Tichys Einblick
"Doppelwumms" beschlossen

Bund und Länder einigen sich auf Gas- und Strompreisbremse

Der Bund und die Länder haben sich in Sachen Flüchtlinge und Energiepreise geeinigt. Geholfen hat dabei Geld. Das fließt reichlich: 200 Milliarden Euro, um Energiekosten zu senken, und knapp 5 Milliarden Euro für Flüchtlinge.

Bundeskanzler Olaf Scholz mit Markus Söder und Winfried Kretschmann bei der Ministerpräsidentenkonferenz 2.11.2022

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Bei wichtigen politischen Entscheidungen kommt es den Verantwortlichen auf den „Spin“ an. Den Dreh, auf den der Inhalt kommt: wie ihn die Medien berichten und wie er beim Bürger landet. Je komplizierter ein Inhalt ist, desto wichtiger ist der Dreh, auf den er zusammengefasst wird. Angesichts der unvorstellbaren Summen zum Beispiel, mit denen die Bundesregierung im Krisenwinter 2022 und 2023 hantieren will.

Nachdem sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit den Ministerpräsidenten besprochen hatte, war ihm der Spin wichtig. Es sei schnell gegangen und man sei sich einig: Wir haken uns unter und keiner muss sich sorgen. Doppelwumms. Deswegen war für den Bundeskanzler das Wichtigste an dem Treffen, dass es so schnell und so einig durchgezogen wurde. Die Länder spielen da mit. Auch die von der Union geführten.

Im Gegenzug erhalten die Länder Geld vom Bund. Für die Bürger ist das ein Nullsummenspiel: Sie zahlen einen Euro in den Steuertopf, der wird zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Mit dem Treffen bekommen die Länder jetzt mehr von dem Euro. Für den Bürger ist es das gleiche Geld und es ist weg. Denn der Staat wird es in diesem Winter ausgeben. Wobei das Bild schief ist. Weil das vorhandende Geld bei weitem nicht reichen wird. Deutschland muss sich für diese Politik massiv verschulden. Aber dafür haben sich Bund und Länder schnell geeinigt, untergehakt und wummsdidumms.

Drei Milliarden Euro zahlt der Bund den Ländern für die Flüchtlinge aus der Ukraine. 1,25 Milliarden Euro erhalten sie für Einwanderer aus anderen Ländern. „Das hilft“, sagt der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil. Vor Ort bleiben die Probleme: Hallen müssen gefunden werden, über Zwangsunterbringung in private Immobilien wird diskutiert und das gemeinsame Leben muss geregelt werden. Aber immerhin ist jetzt Geld dafür vorgesehen – und das schnell, einig, untergehakt.

Den Gaspreis deckelt die Regierung künftig auf 12 Cent pro Kilowattstunde und den Strompreis auf 40 Cent pro Kilowattstunde. Das sei teurer als vor dem Ukraine-Krieg, räumt Scholz ein, aber es nimmt den Bürgern die Sorge, die durch Preiserhöhungen entstanden sei. Sorgen will Scholz keine. Die sollen weg. Dafür gibt die Bundesregierung 200 Milliarden Euro aus. Zumindest stellt der Bund das Geld in den Haushalt, damit die Sorgen erstmal verschwinden. Und zwar schnell, einig und untergehakt. Wummsdirumms. Der erste Praxistest wird laufen, wenn der Bund im nächsten Monat für Gaskunden den Abschlag übernehmen will.

Oder wenn das 49-Euro-Ticket kommt. Da zahlt der Bund den Ländern künftig mehr Regionalisierungsmittel. Das ist das Geld, mit dem Bahnstrecken gepflegt und gegebenenfalls ausgebaut werden. Doch wohl eher nur gepflegt. Denn der Bund erhöht diese Mittel um die niedrigste Summe, zu der die Länder bereit waren, sich zu einigen. Schnell untergehakt und so. Der Praxistest könnte zeigen, dass bestehende Strecken stillgelegt werden. Die Länder haben das schon angedroht. Aber für den Fall lautet der Spin, dass ja dafür das 49-Euro-Ticket kommt. Und der Spin ist am Ende das, was in der Politik zählt.

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