Tichys Einblick
Der dünne SPD-Vorsprung wackelt

Berlin – ungezählte Briefwahlstimmen entdeckt

In Berlin Lichtenberg wurden noch nicht ausgezählte Briefwahlstimmen entdeckt. Sie werden nun ausgezählt - der Vorsprung der SPD vor den Grünen wackelt.

Foto: Wiederholungswahl in Berlin am 12.02.2023 (über dts Nachrichtenagentur)

Das Wahlergebnis in Berlin könnte sich möglicherweise noch einmal ändern. Durch einen „internen Fehler“ seien fristgemäß vor der Wahl eingesendete Briefwahlstimmen nicht gezählt worden, berichtet der „Spiegel“ unter Berufung auf Berliner Verwaltungskreise. Das Thema sei sensibel, hieß es am Dienstag.

Der Vorgang werde nun „intern geklärt“, sagte Landeswahlleiter Stephan Bröchler dem Magazin. Die Stimmen würden nun „ausgezählt und im endgültigen Wahlergebnis – nach Entscheidung des Bezirkswahlausschusses – berücksichtigt“. Die Zählung der ausstehenden Stimmen betrifft offenbar den Bezirk Lichtenberg.
Dort blieben nach Informationen des „Spiegel“ durch ein Logistikproblem rund 450 Briefwahlstimmen liegen. Die Post habe demnach versäumt, sie den Behörden rechtzeitig zuzustellen, hieß es im zuständigen Bezirkswahlamt. Die Stimmen würden im Verlauf dieser Woche ausgezählt.

Wegen des hauchdünnen Vorsprungs der SPD auf die Grünen könnten auch wenige zusätzliche Stimmen Veränderungen des Wahlergebnisses verursachen und sich entsprechend auf die Zusammensetzung des Parlaments auswirken. Sozialdemokraten und Grüne lagen bei der Wahl am Sonntag nahezu gleichauf hinter der CDU, die SPD erhielt laut vorläufigem amtlichen Endergebnis nur 105 Stimmen mehr.

Am Wahltag waren Redakteure von Tichys Einblick im ganzen Berliner Stadtgebiet unterwegs, um die Wahlen zu beobachten. Trotz vereinzelter Berichte über Pannen wurden keine gravierenden und systematischen Fehler beobachtet, wie es 2021 der Fall war. Problematisch sind vor allem die Briefwahlstimmen, die bei dieser Wahl fast die Hälfte der abgegebenen Stimmen ausmachten. Abgegebene Briefwahlstimmen stehen nicht zu jeder Zeit unter Beobachtung, wie es mit den Urnenstimmen der Fall ist. Außerdem muss der Bürger sich auf die rechtzeitige Lieferung der Stimme an das Wahllokal verlassen können. Die Post steht in Berlin für ihre schlechte Zuverlässigkeit schon seit Längerem in der Kritik. Außerdem streikten Postmitarbeiter der Gewerkschaft Verdi in der vergangenen Woche.

Die Briefwahl wurde vom Bundesverfassungsgericht schon 2009 nur unter der Bedingung erlaubt, dass Briefwahl „nicht zur Regel“ werde. Ansonsten sei der Schutz der Stimmen zu verbessern. Doch das haben Bundes- und Länderregierungen bisher unterlassen. Der Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau hat dagegen Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, dieses hat aber noch nicht reagiert.

Roland Tichy, Herausgeber von TE, hat eine Initiative gegründet, um die Wiederholung der Bundestagswahl in allen Berliner Bezirken einzuklagen. Die Klage vor dem Bundesverfassungsgericht wird von Verfassungsrechtler Ulrich Vosgerau im Namen von zwei Tichys-Einblick-Lesern geführt. Die Finanzierung hat „Atlas – Initiative für Recht und Freiheit“ übernommen.

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(dts Nachrichtenagentur)

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