Tichys Einblick
Politische Erziehung bei der Polizei

Berliner Landeskriminalamt bekämpft falsche Emotionen von Polizisten

Das Landeskriminalamt verordnet der Berliner Polizei eine „Handreichung zur Stärkung der Handlungssicherheit im Umgang mit politisch-motiviertem Fehlverhalten“. Aus den Texten spricht Misstrauen und Überheblichkeit gegen die Beamten.

IMAGO / U. J. Alexander

In der Berliner Polizei sollen Vorgesetzte früher „rechtsradikale“ und „diskriminierende“ Einstellungen der Mitarbeiter erkennen. Das Landeskriminalamt (LKA) hat dazu eine 24-seitige Anleitung mit dem Titel erarbeitet: „Handreichung zur Stärkung der Handlungssicherheit im Umgang mit politisch-motiviertem Fehlverhalten“. Darüber berichteten die Berliner Zeitung und Bild.

Wörtlich heißt es zum Beispiel in der Handreichung: „Dort wo das Bewusstsein für die Tatsache schwindet, dass polizeiliche Einsatzerfahrung vielfach eine Negativauslese gesellschaftlicher Realitäten ist, Verallgemeinerungen zum vereinfachten Erklärungsmuster dienstlichen Erlebens werden, die Interpretations- sowie Urteilsfähigkeit getrübt wird und sich Frust, Stress und Überlastung in verrohter Sprache und unangebrachten Witzen Bahn brechen, gilt es frühzeitig einzugreifen, um sich dieser Entwicklung bewusst zu werden und aktiv gegenzusteuern.“

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Glaubt der Verfasser dieses langen Schachtelsatzes auch, Feuerwehrleuten erklären zu müssen, dass nicht jeden Tag eine Stadt abbrennt? Jedenfalls meint er offenbar, Polizeibeamte darauf aufmerksam machen zu müssen, dass nicht alle Menschen Straftäter oder Verkehrsunfallverursacher sind, die nicht jeden Freitag betrunken im Straßengraben die Nacht verbringen und anschließend ihre Frauen zu Hause verprügeln.

Die Frage, die sich für mich daraus ergibt, lautet: Was haben die Führungskräfte in diesem LKA für ein getrübtes Bild über die eigenen Kollegen, die den größten Teil ihres Lebens außerhalb des Dienstes als kulturell und sportlich engagierte und Familienmenschen mit den eigenen Kindern verbringen?

Marcel Luthe, Vorsitzender der Good Governance Gewerkschaft, hat dazu eine klare Meinung: „Wer eine ‚derbe Sprache‘ oder ‚Galgenhumor‘ als ‚politischen Extremismus‘ gleichsetzt, ist eine völlige Fehlbesetzung und offenbar mit dem Grundgesetz nicht vertraut. Die Grenze des Grundrechts und der Meinungsfreiheit setzt das Strafrecht, kein wokes Gefühl.“

Es geht vor allem um das Ansehen

In der Handreichung des LKA wird deren Notwendigkeit damit begründet, es habe „aufsehenerregende Medienberichte über rechtsextreme, menschenverachtende und diskriminierende Vorfälle in der Polizei“ gegeben. Angeführt wird dabei der „Fall“, als zwei Polizeibeamte einen Haftbefehl wegen mehrerer Erschleichungen von Leistungen und eine Gefährderansprache in der Wohnung eines syrischen Ehepaares umsetzen wollten. Der circa halbstündige Einsatz wurde heimlich gefilmt, ein Teil der Aufnahme gelangte an die Öffentlichkeit. Einer der Polizeibeamten sah sich daraufhin einer Welle medialer und politischer Vorverurteilungen ausgesetzt. Die eigenen Kollegen der Berliner Twitterpolizei verkündeten dienstrechtliche Maßnahmen. Tichys Einblick hatte darüber berichtet.

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Natürlich sollen und dürfen sich Polizeibeamte nicht rassistisch äußern. Jeder kann jedoch unschuldig in einen diesbezüglichen Verdacht hineingeraten. Jede einzelne Silbe und Geste danach abzuwägen, dass sich niemand verletzt fühlen könnte, ist im polizeilichen Einsatz nicht einfach, zumal wenn Verständigungsschwierigkeiten durch fremde Sprache und Kultur dazukommen und erhebliche Gefahrenmomente eine Rolle spielen.

