Tichys Einblick
Kritik an deutscher Verteidigungspolitik

Krieg mit Russland jetzt schon “in zwei Jahren”, meint Experte

Noch vor wenigen Tagen prophezeiten gewisse Experten den Beginn des russischen Angriffs auf Westeuropa für 2029, jetzt wird der Termin von einem britischen Sicherheitsexperten auf 2027 vorverlegt.

picture alliance/dpa/TASS | Sergei Karpukhin

Der britische Sicherheitsexperte Ed Arnold sieht ein ernstzunehmendes Risiko für einen möglichen militärischen Konflikt zwischen der NATO und Russland – und das schon in weniger als zwei Jahren.

In einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur warnt der Analyst des britischen Royal United Services Institute (RUSI) eindringlich davor, die Zeit zur Aufrüstung zu verstreichen zu lassen.

„2027 ist keine abstrakte Zukunft“

Arnold hält das Jahr 2027 für einen realistischen Zeitpunkt, an dem es zu einer militärischen Eskalation mit Russland kommen könnte – insbesondere dann, wenn die NATO-Staaten ihre Verteidigungsfähigkeit nicht zügig stärken.

Als potenziellen Brennpunkt benennt der Experte die sogenannte Suwalki-Lücke, den schmalen Grenzkorridor zwischen Polen und Litauen, der das Baltikum mit dem restlichen NATO-Gebiet verbindet. Ein russischer Angriff oder eine gezielte Provokation in diesem Gebiet könnte, so Arnold, zu einem Krieg in Europa „über Nacht“ führen.

Kritik an deutscher Verteidigungspolitik

In scharfen Worten kritisiert Arnold die zögerliche Umsetzung von Verteidigungsinvestitionen in Deutschland. Die derzeitige Strategie, Milliarden über ein Jahrzehnt zu verteilen, sei angesichts der Bedrohungslage nicht zielführend. „Die Zeit drängt“, so Arnold. Deutschland müsse sich jetzt auf die rasche Beschaffung bewährter Systeme konzentrieren.

Arnold spricht sich für den Ausbau von Rüstungsprojekten aus, die sich bereits in der Praxis bewährt haben: Taurus-Marschflugkörper, Leopard 2 A8-Kampfpanzer, Boxer-Schützenpanzer und das IRIS-T-Luftabwehrsystem.

Sogar der bereits ausgemusterte Flakpanzer Gepard erhält von Arnold Lob – beide Waffensysteme hätten sich im Ukraine-Krieg als äußerst wirkungsvoll erwiesen. Deutschland habe die Möglichkeit, nicht nur die eigene Bundeswehr zu stärken, sondern auch Verbündete mit robustem Material zu versorgen.

Weniger Hightech, mehr Masse

Der Experte fordert ein Umdenken in der Beschaffungspolitik: Nicht das technologisch Hochglanzpolierte zähle auf dem Schlachtfeld, sondern funktionierende Systeme in großer Zahl. Es geht also wieder um den Einsatz von Soldaten im Schützengraben und Panzer, statt um ferngesteuerte Drohnen, weitreichende Raketen und über große Distanz feuernde Artillerie. Die Vision vom High-Tech-Krieg am Bildschirm wird ersetzt vom Kampf im dreckigen Schützengraben.

„Die Ukraine zeigt uns, dass man nicht das beste System braucht – nur eines, das besser ist als das des Gegners“, so Arnold.

Gleichzeitig warnt er vor der Abhängigkeit von US-Technologie – insbesondere in Hinblick auf mögliche politische Veränderungen in Washington. Waffensysteme wie die F-35-Tarnkappenjets oder die Patriot-Luftabwehr seien zwar effektiv, könnten aber in Krisenzeiten zum strategischen Risiko werden, wenn politische Rückendeckung ausbleibt.

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