Prof. Hans-Werner Sinn zur deutschen Energiewende

Duschen bald nur noch im Sommer? Das größte Problem der erneuerbaren Energien ist ihre unstete Stromproduktion. Doch es geht nicht nur Ausgleich über den Tag - wie gleicht man die unvermeidliche Unterproduktion im Winter aus? Wieviel Speichervolumen braucht man für eine ganzjährige, sichere Stromproduktion?

© Axel Griesch/Finanzen Verlag

Er gilt als einer der schärfsten Kritiker der Energiewende: Professor Hans-Werner Sinn, langjähriger Chef des Münchner ifo Instituts für Wirtschaftsforschung. Sinn greift eine der großen Illusionen der Energiewende an: Die Entwicklung notwendiger Speicheranlagen für Solar- und Windstrom.

Denn derzeit produzieren sie allenfalls „Zappelstrom“, wenn der Wind passend bläst und die Sonne scheint. Bekanntlich ist dies nur kurzzeitig der Fall – in der Mehrzahl der Zeit springen fossile und Kern-Kraftwerke ein, die dann bis zu 100 Prozent der erforderlichen Leistung liefern müssen. So verfügt Deutschland derzeit über ein doppeltes Erzeugungssystem – zunehmend Erneuerbare, aber notwendigerweise auch konventionelle Erzeugungskapazitäten bis zur Vollast.

Ein Ausgleich der gelegentlich stromernden Erneuerbaren wäre nur über riesige Speicher möglich. Aber dabei geht es nicht nur um Stunden oder Minuten, wie die Idee von Smart Grids behauptet: Die Waschmaschine läuft nur dann, wenn die Sonne scheint. Denn der Ausgleich müsste über die Jahreszeiten erfolgen.

Es müsste im Sommerhalbjahr ungeheuer viel Strom gespeichert werden, um in der Zeit der Dunkelflaute zur Verfügung zu stehen. Duschen also nur im Sommer, wenn es Strom gibt? Das ist seine provokative Behauptung, die das Problem illustriert das entsteht, wenn die Stromerzeugung zunehmend saisonal schwankt.

Um welche Mengen geht es dabei? Ist Norwegen die große Batterie, die Deutschland am Laufen hält, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind zu schwach oder gar nicht weht?

Welche anderen Speicher stehen zur Verfügung? Oder träumen wir uns eine Wirklichkeit zurecht, die mit der Realität physikalischer Größen nicht zur Deckung zu bringen ist oder unbezahlbar wird?

Um diese Fragen zu beantworten hat Sinn ein Angebots-Nachfrage-Modell für den Strommarkt entwickelt, das Erzeugung und Verbrauch abbildet sowie die Speicher-Notwendigkeiten analysiert. Es dürfte eine der wichtigsten Fragen für die kommende Wirtschaftspolitik sein. Denn zusätzliche erneuerbare Kapazitäten produzieren möglicherweise nur umbenötigten Strom, während die Stromlücken gleich groß bleiben.

Sollten Sie Schwierigkeiten in der Darstellung des Livestreams haben, können Sie den Vortrag auch direkt auf der Seite von ifo verfolgen >>

 
 
 

Unterstützung
oder

Kommentare ( 74 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

74 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Der Ketzer
6 Jahre her

Wenn nur in großindustriellen Dimensionen gedacht wird, wird man nie zu einer Lösung kommen. Es gibt kleine dezentrale Alternativen, mit denen Konzerne wie RWE, EON und Co. allerdings nicht die dicke Kohle machen können.

Warum reden Lobbyisten wie Sinn nicht Klartext und sagen, dass sie wieder AKW’s bauen möchten? Mit der Lagerung/Entsorgung des hochradioaktiven Mülls können sich ja dann die nachfolgenden Generationen herumschlagen.

