Sparer enteignet – Bundesbank-Chef abgemeiert

Die Deutschen sind mit einem vollen Portemonnaie in einer dunklen Gasse von Brüssel spazieren gegangen. Das hätten sie nicht tun sollen. Das Geld ist daher weg. Aber das Leben geht weiter.

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Als ich an dieser Stelle vor einem Jahr die Folgen der Geldpolitik für den deutschen Sparer unter der Überschrift „Whatever we take oder die Beraubung Germaniens“ angeprangert habe, gab es nicht wenige, die es gar nicht angemessen fanden, in diesen Kategorien über die Umverteilungswirkung einer verfehlten Geldpolitik zu diskutieren.

Und jetzt stelle ich fest: Wenn zwei dasselbe sagen, ist es noch lange nicht das Gleiche. Da nun die Inflation nach langen Mühen – jedenfalls im Index der Konsumentenpreise, wenn auch nicht in der Kerninflation – vorübergehend auf knapp unter 2% angestiegen ist, dürfen sich die deutschen Sparer für 2018 erstmal auf einen schrumpfenden realen Vermögensstock einstellen, da sie ja keine Zinsen mehr erhalten, die Kaufkraft ihrer Nominalvermögen aber um die 2% schrumpft. Sparen wird damit nicht mehr nur nicht belohnt, sondern aktiv bestraft. Dass das schlecht für den Sparer und eigentlich eine Enteignung ist, hat nun – nachdem der Präsident der Bundesbank das Offensichtliche bestätigt hat – sogar die Mainstreampresse bemerkt.

Deutschland vor der Wahl

Was ihnen allen aber noch nicht aufgefallen zu sein scheint, ist die Tatsache, dass Deutschland nunmehr vor der Wahl steht, diese Enteignung seiner Bürger entweder als Dauerzustand bis in alle Ewigkeit hinnehmen zu müssen oder durch einen Ausstieg aus dem Euro einen Verlust in der Höhe des Barwertes dieser jährlichen Tributzahlungen an die Strände des Mittelmeeres, hinzunehmen. Die Vermögensfalle für die Deutschen ist fertig gebaut und es gibt auch keine Möglichkeit mehr, aus ihr auszusteigen. Bleiben oder nicht: Beides kostet die Deutschen die Hälfte ihres Vermögens. Entweder in Form einer jährlichen Ratenzahlung oder in Form einer einmaligen Abschreibung. Beides summiert sich auf ca. 3.000 Milliarden Euro. Das entspricht zum aktuellen Preis einer Menge von 90.000 Tonnen Gold.

Wenn das hartnäckig kolportierte Gerücht der Wahrheit entspräche, dass der damalige französische Präsident Mitterand nach Abschluss der Verhandlungen zum Euro gegenüber einem Vertrauten den Kommentar abgegeben habe „super, das ist Versailles ohne Krieg“, dann hätte er sich gründlich zu seinen Ungunsten verrechnet. Zum Vergleich: Als die Siegermächte dem Deutschen Reich 1919 in Versailles die Reparationsrechnung für den verlorenen 1. Weltkrieg präsentierten, belief sich diese auf 20 Mrd. Goldmark, was damals einer Goldmenge von 7.000 Tonnen entsprach, die wiederum in heutigen Euro einer Geldzahlung von 231 Milliarden Euro gleichkommt.

Würden wir unterstellen, dass die Deutschen in einem nicht manipulierten Zinsumfeld nur 2% Zinsen auf ihr Geldvermögen erwirtschaften, dann entspräche das einem Betrag von 120 Milliarden Euro pro Jahr. Wir können es uns also jetzt aussuchen: Einmal Versailles alle zwei Jahre oder 13-mal Versailles in einem großen Schluck.

Die Hoffnung, dass es jemals unter der EZB zu einer Zinswende kommen könnte, dürfte sich als trügerisch erweisen. Die Kanzlerin, die der Auffassung ist, dass für das Europa der Bürokraten keine Rechnung zu hoch sei, um sie dem deutschen Steuerzahler zu präsentieren, sondiert gerade den Präsidententausch: Die Nachfolge von Schonklod „Ischias“ Juncker geht an eine Person aus ihrer Entourage, dafür darf ihr ungeliebter Quertreiber Dr. W. weiterhin in den Fluren der EZB-Außenstelle Frankfurt-Ginnheim seine unbequemen Wahrheiten in den Keller rufen. Man darf also davon ausgehen, dass auch der künftige EZB-Präsident weiß, was er zu tun hat, um die Umverteilungsmaschine am Laufen zu halten.

