Rotoren sind die Schwachstellen der Windkraftanlagen

Nicht nur im Weserbergland, wo die Gondel einer Windkraftanlage brannte, fürchten Anwohner die Sicherheitsrisiken der Windkraft. Vor allem die Rotoren machen Sorgen: Sie funktionieren oft nicht und stecken voller Schadstoffe.

imago images / teutopress

Vorsichtshalber stillgelegte Windkraftanlagen mit offenbar defekten Rotorblättern und wieder ein heftiger Brand in der Gondel eines Windrades beunruhigen Bewohner des Weserberglandes. »Es war eine gigantische Fackel am Nachthimmel des Weserberglandes.« So beschreibt der Reporter der Holzmindener Nachrichten die Szenerie am Samstagabend im Hehlener Ortsteil Hohe. »Das Feuer des brennenden Windrades in Hehlen-Hohe war auch noch weithin im Landkreis Hameln-Pyrmont zu sehen.« Wieder einmal war ein Windrad in Brand geraten, aus der Gondel des Maschinenhauses schlugen helle Flammen, pechschwarzer Rauch wurde abgetrieben und glühende Teile fielen in die Tiefe auf die Äcker.

Die Warnungen der Polizei waren eindeutig: »Zur Sicherheit haltet bitte weiterhin Fenster und Türen geschlossen!« Für die Feuerwehren war es ein kurzer Einsatz. Der Brand wurde am Samstag gegen 17:00 Uhr gemeldet, mit 58 Kräften rückten die Freiwilligen Feuerwehren schnell an. Doch ausrichten konnten sie nicht viel. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als das Feuer kontrolliert abbrennen zu lassen und die Fläche weiträumig abzusperren. Sie kamen nicht an die Flammen in der Gondel heran, rund 100 Meter Höhe sind zu hoch. Die meisten Feuerwehrleute rückten zwei Stunden später wieder ab.

Solche Brände sind nicht ungefährlich. In den Rotorblättern können Carbonfasern enthalten sein. Sie gelten als gesundheitsgefährdend und krebserregend.

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Die Bürgerinitiative »Keine Windkraft im Emmerthal« verkündet in einer Presseerklärung, es zeige sich einmal mehr, dass »diese Technik keinen Nutzen hat, sondern ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko für Mensch und Natur« darstelle. Wegen der großen Menge an Glas- und Carbonfasern könne es zu »einer nicht kontrollierbaren Ausbreitung an fiesen Fasern kommen«. Stephan Stallmann von der Initiative weist darauf hin, dass die Anwohner aufgefordert worden seien, Fenster und Türen zu schließen. Das lasse »erahnen, in welchem Radius hier Schadstoffe verteilt wurden«. Er fordert vom Landkreis Holzminden, den Brand von unabhängigen Fachleuten untersuchen zu lassen. Bis dahin müssten die restlichen Anlagen dieses Typs stillgelegt werden.

Die Windkraftgegner beunruhigt weiter, dass auch mehrere Rotoren des Windparks im Emmerthal aufgrund von erheblichen technischen Problemen stillgelegt wurden. Aufgefallen ist Anwohnern aufgrund des längeren Stillstandes trotz guter Windlage, das etwas mit den Anlagen nicht stimmen kann. Diese Wind-Industrieanlagen in Grohnde-Kirchohsen seien vom selben Hersteller Vestas wie die gerade in Brand geratene.

Projektleiter Christian Nowack von der Unternehmensgruppe Ebert Erneuerbare Energien bestätigte denn auch, dass bei turnusmäßigen Kontrollen Schäden an den Rotorblättern von zwei Anlagen in Grohnde festgestellt worden seien.

Diese Anlagegiganten mit einer Gesamthöhe von immerhin 217 m vom Typ Vestas V-136 3,45 MW stehen zudem in der Nähe des 380kV-Umspannwerkes, das den Strom vom Kernkraftwerk Grohnde in das Hochspannungsnetz einspeist. Die Bürger von »Keine Windkraft im Emmerthal« möchten sich lieber nicht vorstellen, was geschieht, wenn eines der 68 Meter langen und 10 bis 15 Tonnen schweren Rotorblätter abbricht und in die freistehenden Schaltanlagen und Leitungen des Umspannwerkes geschleudert wird.

