Tichys Einblick
Nach der Chaoswahl ist vor der Chaoswahl

In Berlin beginnen die Pannen schon vor der Wahl

Ein falscher Wahltermin, ein ungültiger Kandidat und Behörden, die internationalen Druck brauchen, um zu handeln. Der Landeswahlleiter begrüßt indes die Beobachtung durch die OSZE.

IMAGO / Jürgen Held

Der Wahltag ist noch einen Monat entfernt, doch in Berlin klopft jetzt bereits das Chaos an die Tür. Begonnen hatte es bereits bei der Versendung der Wahlbenachrichtigung. In der englischsprachigen Version datierte man den Wahltag auf den falschen Termin. Statt dem 12. Februar war dort der 12. September notiert. Ein peinlicher Fehler, der vielleicht für weniger Trubel sorgte, fände die Wahl nicht in dieser Stadt unter diesen Umständen statt.

Schwerwiegender dagegen ist die nächste Panne. Auf den Stimmzetteln in Neukölln war ein FDP-Politiker gedruckt, der gar nicht zur Wahl steht, weil dieser umgezogen ist. Der Versand der Wahlscheine musste gestoppt werden. 1.700 Neuköllner, die bereits per Briefwahl ihr Votum abgeschickt hatten, müssen nun neuerlich angeschrieben werden und neu wählen.

Landeswahlleiter Stephan Bröchler versuchte den Vorfall zwar herunterzuspielen. „Es gibt keine hundertprozentig reibungslosen Wahlen – weder im Bund noch in den Bundesländern“, sagte er. Offenbar ist sich Bröchler seiner Sache sicher. Am Freitagmorgen begrüßte er die Entsendung von OSZE-Beobachtern zur Abgeordnetenhauswahl in Berlin.

Die Wahlbeobachtung ordnete er als „große Chance“ ein. Man könne damit allen zeigen, „dass Berlin Wahlen kann“. Es setze zudem die Behörden unter Handlungsdruck. Er sehe den Vorstoß daher positiv. Bröchler will damit Vertrauen in die Demokratie zurückgewinnen. Auch das klingt eigenartig: Berlin braucht internationalen Druck, sonst läuft es mit der Wahl vor Ort vielleicht nicht so gut. Aus welchen anderen Bundesländern oder EU-Staaten hört man solche Sehnsuchtswünsche?

Bereits von Montag bis Mittwoch waren OSZE-Vertreter in Berlin, um zu prüfen, ob eine Wahlbeobachtung nötig ist. Bröchler hatte zur Beobachtung eingeladen, um „Vertrauen zurückzugewinnen“, ein Bericht soll nächste Woche vorliegen. Der Vorgang ist einmalig, weil OSZE-Beobachter bisher zwar auch zu den Bundestagswahlen gekommen waren, aber nicht auf Landesebene.

Noch eine Besonderheit: Eine Bedarfsanalyse soll eigentlich mehrere Monate vor der Wahl stattfinden. Im Falle Berlins werden es höchstens vier Wochen sein. Statt Einzelgespräche mit Parteienvertretern gab es stattdessen nur eine große Runde der im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien unter Leitung Bröchlers. Laut Welt wollten die Vertreter vor allem wissen, was die Gründe für die Wahlwiederholung waren.

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