Spreadsheet auspacken und rechnen

In diesem Fall sollte jeder deutsche Bürger anfangen, sich das Maß seiner zu erwartenden Altersarmut auszurechnen. Denn es geht ihm nicht nur der Zins von 2% verloren. Bei dieser Zahl sagen sich die Meisten noch: „naja, ist zwar blöd, aber 2% klingt nicht so viel“. Das liegt vor allem daran, dass es in unserem Bildungssystem nach den 4 Grundrechenarten meistens schon aufhört. Exponentialfunktionen sind nicht die Sache des einfältigen Michel. Das wird ihn teuer zu stehen kommen.

Eine sehr einfache Modellrechnung macht das deutlich. Unterstellen wir dem deutschen Durchschnittsarbeitnehmer ein Einkommen von netto 30.000 Euro im Jahr und eine Sparquote von 10%. Beides sind halbwegs realistische Annahmen. Wenn wir von einer Steigerung der Einkommen von 1% im Jahr ausgehen und einer Verzinsung (wie sie früher bei Lebensversicherungen üblich war) von 5% auf das Ersparte, dann verfügt unser Michel beim Eintritt in die Rente im Alter von 65 über ein Geldvermögen von 420.000 Euro. Gar nicht so schlecht.

Reduzieren wir das aber auf einen Zins von Null, dann hat er nur ein Geldvermögen von 151.000 Euro, jeder Cent vom Munde abgespart, keinen Penny Kapitalerträge. Den Unterschied von 270.000 Euro, also fast zwei Drittel seiner privat angesparten Rente hat ihm die EZB weggenommen. Sie hat es dabei nicht in den Wohlstand der Bürger in den Ländern des europäischen Südens investiert, sondern sie hat es schlicht verbrannt, bestenfalls in korrupte Schemata zugunsten von Oligarchen gestopft.

Da wir aber leider davon ausgehen müssen, dass die weitergehende Sklerotisierung der Europäischen Wirtschaft durch Zombieunternehmen den Produktivitätsfortschritt, der heute schon bei null ist, absehbar bei null oder sogar unter null festschreibt, kann der Bürger auch nicht damit rechnen, dass ihm ein Einkommenswachstum von 1% zugutekommt. In dem Fall bleibt von seinem hart ersparten Geld nur 123.000 Euro übrig.

Der Crash als Alternative. Per Aspera ad Astra

Wenn man sich das ansieht, wird ein reinigender Crash fast schon zu einer für den Bürger attraktiven Alternative. Da er aufgrund der Aushöhlung des Bankensystems ohnehin unvermeidlich ist, lohnt es sich, das Modell Crash für den Deutschen Michel durchzukalkulieren und zwar unter der Annahme, dass das Land dann auf den Pfad der Tugenden der Freiheit und Marktwirtschaft zurückkehrt.

Für dieses Modell machen wir klar Schiff. Wir werfen nicht nur den Euro über Bord, sondern seine sykophantischen Eliten einer korrumpierten Parteiendemokratie gleich mit. Dann richten wir das Land konsequent an den Erfolgsrezepten aus, mit denen Ludwig Erhard ab 1948 das Wirtschaftswunder auf den Weg brachte. Was heißt das konkret?

Eine Republik der Freiheit

Wir deregulieren und entbürokratisieren das Land und entlasten so die Wirtschaft von einem sinnlosen Kostenblock, der gut 10% ihrer Erträge ausmacht. Wir überführen die Rentenversicherung in ein Kapitalstock-gedecktes System und richten dafür als Erstausstattung einen Staatsfonds nach dem Vorbild Singapurs sein, dem wir das gesamte Staatsvermögen von ca. 2.500 Mrd. Euro überschreiben. Anschließend wandeln wir dieses Vermögen in Aktiengesellschaften um, die wir je nach der Notwendigkeit öffentlicher Kontrolle ganz oder teilweise privatisieren und investieren die Einnahmen in global diversifizierte Aktienportfolios. Die werden wir nach dem Crash günstig bekommen. Der Generationenvertrag wird neu aufgesetzt: Nur wer die nächste Generation auch aufzieht, kann an einem Generationenvertrag auch teilnehmen. Alles andere ist Betrug. Die Kosten der Kindererziehung müssen daher in vollem Umfang in die Rentenberechnung eingehen. Dann ist der Motor der demographischen Katastrophe bald abgeschaltet, der darin besteht, den Menschen vorzugaukeln, ein Staat könne ohne Kinder und Familie überleben.

