Treptow in den Bundestag zu gelangen, scheiterte aber. In der Bundestagswahl 2021 tritt er wieder an. „Nun wird klar auf Sieg gesetzt“, kommentierte Korte seine Nominierung: „Nicht die große Weltpolitik oder Talkshows sollen meine Schwerpunkte sein, sondern die Arbeit mit den Menschen und ihren Anliegen.“

Korte ist Gründer und Geschäftsführer des Unternehmens Omniamea Holding UG. Ihr gehören 40 Prozent der Areal Invest XXXI. Grundstücksgesellschaft, die anderen 60 Prozent liegen bei der G & B Fundus II. Vermögensverwaltungsgesellschaft des Berliner Immobilienunternehmers Lothar Pfeiffer. Mit ihrem Liefervolumen gehörte die Areal Invest damals zu den großen Lieferanten des Bundes.

Pfeiffer tritt öffentlich nur sehr selten in Erscheinung. Korte dagegen gehört zu den umtriebigen CDU-Politikern in Berlin, geschäftlich wie politisch. Wie Jens Spahn stammt er aus Nordrhein-Westfalen. Auf die Frage von TE nach möglichen Kontakten zu der Areal-Unternehmensgruppe und ihren Gesellschaftern antwortete Spahn bisher nicht. TE schickte auch Pfeiffer und Korte eine Reihe von Fragen. Pfeiffer reagierte bislang nicht. An Kortes Stelle antwortete eine Vertreterin der Kanzlei Prinz, und kündigte Antworten bis zum kommenden Montagabend an.
Bundesgesundheitsminister Spahn möchte derzeit auch andere Fragen nicht beantworten. Beispielsweise die nach den Teilnehmern seines Spenden-Dinners mit Geschäftsleuten, das er am 20. Oktober 2020 in Leipzig veranstaltete. Der Erlös des Abends ging an Spahns CDU-Kreisverband in Borken.

Bisher ermittelt die Justiz in der Masken-Affäre gegen die CSU-Politiker Georg Nüßlein, der sein Bundestagsmandat schon zurückgegeben hat, und gegen den früheren bayerischen Justizminister Alfred Sauter, außerdem gegen den Thüringer CDU-Bundestagsabgeordneten Mark Hauptmann, der sein Mandat ebenfalls unter Druck aufgab. Hauptmann soll für die Vermittlung eines lukrativen Maskengeschäfts eine Provision von einer Million Euro erhalten haben.

Gegenüber dem SPIEGEL sagte Spahn auf die Frage, warum bei den Masken-Geschäften im vergangenen Jahr etliche Freunde und Bekannte von ihm zum Zug gekommen waren:
„Ich musste in dieser Zeit feststellen, dass es wesentlich besser funktioniert, wenn das Angebot von jemandem kommt, den man kennt und einschätzen kann.“
Er habe damals „angefangen, selbst zum Telefonhörer zu greifen“, so Spahn im SPIEGEL-Gespräch, und beispielsweise einen befreundeten ehemaligen Vorstand des Onlineapothekers DocMorris kontaktiert. Ein Großauftrag zur Maskenbeschaffung ging – ohne Ausschreibung – an das Logistikunternehmen Fiege, das in Spahns Heimatregion seinen Sitz, und dessen Inhaber als gut mit der CDU vernetzt gelten.

Im Fall des Unternehmens EMIX aus der Schweiz, das eine große Menge Masken und andere Schutzausrüstung an das Bundesgesundheitsministerium verkaufte, rief Andrea Tandler direkt bei Spahn an, um den Kontakt zu bahnen. Tandler ist Tochter des früheren bayerischen Wirtschafts- und Finanzministers Gerold Tandler.

Dem SPIEGEL versicherte Spahn aber auch: „Meinen Leuten habe ich immer gesagt: Hier wird jeder gleich behandelt, auch wenn der Papst anruft.“
Diese Behauptung des Ministers steht auf sehr wackeligen Beinen. In seinem Open-House-Verfahren schlossen die Beamten des Ministeriums so viele Verträge, dass sie das Budget schnell überschritten. Eingeplant für die Beschaffung waren nur 1,2 Milliarden Euro. Das Bestellvolumen überstieg aber schnell den Betrag von 6 Milliarden. Etliche Lieferanten bekamen ihr Geld, mit anderen vereinbarte Spahns Ministerium Vergleiche. Andere warten bis heute auf ihr Bezahlung. Nach Informationen von TE klagen derzeit mehr als 80 Unternehmen.

Laut Dokumenten über Mailwechsel, die TE vorliegen, kümmerten sich Minister Spahn und dessen Zentralabteilungsleiter Ingo Behnel in manchen Fällen persönlich bei Streitigkeiten wegen der Bezahlung um eine Lösung.

Andere Lieferanten werden bis heute auf den Klageweg verwiesen. Etwa die Handelsgesellschaft des Offenburger Kaufmanns Joachim Lutz, die für 1,6 Millionen Euro Masken an das Bundesgesundheitsministerium lieferte, bis heute aber keinen Cent sah. Er sei zu einem Vergleich bereit, teilte Lutz’ Anwalt bei einem ersten Gerichtstermin mit. Der vom Spahn-Ministerium beauftragte Anwalt von Ernst & Young habe das allerdings rundweg abgelehnt. Er beantragte stattdessen eine Verschiebung des nächsten Verhandlungstermins – auf Ende April.

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