Lufthansa – Nicht ob, sondern wie der Staat sie rettet, ist die Frage

Kaum ein deutsches Großunternehmen wird von Corona so hart getroffen: Die Fluggesellschaft Lufthansa verliert eine Million Euro – pro Stunde. Sie wird nicht pleite gehen, weil der Staat das nicht zulassen kann – aber um die Rettung wird gepokert.

imago Images

Kondensstreifen gibt es kaum noch am Himmel. Auch nicht um Frankfurt und München. Die Lufthansa, nach Ryanair die zweitgrößte Airline Europas, steht beinahe still. Von ihren 763 Passagiermaschinen parken zurzeit 700 auf Flugplätzen in Deutschland und dem Ausland. Von den mehr als 130 000 Beschäftigen befinden sich 87 000 in Kurzarbeit, viele davon in Kurzarbeit Null. Der Stillstand kostet die Airline eine Million Euro – pro Stunde. Zurzeit starten noch täglich 36 Flüge von Frankfurt und sechs von München, auch von Newark, Chicago, Tokio und Sao Paulo. Es handelt sich um so genannte Rückkehrerflüge für Staatsangehörige; die Auslastung ist so gering, dass meist aus Sicherheitsgründen neben jedem Passagier ein Platz frei bleiben kann. Nur ein kleiner Unternehmensteil arbeitet noch wie zu Normalzeiten: Lufthansa Cargo, die Frachtabteilung. Die besteht aber nur aus 17 Maschinen. 

Aus eigener Kraft, das hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr schon zum Beginn der Krise festgestellt, kann das Unternehmen Covid-19 nicht überleben. Die liquiden Mittel betragen zwar derzeit noch 4,4 Milliarden Euro. Da niemand sagen kann, wann der Luftverkehr wieder wie zu vor Corona-Zeiten funktioniert, und wie stark sich die folgende Rezession auswirken wird, reicht das allerdings nicht, trotz der schon eingeleiteten Sparmaßnahmen. Die Lufthansa wird ihre Flotte corona-bedingt verkleinern, die Einstellung der Tochter Germanwings ist beschlossene Sache. 

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Eines ist klar: Lufthansa wird nicht pleite gehen. Dazu besitzt der Konzern als einziges deutsches Luftfahrtunternehmen von Rang eine zu große strategische Bedeutung. Für den ebenfalls stark gebeutelten Konkurrenten Air France/KLM wird es massive staatliche Hilfen der Regierungen in Paris und Den Haag geben. Schon deshalb gilt es als sicher, dass die Steuerzahler auch die Kranich-Airline retten. Von ihrem Tiefststand von 7,02 Euro erholte sich die Aktie immerhin leicht. Derzeit liegt sie über acht Euro, also noch immer weit unter dem Preis von 15 bis 20 Euro vor der Viruskrise. 

Auf welchem Weg die Rettung stattfinden soll, dazu laufen gerade Verhandlungen zwischen Spohr und einem Gremium des Bundeswirtschaftsministeriums. Und sie laufen offenbar zäh. Es sei „ein Poker“, so eine Ministeriumssprecherin. Noch gebe es keine Einigung, sondern nur Gespräche über noch recht unterschiedliche Vorstellungen. Grundsätzlich steht das Wirtschaftsfonds-Stabilisierungsgesetz zur Verfügung, das in der Krise neu geschaffen wurde. Der Fonds reicht für Staatsgarantien in Höhe von 400 Milliarden und Eigenkapitalhilfen von 100 Milliarden  Euro für Unternehmen, die vor der Krise zu den gesunden zählten. Bei der Lufthansa trifft das zu: sie verbuchte für 2019 einen Bilanzgewinn von 298 Millionen Euro. Allerdings machte Spohr deutlich, dass ihm Bürgschaften für Kredite sehr viel lieber wären als eine Staatsbeteiligung – und damit eine Mitsprache der Politik.  

„Wenn die Bundesrepublik zu große Einflussnahme auf operative Geschäftsaufgaben nehmen wollte, fordert das vielleicht die österreichische Regierung ebenso ein, dann möglicherweise auch die Schweiz, Belgien, Bayern oder Hessen“, meinte Spohr im Gespräch mit der „Die Zeit“. „So können Sie einen Konzern nur sehr schwer steuern.“ Spohr soll nach Medienberichten intern erklärt haben, dass er lieber die Insolvenz in Form eines Schutzschirmverfahrens wähle, als sich von der Politik reinreden zu lassen.