Subventionen für unsinnige Projekte wie Energiewende, Gießkannen für Projekte der Geschwätzwissenschaften, heimliche Antifa-Finanzierung und Gendermurks sparen wir ein und stecken das Geld in eine Steuersenkung für Bürger und Wirtschaft. Gleichzeitig vereinfachen wir das Steuersystem, was weitere Steuersenkungen ermöglicht. Gerecht ist nicht Umverteilung, gerecht ist was Wohlstand schafft.
Wenn wir den Deutschen dann beim Sparen auf das Alter auch noch eine Aktienkultur geben, indem wir die Lebensversicherungen von unsinnigen Einschränkungen ihrer Investitionsmöglichkeiten befreien, dann wage ich die Prognose für folgendes Bild: Die Einkommen werden mit der Produktivität steigen. Angesichts der digitalen Revolution können das 4 bis 5% pro Jahr sein. Die Zinsen werden sich an das Wachstum der Produktivität anpassen und ebenfalls 4 bis 5% betragen. Der Bürger sollte die Möglichkeit haben, die Zinsen steuerfrei zu vereinnahmen, damit der Anreiz für Sparen und Vorsorge und privat- wie volkswirtschaftliche Vermögensbildung maximiert wird.

Parteien go home! Altersarmut ade!

Was kommt dann heraus? 824.000 Euro, zuzüglich einer kapitalgedeckten staatlichen Rente, deren Funktionsvoraussetzungen auch wieder stimmen und die daher nicht in jeder Legislaturperiode von unfähigen Verteilungspolitikern „reformiert“ werden muss.

Nach 35 Jahren wird die freie und unbehinderte Marktwirtschaft das Geldvermögen der Deutschen dann auf den Wert von 32.000 Milliarden Euro katapultiert haben, mehr als das Fünffache des heutigen Wertes. Und das trotz einer Abschreibung von 3.000 Milliarden Euro im Crash. Die öffentliche Rentenversicherung der Deutschen wird dann keine versteckte, nie bezahlbare Schuldengröße mehr sein, sondern ein Kapitalstock, der wahrscheinlich den größten Staatsfonds des Planeten befüllen wird. So groß ist die Macht der Märkte und der Exponentialfunktion.

Dafür müssen wir nur nach Berlin gehen und Herrn Fischer von den Grünen zitieren: „Avanti, Dilettanti!“ Wer kommt mit?


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Kommentare ( 59 )

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Andreas Sewald
5 Jahre her

Wie wäre es mit: Alle arbeitenden Bürger, egal welche Position und Gehaltshöhe, zahlen neben der gesetzlichen Rente 10% Ihres Einkommens in eine Zusatzrente. Bei dem ersten Kind erhalten sie 50 % des eingezahlten Geldes zurück und bei dem zweiten Kind die weiteren 50 %. Das nicht abgerufene Geld und die Zinsen/Renditen gehen zu Gunsten derjenigen in den Rententopf, die mindestens zwei Kinder großgezogen haben.

Peter Gramm
5 Jahre her

ob man sich unbedingt auf Herrn Fischer von den Grünen beziehen sollte weiß ich nicht. Besser nicht. Dieser Typ kassiert heute seinen Judaslohn dafür, dass er die grünen Überzeugungen verraten hat. Ansonsten kann ich den Ausführungen zustimmen mit einer kleinen Anmerkung. Den dann ausgelagerten Politikern sollten ihre Pensionsansprüche auf den Wert gekürzt werden die sie mit ihren Fähigkeiten und skills in der freien Wirtschaft erworben hätten. Sozialhilfe stünde ihnen auf jeden Fall zu.

eckart Stein
5 Jahre her

Es gibt gute Gründe, die bei diesem Thema für ein staatliches Rentensystem sprechen- nicht zuletzt Gründe der allgemeinen Akzeptanz. Ich möchte Ihnen daher mit einem Zitat aus einem hervorragenden Artikel von F. Harder vom 15.09.17 in der JF die beste mir bekannte Idee zum Thema Rente vorstellen: „Nun ist das Umlagesystem etabliert, es kann auch nicht abgebrochen werden, weil die laufenden Verpflichtungen gegenüber den vorausgegangenen Beitragszahlern, den heutigen Rentnern, bleiben. Die Umlage ist bestens geeignet, es genügt, den „Spieß“ umzudrehen. Wenn ohne Berücksichtigung der generativen Leistung der Familie in der Rentenberechnung die Umlage selbstmörderisch wirkt, so wirkt sie mit Berechnung… Mehr

