Tichys Einblick
Doppelmoral statt Fluthilfe

„Aktion Deutschland Hilft“ bekräftigt seine Ablehnung einer Heckler & Koch-Spende

Einer der wichtigsten Ausrüster der Bundeswehr wollte für Flutopfer spenden – und wurde von einem Spendenbündnis auch auf Nachfrage abgelehnt. Der Außenminister steht dem Kuratorium vor. Solche Scheinheiligkeit gegenüber allem, was mit Militär und Waffen zu tun hat, ist in Deutschland verbreitet.

Heiko Maas und Geschäftsführerin Manuela Rossbach von "Aktion Deutschland hilft" bei einer Pressekonferenz im März 2021

IMAGO / IPON

Stellen Sie sich vor, Sie verlieren bei einer Flutkatastrophe Hab und Gut, Angehörige verlieren ihre Gesundheit, Viele gar ihr Leben. Eingehende Spenden werden aber von einer öffentlichen Hilfsaktion aus Gründen der politischen Korrektheit zurück gewiesen. Begründung: Der Spender produziert Waffen. Deutschland im Jahre 2021!

Die Belegschaft des schwäbischen Waffenproduzenten Heckler & Koch spendete 7.500 Euro, die von der Firma auf 15.000 Euro aufgedoppelt wurden. Der vorgesehene Empfänger „Aktion Deutschland Hilft“ (ADH) wies nach über einem Monat die Annahme der Spende mit dem Verweis auf ihre ethischen Leitlinien zurück. Diese würden Kriegswaffenhersteller und -händler ausschließen. Offensichtlich Hilfsbedürftigen wird mit diesem ungeheuerlichen Vorgang dringend erforderliche Unterstützung vorenthalten. Demnach vertreten die Verantwortlichen der „Aktion Deutschland Hilft“ offenbar eine Moral, die höher angesiedelt ist als die, Menschen in Not zu helfen. Eine Doppelmoral im wörtlichen Sinne. Ein derartiges Maß an Scheinheiligkeit kann es wohl nur im besten Deutschland aller Zeiten geben. 

Die ADH ist kein kleiner Verein, sondern nach eigener Aussage das „Bündnis renommierter deutscher Hilfsorganisationen“, unter anderem ist auch die Arbeiterwohlfahrt AWO dabei, deren Funktionäre in jüngster Vergangenheit mehrfach durch Selbstbereicherung an öffentlichem oder Spendengeld auffielen, indem sie sich selbst Spitzengehälter gönnten. Na klar, da sind 15.000 Euro Peanuts.

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Als Schirmherr dieser nach merkwürdigen Kriterien arbeitenden Aktion fungiert immerhin Altbundespräsident Horst Köhler. Ein hochrangiges Kuratorium mit zahlreichen Bundestagsabgeordneten, prominenten Arbeitgebervertretern und Gewerkschaftern wird von Bundesminister Heiko Maas geleitet. Die Steuergelder von Heckler & Koch und deren Beschäftigten kommen denen gerade recht, die Waffen, mit denen deutsche Polizisten und Soldaten ausgerüstet sind, offensichtlich nicht.

In einem offenen Brief an Maas und Köhler zeigt sich die Unternehmensführung „bestürzt“ und weist unter anderem darauf hin, dass die Bundeswehrsoldaten und Polizisten, die bei der Katastrophe helfen, mit Waffen von Heckler & Koch ausgerüstet ist. Die Mitarbeiter des Oberndorfer Unternehmens, so berichtet der örtliche Schwarzwälder Bote, fühlen sich durch die Ablehnung der Spende „verunglimpft“, berichtet ein Unternehmenssprecher von der Stimmung vor Ort. „Das sind ganz normale Arbeiter, die die Spendensammlung selbst initiiert haben.“ Dass das Geld nicht erwünscht ist, habe Heckler & Koch durch eine „nichtssagende und befremdliche“ Mail erfahren, die an den normalen Info-Posteingang des Unternehmens adressiert worden sei.

Auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten bekräftigte die ADH ihre Entscheidung. „Die ethischen Leitlinien sprechen hier eine klare Sprache“, zitiert die Zeitung aus der Antwort. Die Annahme von Geldern dürfe „in keinem Widerspruch zu unserem Auftrag stehen, der die Hilfe und den Schutz von Menschen in den Mittelpunkt stellt, die durch Krisen und Katastrophen in Not geraten sind.“ Vor diesem Hintergrund könne man „nicht vorbehaltlos das Geld eines Unternehmens annehmen, dessen Waffen auch in diesen Kriegen zum Einsatz kommen und humanitäre Not verursachen“. Und weiter: „Natürlich erkennen wir an, dass Produkte eines Rüstungsunternehmens auch etwa zur Sicherung der Rechtstaatlichkeit beitragen, allerdings ist das in einer Spende nicht zu differenzieren.“ Ebenso wenig bezweifele man, dass Heckler & Koch im Einklang mit der Bundesregierung handle. „Aus humanitärer Sicht verändert das aber nicht die Rolle, die Waffen in Kriegen und Konflikten spielen.“

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Solches Pharisäertum gegenüber allem, was mit Militär und Waffen zu tun hat, ist in Deutschland verbreitet. Das Vorgehen dieser „Aktion Deutschland Hilft“ erinnert dabei an die Zivilklausel, durch die sich zahlreiche deutsche Universitäten in Forschung und Lehre verpflichten, nur friedlichen Zielen dienen zu wollen. In NRW stand es bis 2019 im noch von Rot-Grün verfassten Hochschulgesetz. Militär, Rüstung und Bundeswehr wurden damit zum Igitt-Faktor erklärt. Damit wollte man nichts zu tun haben, man arbeitet ja schließlich nur für edle Ziele zur friedlichen Vervollkommnung der Menschheit. Den Herrschaften, die derartiges betreiben, ist anscheinend nicht klar, dass sie vom staatlichen Gewaltmonopol im Inneren (Polizei) und auch Äußeren (Bundeswehr) leben. Ohne dem gäbe es keine Freiheit von Forschung und Lehre. Und das Gewaltmonopol funktioniert am Ende nur mit Waffen und Munition.

Die zurückgewiesene Spende der Firma Heckler & Koch kommt nun von der Flut schwer betroffenen Gemeinden wie Dernau und zusätzlich dem Technischen Hilfswerk zugute. Angesichts der Jahrhundertkatastrophe ist dessen Zurückweisung ein Skandal sondergleichen! Jeder Euro hilft dem guten Zweck, den Geschädigten in ihrer Not beizustehen. Aber Geld stinkt aus Sicht gewisser Kreise wohl doch, wenn es aus falschen Quellen stammt!

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