Tichys Einblick
Kassieren kann der Staat

airbnb und die Steuern

airbnb wirbt mit »Weltweiten Gastfreundschaftsstandards«, der neue deutsche Staat mit dem Abzocken des letzten Cents.

JOEL SAGET/AFP/Getty Images

»Finde Unterkünfte bei airbnb«. Damit wirbt der größte Vermittler von privaten Unterkünften um Kundschaft. Jeder, der private Zimmer oder Wohnungen vermieten will, kann sich auf der Internet-Seite von airbnb anmelden; wer eine Übernachtungsmöglichkeit sucht, stöbert durch das Angebot. Für viele eine sehr preisgünstige Möglichkeit, woanders zu übernachten. 6000 Betten werden so jede Nacht »im größten Hotel Deutschlands« belegt – vermittelt durch einen der am schnellsten gewachsenen Internet-Marktplätze.

Die Idee zu dem vor genau zehn Jahren gegründeten airbnb kommt aus den Vereinigten Staaten. Auf dieser Wohnungsplattform bieten mittlerweile sowohl gewerbliche als auch private Vermieter ihre Wohnung oder ihr Haus wie ein Hotelzimmer zur Vermietung an.

Axel Widmaier aber warnt jetzt: »Vorsicht! Mit einem Dankeschön unter Gleichgesinnten ist es hier nicht mehr getan.« Widmaier muß es wissen; er ist Fachanwalt für Steuerrecht in Heidelberg und beschäftigt sich auch mit den finanziellen und steuerlichen airbnb-Folgen. Denn bei 6000 gebuchten und belegten Betten fließt natürlich auch viel Geld. Es ist ein lohnendes Geschäft. Und da der Staat bis zur letzten Rolle Toilettenpapier bei allem immer mehr dabei sein will, hat er auch das Geschäft mit den Übernachtungen ins Visier genommen. Da gibt es viel zu holen. Nur ahnen die meisten »Gastgeber« noch nichts von der drohenden Gefahr.

Die Finanzbehörden wollen alle airbnb-Vermieter auf mögliche Steuerhinterziehung überprüfen. Der Finanzsenat im SPD-regierten Hamburg hat mit raffgierigem Blick die Führung in dieser Frage übernommen und »verschiedene Ermittlungen aufgenommen, um die hinter dem Angebot von Ferienwohnungen auf Online-Plattformen stehenden Steuerpflichtigen zu identifizieren und die ordnungsgemäße Besteuerung sicherzustellen«.

Widmaier: »Die Europazentrale von airbnb befindet sich in Irland. Auch wenn Wohnungsinhaber nur ein Zimmer ab und zu vermietet haben, ohne die Einnahmen zu versteuern, sollten sie nicht glauben, dass sie mit ihren Einnahmen ungeschoren davonkommen.«

»Wir wir jetzt in Erfahrung gebracht haben, hat anscheinend auch das Bundeszentralamt für Steuern eine Gruppenanfrage an Irland gerichtet und die Herausgabe der Daten der auf der airbnb Plattform bezüglich aller registrierten und aktiven Vermieter verlangt.«

Die irische Finanzbehörde ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des »Gesetzes über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EUAHiG)« gehalten, die erbetenen Informationen unverzüglich, spätestens jedoch sechs Monate nach Erhalt des Auskunftsersuchens, zu erteilen.

Das könnte die Sprengkraft jener geklauten Bankdaten-CD’s, die der Staat aus der Schweiz als Hehler vom Dieb gekauft hatte, übertreffen. Die einzelnen Beträge, um die es geht, erreichen zwar nicht die Dimensionen jener in die Schweiz verschobenen Millionen. Hier macht es die schiere Masse.

