Tichys Einblick
Leider ist nichts wahr

Bei Annalena Baerbock: Abschiebungen nur vorgeschoben

Was bitte soll das sein, wenn die Chefin der Grünen sich für konsequentere Abschiebungen ausspricht, sie sich aber gleichzeitig weigert, die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern zu erklären? Hauptsache, die Medien verbreiten die bloße Willensbekundung?

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Hinter der Online-Bezahlschranke der Süddeutschen Zeitung versteckt sich ein bemerkenswertes Interview mit der 38-jährigen Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Bemerkenswert insofern, weil es die ganze Bigotterie, die grüne Hatz nach Prozentpunkten auf dem Weg zu einer ominösen zukünftigen grünen Volkspartei neben Angela Merkel bzw. Annegret Kramp-Karrenbauer in einer Deutlichkeit abbilden wie selten zuvor.

Die Bundesvorsitzende führt im Gespräch auf beeindruckende Weise vor, wie ein grün lackierter Populismus aussehen kann, wenn sie zitierbar – und von Welt bis Spiegel übernehmen es alle – den Eindruck erweckt, kriminelle Einwanderer abschieben zu wollen, aber etwas ganz anderes meint. Erstaunlich hier allenfalls die offensive Vorgehensweise: Der vermeintliche Schwenk hin zu den besorgten Bürgern, hin zu Kollegen wie dem überaus populären Boris Palmer, um dann quasi im Kleingedruckten bzw. im anhaltenden Flüstermodus ganz andere Prioritäten zu setzen.

Zunächst will Annalena Baerbock, dass wir bei ausreisepflichtigen Mehrfachtätern „konsequent durchgreifen“. Sie fordert explizit die Durchsetzung von Rechtsstaatlichkeit, da kämen wir nicht drum herum. Was also gestern Nazi war, ist heute plötzlich grün? Nein, keine Sorge, alles nur ein baerbockiges potemkinsches Dorf. „Straffällige Asylbewerber, die unsere Rechtsordnung nicht akzeptieren und vollziehbar ausreisepflichtig sind, sollten bei der Abschiebung vorgezogen werden.“, sagt die Grüne populistisch, während es ihr in Wahrheit nur darum geht, vermeintlich oder tatsächlich gut integrierte Ausländer vor Abschiebung zu schützen. Die sind zwar ebenfalls ausreisepflichtig und müssen von Rechts wegen abgeschoben werden, aber Annalena Baerbock bekundet, diese Migranten müssen in Ruhe gelassen werden, der Rechtsstaat soll zunächst bei ausreisepflichtigen Mehrfachtätern konsequenter durchgreift.

Selbstverständlich im Wissen, dass es hier deutlich schwieriger bis sogar oft unmöglich ist. Kurz gesagt: Die eine Gruppe rechtlich Ausreisepflichtiger soll entgegen der Gesetzeslage geschont werden, während bei anderen eine Art grüne Willenbekundung in den hohlen Raum gestellt wird. Propagandistisch zwar ein schlauer Versuch, aber zu erwarten unterm Strich: weniger Abschiebungen.

Annalena Baerbock gibt hier vor, explizit unter dem Eindruck der Gruppenvergewaltigung von Freiburg, vor allem Sexualstraftäter ausweisen zu wollen. Das sei nicht hinzunehmen, sagte Baerbock. „Wir müssen die rechtsstaatlichen Instrumente, die wir haben, besser nutzen.“ Aber wie war das noch auf der Kölner Domplatte, wie war das noch in hunderten von weiteren Fällen, und wie bei den Morden von muslimischen Asylbewerbern an deutschen Frauen? Aber Moment, „deutsche Frauen“, ist das nicht schon lupenreiner Nazi-Sprech?

Jahrelang übten sich auch die Grünen in der Betonung des Einzelfalls, den man nicht einer bestimmten Gruppe zuordnen könne und jetzt das? Nein, natürlich nicht. Denn Baerbock zieht rechtzeitig die Notbremse, wenn sie betont, dass Gewalt gegen Frauen quasi alle Männer unter Generalverdacht stellt bzw. eben nicht: „Kein Pass, keine Religion und keine Kultur machen einen automatisch zum Straftäter.“

Dass die Grüne im selben Interview einfach mal das genaue Gegenteil davon erzählt, scheint sie nicht weiter zu stören. Diese Widersprüchlichkeit in sich ist ja Markenzeichen von Angela Merkel, und die Grüne hat sich das offensichtlich zum Vorbild genommen. Frei nach dem Motto: Hauptsache, die absichtsvoll missverständliche Botschaft wird publiziert, dass Grüne für die Abschiebung von kriminellen Zuwanderer seien. Sind sie aber leider gar nicht. Eine Aussage mit sperrangelweiter Hintertür. Denn wenn es die Grünen wirklich ernst meinten, dann würden sie sofort ihre Blockade aufgeben, wo andere längst die Maghreb-Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklären wollen. Doch weiterhin heißt es auf der Webseite der grünen Bundestagsfraktion vom 07.11.2018, diese Staaten seien nicht sicher.

Schlimmer: Die Grünen sind der Auffassung, dass es nichts bringen würde, wenn man diese Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt, denn diese Staaten könnten sich dann immer noch weigern, ihre Kriminellen zurück zu nehmen. Aber was für eine krude Logik soll das sein, wenn diese Staaten finanziell bereits massiv von der EU und Deutschland unterstützt werden? Dann darf es von unserer Seite trotzdem kein Druckmittel geben, welches eine Gegenleistung einfordert? 

Faktisch ist da nichts weiter als eine lausige Wundertüte, die Baerbock da aufgemacht hat. Sie will keine Abschiebungen, sie will sogar noch die wenigen, die durchgesetzt werden, verhindern.

Nun ist Gewalt gegen Frauen ein wichtiges Thema. Immerhin, hier kommt die Grüne nicht darum herum, Ross und Reiter zu nennen, wenn sie erklärt: Es sei wichtig, über „den Zusammenhang zwischen patriarchalen Sozialisierungsmustern und sexualisierten Übergriffen auf Frauen“ zu sprechen. Einige der geflüchteten jungen Männer, die nach Deutschland gekommen seien, seien „in patriarchalen Strukturen und mit Vorstellungen von Männlichkeit ausgewachsen, die Gewalt legitimieren“.

Aber so richtig dringlich scheint das dann alles doch nicht. Denn was bitte soll das für eine Aussage sein, wenn zum einen jahrelang das politische Gegenüber für solche Sätze diffamiert und diskreditiert wurde und zum anderen diese Aussage aus dem Mund der Grünen nichts weiter ist, als ein Lippenbekenntnis, wenn alles dafür getan wird, Abschiebungen sogar noch konsequenter zu verhindern? Nun haben sich weitere Leitmedien in Blitzgeschwindigkeit mit der Süddeutschen synchronisiert und die Nachricht verbreitet, Annalena Baerbock sei für konsequentere Abschiebungen.

Leider ist nichts davon wahr.