Tichys Einblick
Corona-Grundsicherung

Auch Vermögende bekommen ungeprüft Hartz IV

Die Agentur für Arbeit bestätigt offiziell, was schon seit Tagen praktiziert wird: Wer jetzt Grundsicherung beantragt, bekommt sie ohne Prüfung des Vermögens bewilligt, inklusive Wohnkosten.

© Miguel Villagran/Getty Images

Für Leistungsbezieher der Jobcenter (von diesen „Kunden“ genannt) fallen so gut wie alle Hürden. In einer Pressemitteilung gab die Agentur für Arbeit jetzt offiziell eine neue Bewilligungspraxis bekannt, die in vielen Jobcentern de facto schon seit Anfang des Monats praktiziert wird.

Corona-Grundsicherung
„Wer zwischen dem 1. März und dem 30. Juni 2020 einen Antrag auf Leistungen der Grundsicherung stellt und erklärt, über kein erhebliches Vermögen zu verfügen, darf Erspartes in den ersten sechs Monaten behalten. Erst danach greifen wieder die bislang geltenden Regelungen für den Einsatz von Vermögen“, heißt es in der Pressemitteilung. Letztlich bedeutet das: Jeder der jetzt einen Antrag stellt, bekommt ihn pauschal für sechs Monate bewilligt. Die einzige Klausel die man eingebaut hat, ist die, dass die Entscheidung nicht abschließend ist. Aber: Auf Antrag des Antragstellers muss eine abschließende Entscheidung gefällt werden.

Und weiter: „Wenn ein Anspruch auf Grundsicherung vorliegt, übernimmt das Jobcenter auch die Kosten der Unterkunft inklusive Heizung und Nebenkosten. Diese Kosten werden bei Neuanträgen, die vom 1. März bis zum 30. Juni 2020 beginnen, für die Dauer von sechs Monaten in der tatsächlichen Höhe anerkannt.“

Für diejenigen Kunden, die bisher schon Leistungen beziehen und keine Lust haben, sich persönlich in ihr zuständiges Jobcenter zu begeben oder Formulare auszufüllen ist außerdem sehr praktisch: „Für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 31. März 2020 bis einschließlich 30. August 2020 enden, werden die Leistungen automatisch weiter bewilligt. Kunden brauchen in diesen Fällen keinen Weiterbewilligungsantrag stellen.“

Wie man die Kunden ab dem 1. Juli wieder dazu bringen will, ihre finanziellen Verhältnisse offen zu legen und möglicherweise Sanktionen hinzunehmen, ist in der Pressemitteilung nicht erwähnt. Auch nicht, warum man gleichzeitig mit diesem faktischen Freibrief zur Erschleichung öffentlicher Leistungen denjenigen, die ihr  Unternehmen retten wollen, nur rückzahlbare Kredite unter schwierigen Auflagen erteilt, für die sie mit eigenem Kapital haften. Unternehmen, die einen Kredit im Rahmen des Rettungspakets der Bundesregierung („Sonderprogramm“ der KfW) beantragen haben ein aufwändiges Verfahren mit ihrer Hausbank vor sich, und Unternehmer müssen dafür mit ihrem Eigenkapital als Sicherheit haften.

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