Tichys Einblick
Kostenexplosion bei Prestigebau

Berlin hat einen neuen Pannenflughafen – und er gehört dem Bundestag

Die Kosten für das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus explodieren: Rund 400 Millionen Euro sind für den Prestigebau des Bundestags fällig. Die berüchtigte Pannenserie weckt Zweifel, ob das Gebäude nach dreizehn Jahren Bauzeit zum Jahresende eröffnet werden kann. Schuld ist auch der Klimaschutz.

IMAGO / Joko

Der Erweiterungsbau für das Marie-Elisabeth-Lüders-Haus (MELH) soll 395 Millionen Euro kosten. Das berichtet der Spiegel und beruft sich auf Informationen aus Parlamentskreisen. Das zum Bundestagskomplex gehörende Gebäude würde sich damit um neuerlich 30 Millionen Euro verteuern. Beim Baubeginn war man noch von 190 Millionen Euro ausgegangen.

Bereits im Februar 2023 hatte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) einräumen müssen, dass sich der Bundestagsbau verteuere – damals auf 366 Millionen Euro. Als Grund nannte Kubicki die neuen Immissionsschutz-Regeln. Die hätten dazu geführt, dass man die Energie- und Heiztechnik hätte neu planen und austauschen müssen.

Grund für den Ausbau der Bundestagsgebäude ist der enorm gestiegene Platzbedarf. Der Bund muss derzeit zusätzliche Liegenschaften anmieten, um die Verwaltung unterzubringen. Der Bau des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses war eigentlich 2003 abgeschlossen worden, wird jedoch seit 2010 unter dem Namen Marie-Elisabeth-Lüders-Haus II (MELH II) erweitert. Der fertige Bau soll 44.000 Quadratmeter Nutzfläche bieten, darunter sind 330 neue Abgeordnetenbüros.

Eigentlich sollte der Erweiterungsbau nach vier Jahren fertig sein – schließlich dauerte der Bau des Hauptgebäudes nur fünf Jahre. Nach mittlerweile 13 Jahren kann das Projekt auf eine ganze Geschichte von Fehlern, Mängeln und Umplanungen zurückschauen. 2012 wurden Baufehler entdeckt, die Vollendung auf 2015 verschoben. Eine weitere Verschiebung erfolgte dann wegen Mängeln an der Bodenplatte, das Eröffnungsdatum verschob sich auf das Jahr 2017.

Während der Corona-Krise verzögerte sich der Bau weiterhin, die Kosten stiegen dagegen in die Höhe. Wegen der vielen Baumängel vermuteten Presseberichte gar den Abriss des gesamten Erweiterungsbaus. Im Februar 2020 hieß es, dass wenigstens ein Teil des Hauses abgetragen werden müsse, weil das bereits eingebaute Blockheizkraftwerk nicht mehr den Umweltauflagen entspreche. Zu dem Zeitpunkt beliefen sich die Gesamtkosten bereits auf 247 Millionen Euro. Es scheint, als sei der von der Bundesregierung verordnete Klimaschutz nunmehr einer der größten Feinde des MELH II. Die Eröffnung soll nunmehr im vierten Quartal 2024 stattfinden.

Nicht nur das Bundestagsgebäude verteuert sich. Mit der ehemaligen US-Botschaft in der DDR wird ein weiteres Gebäude deutlich teurer, das gerade für den Bundestag hergerichtet wird. Die Kosten für die aufwendige Sanierung des Gebäudes an der Neustädtischen Kirchstraße in Berlin sollen sich nach Angaben aus der Baukommission des Parlaments auf etwa 98 Millionen Euro belaufen – 40 Millionen Euro mehr als bislang veranschlagt.

Mit dem MELH hat Berlin damit einen ganz neuen Hauptstadtflughafen – der dem Bundestag gehört. Aber keine Sorge: Mit dem Bundeskanzleramt wird es sicher auch noch die eine oder andere Überraschung geben. Und wem das noch nicht genug ist, der mag ahnen, was passiert, sollten die Berliner auch die letzten Ministerien aus Bonn abziehen, um neue Prachtbauten für die Exekutive zu errichten.

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