Tichys Einblick
TE 09-2019

30 Jahre Mauerfall: Ungarns Botschafter beklagt unfaires Bild seines Landes in Deutschland

Ungarn wird von vielen Medien und Politikern fast schon als Despotenstaat dargestellt. Der 30. Jahrestag der Grenzöffnung in Sopron ist Anlass, im Gespräch mit Ungarns Botschafter in Deutschland, Péter Györkös, das deutsch-ungarische Verhältnis nüchtern anzuschauen.

© Olaf Opitz

Der ungarische Botschafter in Deutschland, Péter Györkös, hat 30 Jahre nach dem Mauerfall beklagt, dass die Deutschen ein falsches und unfaires Bild von Ungarn haben. Deutsche Medien würden vor allem eine Skizze von Repression, wirtschaftlichem Niedergang und Abbau der Meinungsfreiheit zeichnen. „Das ist ein unfaires Bild von Ungarn, das nicht der Wirklichkeit und den Fakten entspricht“, kritisiert Györkös im Gespräch mit Olaf Opitz für das Magazin Tichys Einblick. Es habe mittlerweile dazu geführt, dass in Europa „eine historisch einzigartige Beziehung zwischen Deutschland und Ungarn“ womöglich abgebaut wird. Und das im 30. Jahr des Mauerfalls. Györkös erinnert daran, dass es Ungarn war, das noch vor dem Mauerfall 55.000 DDR-Bürgern die Ausreise in den Westen erlaubte.

Die Mauer zwischen den beiden deutschen Staaten mit Ungarns Grenzzaun zu vergleichen, hält der Botschafter für eine Verdrehung historischer Tatsachen. „Jaja, ein Zaun sei böse, antidemokratisch und unmenschlich, das hören wir aus vielen Ecken immer wieder“, so Györkös. Doch dabei würden Geschichte, Tatsachen und Fakten verdreht. „Die Berliner Mauer und der Eiserne Vorhang quer durch Europa waren doch eine Befestigung, um die eigene Bevölkerung einzusperren.“ 2015 hingegen gab es eine „illegale Einwanderungswelle von Hunderttausenden aus dem Orient, unkontrolliert über die grüne Grenze“, erinnert Györkös. Dabei seien wichtige europäische Gesetze verletzt worden: die Schengen- und Dublin-Regeln sowie die Genfer Flüchtlingskonvention.

Dass der ungarische Grenzzaun so kritisch gesehen wird, nicht aber die zuvor errichteten Zäune etwa rund um die spanischen Exklaven Ceuta und Melilla, kann der Botschafter nicht verstehen. „So baute Ungarn lediglich den fünften Zaun in der EU“, bemerkt Györkös. „Die ersten vier Zäune haben zuvor keinen Europäer aufgeregt.“ Dabei nennt Györkös Frankreichs Befestigungen bei Calais, die Grenzzäune von Griechenland und Bulgarien zur Türkei sowie Spaniens Zäune in Marokko.


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