Steuerrechtsfachanwalt Widmaier, der seinerzeit auf dem Gebiet der Selbstanzeigen viel Erfahrung gesammelt hat, schätzt: »Es ist also mit der Übermittlung der angefragten Daten wohl gegen Ende des Jahres zu rechnen.«

Die Steuererklärungen, welche bei einer Entdeckung bzw. einer Selbstanzeige abzugeben sind, betreffen in der Regel die vergangenen zehn Jahre. Für die vielen Fälle einer »Nichterklärung von Kapitalerträgen« stelle sich die Frage, ob im Moment noch eine sogenannte strafbefreiende Selbstanzeige nach § 371 AO möglich ist.
Entscheidend ist, dass eine wirksame und damit strafbefreiende Selbstanzeige bei den Finanzämtern eingereicht wird. »Rechtzeitig«, meint Widmaier. Wenn erst einmal die Daten bei deutschen Steuerbehörden gelandet sind, ist es für Nacherklärungen meist zu spät.

Auf der Suche nach dem letzten Heller des Bürgers stehen alle Sharing-Plattformen auch in Urlaubsländern wie Spanien oder Italien im Fokus der Behörden.
Widmaier: »Die Vermieter von »Luftmatratze und Frühstück« gehen ein hohes Risiko ein, wenn sie ihre Mieteinnahmen vor dem Finanzamt geheim halten. Für alle diejenigen Vermieter von Wohnungen, welche ihre Einkünfte erklärt haben, besteht kein Anlass zur Sorge; für diejenigen allerdings, welche die Bagatellgrenze der Einkommensteuerrichtlinie überschritten haben, ist es höchste Zeit zu prüfen, ob nicht die Einkünfte noch jetzt schnell nacherklärt werden.«

Es handelt sich um eine ganze Reihe von Steuern, die der habgierige Staat fordert: Nicht nur Einkommenssteuer, sondern es fallen auch Umsatzsteuern an, da es sich um kurzfristige Vermietungen handelt und diese steuerpflichtig sind. Prüfen könnte man dabei laut Widmaier, ob nicht die Kleinunternehmerregelung helfen kann.

Anfallen können weiter Gewerbesteuern, die besonders für diejenigen Vermieter auf der Plattform kritisch werden können, die als sogenannter »Superhost« gelistet sind oder »hohe Bewertungszahlen« aufweisen. Dies kann auf eine starke gewerbliche Betätigung hindeuten. Das auszuwerten ist im IT-Zeitalter ein Leichtes.

Eine beträchtliche Anzahl deutscher Städte erhebt noch lokale Steuern wie Beherbergungssteuer, Tourismustaxe oder Bettensteuer. Mit der Zweitwohnungssteuer kam auch der grüne Anton Hofreiter in Konflikt, als er für seine Zweitwohnung in Berlin keine Steuern bezahlte.

Werden diese Steuern oder Abgaben nicht gemeldet, kann das übrigens wiederum schlecht für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige sein. ( § 371 AO )
Problematisch, meint Widmaier, wird sicherlich die Frage der Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige werden. Es gehe immer um die Frage der Tatentdeckung, wobei natürlich die Registrierung auf dem airbnb-Portal noch nichts darüber aussagt, wie die erzielten Einkünfte steuerlich behandelt wurden.

Er glaubt, dass die Finanzämter schon aus Wirtschaftlichkeitsgründen und um den Arbeitsaufwand gering zu halten, wie bei jenen in die Schweiz verschobenen Schwarzgeldern zunächst eine sogenannte »Goldene-Brücke« anbieten, in dem Betroffene mehr oder weniger deutlich darauf hingewiesen werden, eine strafbefreiende Selbstanzeige abgeben zu können. »Verlassen sollte man sich nicht darauf, und eine Pflicht dazu gibt es nicht.«

Steuerfachmann Widmaier: »In jedem Fall sollte qualifizierter Rat eingeholt werden, denn es ist sicher davon auszugehen, dass sobald die irische Regierung die Auskunft erteilt hat, die Problematik der Wirksamkeit einer selbstbefreienden Strafanzeige immer kritischer zu sehen ist.

Dann müssen nicht nur Steuern nebst Verzinsung zurückgezahlt werden, sondern es sind auch strafrechtliche Konsequenzen zu gegenwärtigen. Spätestens mit Auswertung der Daten und Übersendung derselben an die jeweiligen Finanzämter dürfte es mehr als kritisch werden.«

airbnb wirbt mit »Weltweiten Gastfreundschaftsstandards«, der neue deutsche Staat mit dem Abzocken des letzten Cents.