paul z
5 Jahre her

Klingt nach einer guten Idee. Ich bin sehr vorsichtig geworden mit guten Ideen. Die EU ist eine gute Idee. Der Euro ist eine gute Idee. Christentum, Kommunismus, Demokratie, freie Marktwirtschaft, eierlegende Wollmilchsau mit Solarantrieb, mein One-Night-Stand mit Ariana Grande, alles gute Ideen, die an der Praxis scheitern. Ihr Vorschlag scheint mir wie die Idee, den Einsturz des Theaters zu verhindern, indem all die Kinder im Publikum gemeinsam Kasperle anschreien. Nö. Der Schauspieler kriegt seine Kohle, der Theaterdirektor kriegt seine Kohle, der Kultusminister kriegt seine Kohle, und wenn das Dach die Kinderchen erschlägt, können sie die Schuld so lange aufeinander schieben,… Mehr

Alexis de Tocqueville
5 Jahre her
Antworten an  paul z

Kommunismus ist eine gute Idee? Au weia.

F.Peter
5 Jahre her

Solange das Kapital und das sie vertretenden Apologeten dieser Gesellschaft die Macht innehaben, wird sich am derzeitigen System nichts ändern. Selbst wenn der Euro crasht, was wohl in absehbarer Zeit der Fall sein dürfte, haben die o.g. ihre Mittel schon so im Ausland deponiert, dass sie – wie nach dem 2. WK – wieder gut gepolstert als Erste da stehen und mit ihrem Vermögen wirtschaften können. Die Mehrheit derjenigen, die jetzt noch für ihr Auskommen arbeiten und auf eine auskömmliche Rente hoffen, werden dagegen diejenigen, sein, die den Crash bezahlen dürfen und somit mit leeren Händen dastehen werden. Und ob… Mehr

GermanMichel
5 Jahre her

Die Deutschen sind die neuen Kelten, im Erbgut der Franzosen und Engländer noch nachzuweisen, aber im fremden Genpool aufgegangen.

Genetisch und kulturell aber faktisch auf der Liste der ausgestorben Arten.

GermanMichel
5 Jahre her

Klingt nach Revolution durch die Hintertür, aber so einfach werden die Mächtigen ihren Platz nicht räumen.

Es ist nicht mal sicher ob aufgebrachte Revolutionäre auf der Straße stets Steine auf Polizisten und Militär werfen dürfen ohne das etwas passiert.

Der Staat kann den Finger am Abzug auch ganz schnell krumm machen, und was machen die unbewaffneten Massen dann gegen modernste Waffen?

Ursula Schneider
5 Jahre her

Klasse Beitrag! Und eine tolle Alternative: Einmal Versailles alle 2 Jahre oder 13 mal Versailles in einem Schluck … und man weiß ja, dass nicht 1871 gemeint ist … Doch Scherz beiseite – was mich echt erschüttert ist die Aussicht, dass Merkel dabei ist, Jens Weidmann fallen zu lassen – ähnlich wie schon den damaligen Bundesbankpräsidenten Axel Weber. Weidmann steht für Stabilität und geldpolitische Normalität. Er wäre der ideale Kandidat für die EZB-Nachfolge, ganz abgesehen davon, dass es höchste Zeit wird, dass endlich mal Deutschland als größter Anteilseigner dieses Amt besetzt. Wenn unsere Regierung das hintertreibt, wäre allein dies einen… Mehr

Peter Gramm
5 Jahre her

die Überbürokratisierung und sinnlose Überwachung wird man so schnell nicht ändern. Da sitzen zu viele Anspruchsteller in den Behörden und Politik. Die werden ihre Pfründe mit Zähnen und Klauen verteidigen. Der Wunsch das Steuerrecht zu verändern ist schon uralt. Nie ist etwas für den Bürger Positives dabei herausgekommen. Einen Herrn Fischer von den Grünen zu zitieren ist schon abenteuerlich. Den größten Dilettanten den die Politik in unserem Lande hervorgebracht hat. Richtig ist, dass die überwiegende Zahl der Menschen mit der Exponentialfunktion wenig bis gar nichts anfangen kann. Ist auch nicht nötig so lange man mit 0% Zins Kaufangeboten die Menschen… Mehr

Regenpfeifer
5 Jahre her

Es muss erst noch schlimmer werden, bevor es besser werden kann! Dass sich dieses durch und durch korrumpierte Land ohne einen Komplettzusammenbruch des Finanzsystems, Wirtschaftssystems, Sozialsystems und Parteiensystems noch erneuern könnte, halte ich zwischenzeitlich für vollkommen unmöglich. Dafür reicht die durchschnittliche Intelligenz des deutschen Bürgers nicht (mehr) aus.