Tichys Einblick
Verhaftungen wegen Cannabis

Winfried Kretschmann ist ein härterer Cannabis-Bekämpfer als Markus Söder

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und die Ampel wollen die Regeln für den Cannabis-Besitz lockern. Wobei die Länder unterschiedlich stark gegen Kiffer ermitteln – ausgerechnet im grün regierten Baden-Württemberg sitzen die Hardliner.

Winfried Kretschmann, Grüne, Ministerpräsident von Baden-Württemberg

IMAGO / Arnulf Hettrich

Angriffe gegen die körperliche Unversehrtheit nehmen zu. Außerdem muss die Polizei nahezu täglich die Nanny für die Wohlstands-Kinder der letzten Generation spielen. Da liegt der Gedanke nahe, sie an anderer Stelle zu entlasten. Etwa im Bereich des Cannabis-Konsums. Hier geht die Polizei meist proaktiv vor. Gibt es einen Einbruch, melden den die Opfer in der Regel und die Beamten müssen ermitteln – bei Cannabis-Besitz gehen die Kräfte der Strafverfolgung indes häufig auf eigene Initiative vor.

Entsprechend überraschen Zahlen, die das Bundesministerium des Inneren zu „konsumnahen Cannabisdelikten“ veröffentlicht hat. Das sind Straftaten, die nur mit dem privaten Besitz der Droge zu tun haben – nicht aber mit dem Handel oder dem gewerbsmäßen Anbau. Einfacher ausgedrückt geht es um den kleinen Kiffer, der sich in seinem Partykeller einen reinzieht und nicht um den Drogenring dahinter.

Baden-Württemberg
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In diesem Bereich erfasst die Polizei in Nordrhein-Westfalen die meisten Fälle. Das ist angesichts der Größe des Landes wenig verwunderlich. Auf Platz zwei müsste dann aber Bayern folgen vor Baden-Württemberg. Doch im Kampf gegen den kleinen Kiffer führen die Schwaben mit 26.439 Fällen vor den Bayern mit 25.286 Fällen. Und das, obwohl in dem kleineren Land Winfried Kretschmanns Grüne regieren, die für die Entkriminalisierung von Cannabis agitieren – und im Nachbarland die CSU von Markus Söder, die sich dagegenstemmt. Mit 13,2 Millionen Einwohnern zu 11,1 Millionen Einwohnern ist der Größenunterschied zwischen beiden Ländern durchaus relevant. Winfried Kretschmann ist also härter als Markus Söder.

Die Zahlen hat das Ministerium als Antwort auf eine Anfrage der linken Bundestagsabgeordneten Ates Gürpinar, Susanne Ferschl und Gökay Akbulut veröffentlicht. Sie kritisieren: „Die Kriminalisierung hat Folgen auf die soziale Lage, das familiäre Umfeld und die schulische oder berufliche Karriere der Konsumierenden.“ Außerdem erschwere sie denen den Zugang zu Hilfsangeboten.

Die Ampel hat einen großen Sprung in der Cannabis-Legalisierung versprochen. Doch glaubt man den Ankündigungen von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), ist dabei nur ein kleiner PR-Hüpfer herausgekommen. Die Grenze soll ein wenig angehoben werden, ab der der Hasch-Besitz nicht mehr als privat sondern als gewerblich gilt. Das Gleiche gilt für den Anbau der Hanf-Pflanze. Außerdem sollen Vereine gegründet werden, in denen Kiffen gesetzlich erlaubt sein soll.

Wobei die Pläne Lauterbachs vor bürokratischer Regelungswut und daraus folgend vor bürokratischem Aufwand strotzen. So ist eine Regel angedacht, nach der Konsum von 25 Gramm am Tag erlaubt sein soll, aber nicht der Konsum von mehr als 50 Gramm im Monat. Die Kiffer haben also wenig davon, sie bleiben potentiell kriminalisiert. Auch die Polizei profitiert nicht davon – außer dass sie sich jetzt einen Joint drehen darf, während sie die Klimakleber hütet – nur zu groß darf er nicht sein.

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