»Wenn die Betreiber zwei Windkraftanlagen sofort stilllegen, ist das keine banale Angelegenheit«, betonen sie, und Stephan Stallmann fordert den Landkreis Hameln Pyrmont auf: »Ich bitte Sie um Prüfung, ob hier nicht eine externe Untersuchungskommission seitens des Landkreises einzusetzen ist, die die Vorfälle untersucht. Bis zur lückenlosen Aufdeckung dieser Schäden sind die acht Anlagen stillzulegen.«

Stallmann macht stutzig, dass die Anlagen seit gut einem Jahr im Windindustriegebiet Grohnde-Kirchohsen stehen, doch sich in der Zeit gerade einmal drei Monate gedreht haben und bereits jetzt die ersten Rotorblätter offenbar defekt sind.

Die Bürgerinitiative fragt: »Was also, wenn es sich um einen Fertigungsfehler handeln sollte? Dann dürften weitaus mehr Anlagen betroffen sein.«

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Dass Fertigungsfehler nicht so unwahrscheinlich sind, zeigen Ergebnisse von Fachleuten der Unternehmensgruppe Wölfel, die auch Schäden an Rotorblättern und deren Ursache untersuchen. Der öffentlich bestellte und vereidigte »Sachverständige für Rotorblätter für Windenergieanlagen« durch die Handelskammer Hamburg stellt in internen Vorträgen fest, dass das Rotorblatt zu den am stärksten beanspruchten Strukturen einer Windenergieanlage gehört. Vier von fünf Schäden im Betrieb haben ihre Ursache in Fertigungsfehlern.

Die Hauptmaterialien sind Glasfasern und Kohlefasern, die mit Epoxidharz verbunden werden. Allein verfügen Fasern und Harz nicht über die ausreichende Festigkeit, die mechanischen Eigenschaften entstehen erst durch den Fertigungsprozess, betonen die Fachleute. Doch gerade in der Fertigung können entscheidende Fehler passieren. Wenn die Glasfasern beispielsweise falsch ausgerichtet werden, können die Lasten nicht mehr richtig übertragen werden. Sogenannte Delaminationen, also Ablösungen verschiedener Schichten, und Risse können entstehen. Ebenso können beim schwierigen Transport der langen Rotorblätter Schäden wie Abschürfungen, Kratzer und Deformationen vorkommen.

Eine weitere Fehlerursache kann in der ungenügenden Behandlung der Oberfläche der Blätter liegen. Regen, Schnee und Hagel prallen bei Drehgeschwindigkeiten bis zu 300 km/h auf die Oberfläche; die UV-Strahlung der Sonne zermürbt die Faserstrukturen, wie das auch jeder Besitzer einer Segelyacht weiß. Blitzeinschläge können die Strukturen beschädigen, wenn beim Blitzschutz nicht sehr sorgfältig gearbeitet wurde. Bei einem Blitzeinschlag am Rezeptor in der Blattspitze verdampft Wasser innerhalb von Millisekunden und lässt die Blattspitze förmlich explodieren. Bei starkem Wind besteht die Gefahr, dass heftige Sturmböen Rotorblätter abbrechen lassen und weit in die Landschaft geschleudert werden.

Kein Wunder, dass etwa der TÜV-Verband Windkraftanlagen für »tickende Zeitbomben« hält. Türme knicken um, Sturmböen lassen Rotorblätter abknicken und schleudern sie weit in die Landschaft, Generatoren in den Gondeln beginnen mitsamt Ölvorräten zu brennen. Vor zwei Jahren wollte sich daher der TÜV als Prüforgan für Pflichtkontrollen für Windräder ins Spiel bringen. Der TÜV wies darauf hin, dass es sich bei den Windkraftanlagen um große Industrieanlagen handele, die entsprechend regelmäßig von unabhängigen Prüforganisationen untersucht werden müssten. Bisher müssen lediglich die Aufzüge im Inneren der Türme geprüft werden, nicht aber die wesentlichen Bestandteile eines Windrades. Doch die Bundesregierung sieht keinen Anlass zum Handeln: »In Deutschland besteht ein anerkannter und praxisbewährter Ansatz zur regelmäßigen Überwachung und Prüfung der Sicherheit von Windenergieanlagen.« Die Genehmigungsbehörden hätten unabhängige Sachverständige anerkannt; die von ihnen durchgeführten Prüfungen würden laut Bundesregierung die Grundlage für ein »verlässliches, ausreichend hohes Sicherheitsniveau der Windenergie in Deutschland« bilden.


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