Die sich daraus ergebende Frage ist jedoch: Warum beachten identitätsfixierte Politiker und Medien nicht die rechtsstaatlich gebotene Unschuldsvermutung und faire Berichterstattung? Warum stellen sich die Behördenleitungen im Sinne des Beamtengesetzes („Obhuts- und Fürsorgepflicht“) nicht solange vor die Beamten, bis deren Schuld bewiesen ist? Das wäre doch auch eine Möglichkeit. In einer sich immer mehr zergliedernden Gesellschaft werden sich immer mehr Menschen diskriminiert und angegriffen fühlen, wenn sie ihre individuell-ausgeprägten Vorstellungen nicht durchsetzen können.

Ein unmenschlicher Schachtelsatz 

In der LKA-Ausarbeitung ist laut Berliner Zeitung festgehalten, dass Führungskräfte auf „Galgenhumor, Zynismus und derbe Sprache achten“ sollen, da Polizisten vielen Anfeindungen, Beschimpfungen und Stress ausgesetzt seien. Auftretende Emotionen zu verbieten, dürfte mit Sicherheit dazu führen, dass der ohnehin sehr hohe Krankenstand noch weiter ansteigt.

Wenige Tage zuvor erschien übrigens in derselben Zeitung ein Bericht darüber, dass Wissenschaftler der TU Berlin bei der Hauptstadt-Polizei kein sogenanntes „Racial Profiling“ beobachten konnten. Berliner Polizisten seien also „weniger rassistisch als Politiker von Linkspartei, Grünen und Migrantenverbände unterstellen“. Die Schwerpunkte dieser Berliner Polizeistudie waren:

  1. „die Wahrnehmung der Polizei durch potentiell von Diskriminierungen und Rassismen Betroffene, erhoben durch Befragungen von Vertreter*innen entsprechender Beratungsstellen;
  2. der polizeiliche Arbeitsalltag mit dessen Routinen, Strukturen und Prozessabläufen, erhoben durch teilnehmende Beobachtung bzw. Begleitung“.

Es ging im ersten Punkt also nicht um eine objektiv festgestellte Diskriminierung, sondern um subjektive Wahrnehmung von potentiell Betroffenen, Gefühle also. Wenn jemand aus einem Satz also eine Diskriminierung heraushört oder das will, gibt es in der „Diskriminierungserfassung“ erst einmal einen weiteren Strich in der Liste, egal wie die spätere Untersuchung ausfällt. So werden aus Gefühlen Statistik-„Fakten“ gemacht.

Generell gehe ich davon aus, dass es eine breite gesellschaftliche Übereinstimmung darin gibt, dass Extremisten und Personen, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen, in unserer Polizei nichts zu suchen haben. Deshalb erscheint es mir wichtig, diesen Extremismusbegriff auf jegliche politische Couleur, also auch auf die von Links, die des Islamismus und Mitglieder diverser Gruppen, beispielsweise der sogenannten „Grauen Wölfe“ auszuweiten. Außerdem bliebe zu beobachten, ob sich in Teilen der Klimabewegung radikale Kräfte etablieren, für die Anschläge zum „normalen Geschäft“ gehören. Auch diese Personen hätten in der Polizei nichts zu suchen, auch nicht als „Seminarkräfte“ von beauftragten Vereinen, die für die Polizei „Schulungen“ durchführen.  

Ähnliche Papierlagen konnte ich in den zurückliegenden 20 Jahren mehrfach lesen, in denen bessere Arbeitsbedingungen, neue Stellen für die eigene Klientel, vermehrte Lehr- und Fortbildungsveranstaltungen gefordert werden. Das ginge nur mit einem erheblichen polizeilichen Stellenaufwuchs und einem Vielfachen an Ärzten, Psychologen, ex- und internen Aus- und Fortbildern. Polizisten sind jedoch keine Sozialingenieure und auch kein Krisenkorrektiv der Politik. Irgendjemand muss auch noch für die klassische polizeiliche Arbeit auf der Straße übrig bleiben, zum Beispiel für den Straßenverkehr oder die Bekämpfung und Verfolgung von Straftaten.

Damit sich tatsächlich etwas ändert, müsste eine Studie über die Maßstäbe in der herrschenden Politik mit dem Ziel erstellt werden, warum die Kranken- und Suizidrate bei der Polizei größer als beim durchschnittlichen Anteil der Bevölkerung ist. Die macht aber keiner. Deshalb will ich es mit dieser „Studie“, die nur Symptome bewertet, aber die Ursachen außen vor lässt, bewenden lassen.