Tichys Einblick

Bündnis 90/Die Grünen ekeln sich vor der Heimat

Mit einem Konvent in Berlin am Freitag eröffneten die Grünen die Debatte über das neue Grundsatzprogramm, das im Jahr 2020 verabschiedet werden soll.

© Sean Gallup/Getty Images

Wohin die Reise bei den Grünen gehen soll und wie ihre Vorstellungen sind, zeigen ein paar erste Streiflichter, wie sie in den Reden ihrer Vorsitzenden Annalena Baerbock und Robert Habeck aufblitzten. Hier eine kleine Blütenlese:

Zur Heimat sagte Robert Habeck: „Wir wollen aber auch die Halt-Debatte führen, die Geborgenheitsdebatte, manche sagen, die Heimatdebatte.“ Was, bitteschön, ist eine „Halt-Debatte“? Eine Debatte, die anhält oder die gehalten wird, oder die Debatte darüber, wann man anhält? Offensichtlich stürzt die Partei aus Ekel darüber, den Begriff „Heimat“ zu verwenden, in den selbstverschuldeten Infantilismus ab.

Allen Ernstes sagte die Parteivorsitzende der Grünen: „Wir müssen auch in die Kantine der Stahlarbeiter gehen und mit denen gemeinsam überlegen, wie wir die Hochöfen klimaeffizient kriegen.“ Die Stahlarbeiter warten sicher schon auf Frau Baerbock, um unter ihrer Führung in den Pausen neue Lösungen auszuknobeln, während die Ingenieure dicke Stullen schmieren und die Firmenleitungen unablässig Kräutertee kocht. In ihrer Beschäftigung mit der ihr fremden Arbeitswelt scheint Annalena Baerbock nicht über die Lektüre der Schrift „Die Lage der arbeitenden Klasse in England“ von Friedrich Engels hinausgekommen zu sein.

Doch Anmaßung, Arroganz und Illiberalität der Grünen legte Robert Habeck in einen einzigen Satz: Die Grünen müssten manche Debatten stellvertretend für die Gesellschaft führen – von der Gentechnik bis zur Außenpolitik.

Warum stellvertretend? Die Debatten finden doch alle in der Gesellschaft statt. Leben die Grünen so sehr in ihrer eigenen Filterblase, dass sie das nicht mehr mitbekommen? Stören Meinungen und Analysen, die nicht in die grüne Ideologie passen? Müssen die ausgegrenzt werden? Dürfen bestimmte Debatten nur von befugten Grünen für die Gesellschaft und unter Ausschluss der Gesellschaft geführt werden?

Und: Robert Habeck möchte an Karl Marx anknüpfend wieder über die „Entfremdung von Arbeit“ sprechen. Sachlich wäre einzuwenden, dass Karl Marx nicht von der Entfremdung von Arbeit spricht, sondern von entfremdeter Arbeit – die ganze Denkfigur der Entfremdung ist im Grunde die Anwendung der Hegelschen Dialektik vom Hegelianer Karl Marx auf die politische Ökonomie. Doch spielt das keine Rolle mehr. Bündnis 90/Die Grünen sind keine Partei von gestern, auch nicht von vorgestern, sondern von vorvorgestern – sie sind das, was man im Wortsinn reaktionär nennt.