Für seine Sorge gibt es gute Gründe. Bundesumweltministerin Svenja Schulze verkündete gerade, sie sehe die Corona-Krise als Auftrag für mehr Umweltschutz – was bei ihr bedeutet: mehr Auflagen und Dirigismus. Die SPD-Politikerin trat schon vor einiger Zeit mit der kruden esoterischen These an die Öffentlichkeit, die Pandemie habe ihre Ursache auch im „Raubbau des Menschen an der Natur“. Am vergangenen Montag meinte sie, gegen den gegen den Klimawandel gebe es eine „Impfung“, nämlich mehr Elektromobilität, mehr erneuerbare Energien. Und natürlich weniger CO2. Die Versuchung für Symbolpolitiker ihres Schlages ist groß, über eine Staatsbeteiligung auch dirigistisch in das Luftfahrunternehmen einzugreifen. 

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Wann das Unternehmen wieder eigenes Geld verdient – die Voraussetzung, um wieder ohne Staat zurechtzukommen – kann derzeit noch niemand prognostizieren. „Luftfahrtunternehmen gehören sicherlich zu denen, die als erste von der Krise getroffen wurden, meint ein Lufthansa-Sprecher: „Und sie werden auch als letzte wieder herauskommen.“ Gut 40 Prozent der innerdeutschen Passagiere waren vor Covid-19 Geschäftsreisende. Nicht alle dürften wiederkommen. In Rezessionszeiten werden etliche Firmen die Praxis von Videokonferenzen erst einmal beibehalten.

Deutlich schlechter geht es der britischen Virgin Atlantic, die zu 51 Prozent dem Milliardär Richard Branson gehört. Die anderen 49 Prozent befinden sich in der Hand von Delta Airlines. Anders als der Lufthansa krankte das Unternehmen schon vor Corona: es wies in den vergangenen zehn Jahren nur drei Mal Gewinne aus. Branson schoss 250 Millionen Pfund aus dem eigenen Vermögen zu, um Virgin über die Runden zu bringen, und kündigte an, seine Privatinsel Necker Island für Kredite zu verpfänden. Er verhandelt über Staatshilfen, gleichzeitig suchen Investmentbanker neue Investoren. Der Virus verhält sich in der Unternehmenswelt kaum anders als in der medizinischen: Wer schon vorher stark angeschlagen war, dessen Chancen stehen nicht gut. 

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Kommentare ( 15 )

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Vulkan
3 Jahre her

Innerhalb von 5 Wochen schafft unsere Regierung es, das ganze Land mit manipulierten Zahlen in Panik zu versetzen, unsere Wirtschaft komplett zu zerstören und in Sozialismus zu überführen. Ausgerechnet die CDU, ehemals Garant für wirtschaftliche Kompetenz, hat Angela Merkels Aufstieg ermöglicht. Jetzt will sie noch 8 Milliarden Euro zur Unterstützung von Bill Gates weltweiten Impfplänen haben. Wenn der Deal besiegelt ist (passiert am 4.5.), erfahren wir am 6.5., wie es mit uns weitergeht.
https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/allianz-gegen-covid-19-1746976
Und diese Frau hat einen Eid geleistet, zum Wohle des Volkes zu handeln. Es sieht mir mehr nach Hochverrat aus.

Gerd Sommer
3 Jahre her

Soll der Staat doch bei der LH einsteigen, in meinen Augen eignet sich am besten Pofallah, ach ja ich halte übrigens Aktien von Raienair :-))))

Schonclode
3 Jahre her

Ich dachte immer die Lufthansa wäre vor Corona finanziell gesund, und dann von ihnen dieses: „Wer schon vorher stark angeschlagen war, dessen Chancen stehen nicht gut“

Johann P.
3 Jahre her
Antworten an  Schonclode

Der Satz bezog sich auf Bransons Virgin Atlantic! Lufthansa war vor dem mutwillig herbeigeführten, verantwortungslosen shutdown kerngesund!

Johann P.
3 Jahre her

Lufthansa-Chef Carsten Spohr ist der richtige Mann bei diesem „Pokern“ um die Rettung seiner (und auch meiner) Airline! Er hat die Lufthansa, seit er den CEO-Posten innehat, zu einem der profitabelsten Luftfahrtkonzerne weltweit gemacht. Das ist auch kein Wunder, ist er doch einer „vom Fach“ (aktive Käpitäns-Lizenz), der seinen Job nicht in einer bestmöglichen Selbstdarstellung, sondern einem verantwortungsvollen Miteinander in einer der großartigsten Dienstleistungsbranchen, die es gibt, sieht. Ich denke, daß er sich nicht so einfach von irgendwelchen windigen Politikern über den Tisch ziehen lassen wird und wünsche ihm viel Glück und Erfolg beim Neustart. Up, up and away, Lufthansa!!

