Tichys Einblick
Haseloff kritisiert Umgang mit Bauern

Bauernproteste dominieren Kiel, München und Nürnberg

Auch am Freitag gehen die Bauernproteste in Deutschland weiter. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, warnte davor, dass die Stabilität der Demokratie auf dem Spiel stehe – nicht wegen der Bauernproteste, sondern wegen des Umgangs der Politik mit ihnen.

IMAGO / Panama Pictures
Auch heute gingen in Deutschland die Proteste von Bauern, Spediteuren und Handwerkern gegen die Ampelkoalition weiter. Im Norden legten mehr als 3.000 Traktorfahrer nach einer Sternfahrt den Verkehr in Kiel lahm. Der Chef des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes, Klaus-Peter Lucht, sagte auf der Kundgebung, er erwarte von der Politik eine agrarpolitische Wende, die der Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft zugute kommen soll. Er dankte zugleich den Bürgern, dass sie die Proteste ertragen und teilweise sogar mitgemacht hätten.

In Niedersachsen will der Kreisverband Lüneburger Heide des Landvolks am Samstag um 14:30 Uhr in Walsrode eine Abschlusskundgebung abhalten. In Weener im Landkreis Leer wurde laut NDR eine Versammlung von 12 bis 20 Uhr angemeldet.

In Bayern fanden in München und in Nürnberg große Protestaktionen und Kundgebungen statt. In München protestierte auf der Theresienwiese das Transport- und Logistikgewerbe. Dort fuhren die Fuhrunternehmer mit ihren riesigen Lastzügen vor und demonstrierten zusätzlich neben den gigantischen Traktoren, mit welch großer, eindrucksvoller Technik das Land effizient am Laufen gehalten wird.

Die Ampelkoalition belastet die Speditionen durch deutlich höhere Mautgebühren und höhere Luftsteuern erheblich. Auch der Chef der Freien Wähler und Vizeministerpräsident Bayerns, Hubert Aiwanger, war auf der Theresienwiese. Eine ausführliche Reportage darüber lesen Sie morgen bei TE.

In Nürnberg wetterte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei einer Bauerndemonstration gegen die Ampelkoalition und machte vor allem das sogenannte Heizungsgesetz als wesentliche Ursache für die schlechte Lage aus. Vor 5.000 Landwirten auf dem Volksplatz sagte er, würde die Ampel alleine dieses Heizungsgesetz wegnehmen, dann hätte Deutschland keine finanziellen Probleme.

Am Montag soll in Berlin eine große Abschlusskundgebung zur Aktionswoche stattfinden. Die Fraktionschefs von SPD, Grüne und FDP haben Vertreter der Landwirtschaftsverbände zu einem Gespräch eingeladen.

Erstaunlich: Die Ministerpräsidenten der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt fordern sogar Kanzler Scholz auf, sich mit den Bauernprotesten zu beschäftigen. Scholz hatte sich bisher ablehnend verhalten.

Bei einer Pressekonferenz vor der Grünen Woche sagte Reiner Haseloff sogar, dass er nicht weniger als die Stabilität der Demokratie auf dem Spiel stehen sieht. Diese weltgrößte Verbraucherschau für Landwirtschaft, Ernährung und Gartenbau beginnt ab 19. Januar in Berlin. Auf der Grünen Woche solle ein deutliches Zeichen gegeben werden, so Haseloff weiter, dass Politik und Gesellschaft hinter der Landwirtschaft stehen würden. Es sei an der Zeit, sich mit den Beteiligten an einen Tisch zu setzen, um den Streit beizulegen, so Haseloff. Er könne den Frust der Landwirte nachvollziehen, ihnen sei in den vergangenen Jahren auf zu vielen Gebieten der Schwarze Peter zugeschoben worden.

Währenddessen stehen viele Felder im Nordwesten noch unter Wasser, teilweise sogar unter einer Eisfläche. Die Landwirte konnten seit dem extrem nassen Herbst mit ihren Maschinen viele Rüben- und Kartoffelfelder nicht abernten. Zuckerrüben und Kartoffeln stecken häufig noch im Boden. Ebenso ergeht es den Bauern in den benachbarten Niederlanden, wo ebenfalls weite Gebiete überflutet wurden.

Dort schätzt man sogar, dass noch fünf Prozent der Kartoffeln und 20 Prozent der Zuckerrüben nicht geerntet wurden. Viele Bauern dürften aufgrund der schlechten Ernten in Schwierigkeiten geraten.
Dies zeigt: Es ist schwer, der Natur gute Ernten abzutrotzen. Das Wetter ist der bestimmende Faktor, danach kommen Schädlinge und Krankheiten, die Pflanzen bedrohen und schon häufiger bewiesen haben, dass sie ganze Ernten zunichte machen können.

Damit kommen Landwirte einigermaßen zurecht, nicht aber mehr mit den zerstörerischen Konsequenzen einer grünen Landwirtschaftspolitik, die seit langem unter dem Namen »Green Deal« landwirtschaftliche Produktion blockieren will. Allein im Supermarkt sieht man nichts davon – bisher noch nicht.

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