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Karlsruhe

Bundesverfassungsgericht: Steuerzinsen ab 2014 verfassungswidrig

Mit sechs Prozent wurden Steuernachforderungen der Finanzämter zuletzt verzinst. Das sei viel zu viel angesichts der Nullzinspolitik der EZB, sagt nun das Bundesverfassungsgericht.

imago Images/Steinach

Die hohen Zinsen auf Steuernachzahlungen und -erstattungen von sechs Prozent im Jahr sind wegen der anhaltenden Niedrigzinsphase seit 2014 verfassungswidrig. Eine entsprechende Entscheidung gab das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Mittwoch bekannt.

Die Richter des ersten Senats verpflichten die Finanzämter zu einer rückwirkenden Korrektur, die alle noch nicht bestandskräftigen Steuerbescheide für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2019 betrifft. Der Gesetzgeber hat für die Neuregelung bis zum 31. Juli 2022 Zeit. (Az. 1 BvR 2237/14 u.a.)

Die Zinsen werden fällig, wenn sich eine Steuernachzahlung oder -erstattung um mehr als 15 Monate verzögert. Von der Neuregelung können also im Einzelfall der Fiskus oder der Steuerzahler profitieren. Das betrifft Einkommen-, Körperschaft-, Vermögen-, Umsatz- und Gewerbesteuer.

Die Höhe der Zinsen, die potenzielle Gewinne in der Zeit der Säumnis ausgleichen sollen, liegt seit Jahrzehnten unverändert bei sechs Prozent, obwohl seit der Finanzkrise 2008 die EZB eine bis heute anhaltende Niedrig- beziehungsweise sogar Null- oder Negativzinsphase einleitete.

Für die Jahre von 2014 bis 2018 beließ das Gericht die beanstandete Vorschrift in Kraft. Hier sei der Gesetzgeber nicht verpflichtet, rückwirkend eine verfassungsgemäße Regelung zu schaffen. Vor 2013 sei der starre Zinssatz „noch in einem rechten Verhältnis“ gewesen. Spätestens seit 2014 sei er aber „evident realitätsfern“.

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