Hans Brasselfingen
3 Jahre her

Also, ich höre von Herrn Krall bis Herrn Weik, daß jetzt alles „quantitative“ ge-„eased“ wird, d.h. gedruckt. Ist doch auch logisch, Geld muß her, mehr als da ist also machen wir neues und kaufen die Pleiteunternehmen einfach damit. Also alles easy going. Dann gehört Lufthansa eben dem Staat, so what. Dem gehört doch bald sowieso alles, weil er alle Unternehmen pleite macht und als einziger Geld drucken kann. Und wir können wieder fliegen. Sogar alle Freiberufler gehören bald dem Staat, weil sie alle bei der KfW überschuldet sind. Ist denen doch egal, wer sie bezahlt. Wäre mir auch egal. Hm,… Mehr

thinkSelf
3 Jahre her

Ich will mal raten. Der Staat benutzt die Krise dazu um den sozialistischen Systemumbau voranzutreiben. Die oberen 10.000 werden ausgebailt. Oder glaubt hier jemand ernsthaft, das die ihr Kapital bei dem Deal verlieren werden.
Das Ergebnis ist dann die Finalisierung des vor 30 Jahren eingeschlagenen Weges. Der übrigens, das müssen mir die konservativen Kritiker lassen, nicht in einer sozialistischen, sondern klassisch feudalen Gesellschaft endet. Gut, für den Normalbürger (90%) gibt es da im realen Leben keinen wirklichen Unterschied.

bfwied
3 Jahre her

Wann werden diese Leute wie Schulze endlich in den Sandkasten zum Spielen geschickt? Virus und „Raubbau“ an der Natur, die geringe Denkfähigkeit ist weit mehr als nur peinlich. Merkel hat eine Menge solcher Leute um sich geschart!
Der Teufel steckt immer im großen Schwadronieren, Gott immer in der Detailarbeit! Zur Detailarbeit gehören viel Denkfähigkeit und Können!

Jack
3 Jahre her

Wenn man aktuellen Meldungen glauben darf, prüft die Lufthansa im Moment wohl eine geordnete Insolvenz. Hintergrund soll sein, damit staatliche Einmischungen in das Unternehmen vermieden werden.
Wenn dieser Weg beschritten wird, mag ich mir nicht vorstellen welches Signal damit an die Gesellschaft, die Bürger gesendet wird. Wenn dann noch einige Konzerne nachlegen, mit der Ausweitung von Kurzarbeit, Entlassungen oder Insolvenzen, dann könnte es eng werden.

StefanB
3 Jahre her

Umweltministerin Svenja Schulze: „…gegen den gegen den Klimawandel gebe es eine „Impfung“, nämlich mehr Elektromobilität, mehr erneuerbare Energien.“ –> Gegen Id***en in öffentlichen Ämtern gibt es auch eine „Impfung“, Frau Schulze. Aber noch ist es nicht soweit, dass sie zum Einsatz kommt.

„Der Virus verhält sich in der Unternehmenswelt kaum anders als in der medizinischen: Wer schon vorher stark angeschlagen war, dessen Chancen stehen nicht gut.“ –> Man nennt das auch „natürliche Auslese“.

Amerikaner
3 Jahre her
Antworten an  StefanB

Die Lufthansa führt Preiskriege gegen Anbieter am Markt, die die politische gewollten Dumpinglöhne in der Branche zu ihrem Vorteil nutzen. Die Lufthansa führt Expansionsfeldzüge, etwa in Österreich, der Schweiz oder Belgien. Das kann man alles machen, aber damit möchte doch kein Steuerzahler was zu tun haben. Wieso soll ich für den Größenwahn einiger Führungskräfte zahlen? Deutschland braucht ein paar Langstrecken für Geschäftsreisende, aber wieso der ganze Rest? Es besteht kein öffentliches Interesse an etwa zwei Dritteln von dem, was die Lufthansa so macht. Ähnliches im Falle Condor. Da besteht NULL öffentliches Interesse.

Johann P.
3 Jahre her
Antworten an  Amerikaner

Im Luftverkehr kennen Sie sich sehr gut aus, nicht wahr?!

HGV
3 Jahre her

Wie Staatdirigismus im öffentlichen Nahverkehr und bei der Bahn funktioniert, sieht man aktuell schon. Die Bundebahn als ehemalige Behörde – leicht träge – wollte man privatisieren und ist mittendrin stecken geblieben in feuchten Träumen der Politiker. Letztlich abgewirtschaftet. Und der ÖPNV – es fehlen Konzepte, es fehlt Geld und Investitionen in Infrastruktur. Da stürzt ein Stadtarchiv ein, da fehlt Infrastruktur in form von Stecken, Bahnen und Bussen. Bis 1963 war die Lufthansa zu 100% in Staatsbesitz und ist heute nur noch über die Star Alliance halbwegs rentabel. In den Staatsbesitz zurückgeführt dürfte sich die Star Alliance erledigt haben und die… Mehr

Boudicca
3 Jahre her
Antworten an  HGV

Genau. Man muss nur schauen wie viel ehemalige Politiker ein warmes, gut bezahltes Pöstchen bei der Bahn gefunden haben. Uuuaach.

Parsifal
3 Jahre her
Antworten an  HGV

Ich sehe es als Aufgabe des Wählers, dafür zu sorgen, daß Leute wie Frau Schulze in diesem Staat irgendeine Verantwortung übernehmen!