Tichys Einblick
Inflation

Bier, Schokolade, Nudeln: Lebensmittel werden bald noch teurer

Zuletzt stiegen die Preise von Nahrungsmitteln um 4,9 Prozent. Ein Ende der Inflation im Supermarktregal ist nicht in Sicht. Lebensmittel-Hersteller kündigen bereits weitere Preiserhöhungen an.

IMAGO/photothek

Drei der größten Konsumgüter-Konzerne der Welt drehen gerade an der Preisschraube. So haben Nestlé (Nesquik, Smarties, Wagner-Pizza) und Danone (Actimel, Fruchtzwerge, Volvic) angekündigt, die Preise noch in diesem Jahr zu erhöhen. Die Kosten für Transport und Verpackungsmaterialien seien im ersten Halbjahr um 7 Prozent gestiegen, erklärte Danone. Der britische Milliardenkonzern Unilever (Magnum, Knorr, Axe) hat bereits zum dritten Quartal 4,7 Prozent aufgeschlagen.

Auch Nahrungsmittel von deutschen Herstellern werden bald teurer:

  • Etwa wollen die Radeberger Gruppe, Veltins und Krombacher im Frühjahr 2022 die Bierpreise erhöhen. Laut Getränke News dürfte ein Glas Bier in der Gastronomie um 30 bis 50 Cent teurer werden. Der Kastenpreis im Handel wird um ein Euro steigen.
  • Ritter will die unverbindliche Preisempfehlung für seine Schokoladentafeln um 10 Cent erhöhen, wie die Lebensmittel Zeitung berichtet. Derzeit liegt sie bei 1,19 Euro für die 100-Gramm-Tafel.
  • Missernten beim Hartweizen könnten zu Preissteigerungen bei Nudeln führen, teilt das Statistische Bundesamt mit. Deutschland importiert 83 Prozent seines Bedarfs, aber die Einfuhren sind seit Jahresanfang um 7,3 Prozent geschrumpft. Das Mühlenunternehmen Goodmills kündigte bereits Preiserhöhungen an, weil die Hartweizenpreise dreimal so hoch sind wie üblich.

Der Edeka-Chef Markus Mosa beschwerte sich bereits auf einer Tagung über „unberechtigte” Preisforderungen der Nahrungsmittelindustrie, wie die Lebensmittel Zeitung berichtet. Im Herbst finden traditionell die Preisverhandlungen zwischen Händlern und Herstellern statt. Doch in diesem Jahr sollen die Forderungen der Industrie besonders hoch sein, etwa bei der “Dr. Oetker”-Marke (+8,9 Prozent), Markenwaren des Henkel-Konzerns wie Persil oder Schwarzkopf (+12,5 Prozent), Wagner-Pizza (+13 Prozent) und Maggi (+15,7 Prozent). Erste Hersteller verhängten sogar Lieferstopps, um ihren Forderungen Nachdruck zu verschaffen, berichtete Mosa.

Sendung 21.10.2021
Tichys Ausblick Talk: „Alarm für unser Geld: Was droht jetzt nach dem Weidmann-Aus?“
Oetker-Chef Albert Christensen sagte am Rande der Tagung, dass Rohstoffkosten und Frachtraten „substanziell“ nach oben gegangen seien. „Auch Herr Mosa kann nicht an der Realität vorbei“, erklärte er.

Auch weltweit ziehen die Preise an. Der Lebensmittelpreisindex der UN-Ernährungsbehörde FAO stieg um 1,2 Prozent im September und war fast auf seinem Höchststand aus dem Jahr 2011. Teurer wurden vor allem Getreide und Pflanzenöle. Die Hersteller berichten allerdings nicht bloß von teuren Agrarrohstoffen, sondern auch Materialien. Bei Kartonagen hätten sich die Lieferzeiten verdoppelt, sagte der Marketing-Chef des Nussanbieters Seeberger gegenüber der Lebensmittel Zeitung. Bei Folien brauche eine Lieferung fast sechs statt der üblichen zwei oder drei Monate. Auch Euro-Paletten sind derzeit etwa dreimal so teuer wie zu normalen Zeiten. Hersteller hätten große Schwierigkeiten, überhaupt noch Holzpaletten von guter Qualität zu bekommen, berichtet die Lebensmittel Zeitung.

Gleichwohl sind es nicht bloß die Lockdowns und Missernten, die die Lebensmittelpreise nach oben treiben. Die Zentralbanken haben seit Beginn der Corona-Krise massiv Geld geschaffen. Etwa hat sich die konsolidierte Bilanzsumme der EZB nahezu verdoppelt. Mit dem frischgeschöpften Geld kaufte die EZB auch Staatsanleihen auf. Das hat es vielen Staaten erlaubt, sich noch mehr zu verschulden.

Kritische Ökonomen befürchten deswegen, dass die EZB die Inflation weiter befeuern wird, um die Staatsschulden zu entwerten. Etwa sagte der Degussa-Chefvolkswirt Thorsten Polleit im Interview mit dem Focus, man solle nicht verwundert sein, wenn die Staatsschulden weiter hoch blieben und von den Zentralbanken aufgekauft würden. „Die Entschuldung wird nun durch negative Realzinsen praktiziert. Dazu erzeugen die Zentralbanken eine Inflation, die höher ist als die Inflation, die man den Menschen in Aussicht gestellt hat“, sagte er.

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