Udo Kemmerling
6 Jahre her

Sie kennen eine Windkraftanlage mit Erntefaktor 7? Ich nicht! Eine große Zahl derer hat einen Faktor, der das Wort „Ernte“ nicht verdient hat. Und das bei den bereits bestehendem Anlagen. Die 200.000 oder 300.000 zukünftigen, so denn alle Wahnvorstellungen von „Klimarettern“ und „Verkehrswendern“ realisiert werden sollten, werden kaum so privilegierte Windsituationen vorfinden.
Nebenbei fehlt mir die entschiedene Verwendung des Wortes WIRKUNSGRAD! Speichern und Einspeisen HALBIERT im günstigsten Fall die zur Verfügung stellbare Energiemenge.

Matthias Losert
6 Jahre her

Da fossile Energieträger endlich sind, sollten wir an Lösungen für eine zukunftsfähige
1) Stromerzeugung
2) Stromspeicherung
3) Stromübertragung
4) Chemisch-physikalische „Werte“ im Energiemarkt
arbeiten.

Immerhin erkennt Hr. H. Sinn die Dominanz vom Gebrauchswert bzw. Stoffumschlagswert im Energiemarkt!

Wasdennun
6 Jahre her

Herr Prof. Sinn, Satire folgt: schlecht mal schlecht ist gut. Sie prangern die Target zwei Salden an und jetzt die Energiewende. Wenn wir wegen der Energiewende den Grundlaststrom einführen, müssen wir letztendlich auf weniger Forderungen verzichten. Forderungen, die wir sowieso nie wieder sehen werden. Satire aus: Dieses gefährliche Spiel der totalen Abhängigkeit von anderen Ländern lehne ich genauso ab, wie Sie.

EinSödernUndKaudernHier
6 Jahre her

Das Herr Sinn oft irrt ist bekannt. Deshalb werden seinem (Nach-)Namen auch gern noch zwei Buchstaben vorangestellt.

Der verlinkte Artikel ist in sich schlüssig – er krankt aber en einem Kardinalsfehler: Es werden lediglich die energetischen Aufwände für die Erstellung der ernegierzeugenden ANLAGEN betrachtet. Die energetischen Aufwände für die Gewinnung (Förderung, Aufarbeitung) der nötigen fossilen Rohstoffe sind – nach klassisch ökonomischer Manier – herausexternalisiert. Aber genau diese müssen ebenfalls in eine korrekte energetische Bilanzierung einfließen.

karel
6 Jahre her

Sorry,
alle „Anwürfe“ wie Ethikrat laufen ins Leere.
Die „Aktion“ Ausstieg aus Atom geht auf rot-grün zurück.
Alles, was danach folgte, ist „Reaktion“ auf diese „Aktion“.

Offenbar werden heute nicht mehr die, die „zündelten“, genannt.
Zeitgeist des Heute.

EinSödernUndKaudernHier
6 Jahre her

Da bin ich ganz bei Ihnen !
Die Herde Ingenieure braucht es auch für den Umbau des Versorgungsnetzes auf dezentralen Betrieb. Dann löst sich ein Teil der Problematik mit unsteter Einspeisung in Luft auf und die Effizienz des Netzes steigt.

Helmut Bühler
6 Jahre her

Noch habe ich Hoffnung, dass die unvermeidlichen Spannungen und Belastungen durch die unkontrollierte Zuwanderung das links-grüne Gesellschaftsmodell derart desavouieren, dass auch in Umwelt- und Energiefragen die Ideologie rausgefegt wird und Vernuft einzieht. Wenn die dunklen grünen Jahre enden können wir unsere Energie klimaneutral und höchst sicher aus modernen Thorium-Reaktoren gewinnen.

Jörg Themlitz
6 Jahre her

An dieser Stelle sollten wir von der Natur lernen. Anfang November in die Höhle kriechen und bis Ende März durchschlafen. Problem gelöst. Hätte einen die Nerven beruhigenden Nebeneffekt. Ich würde 5 Monate lang von dem Energiewendeblödsinn nichts mitbekommen.

Heinrich Rabe
6 Jahre her

Wie geht Ihr wissenschaftlicher Anspruch („Exergie“) mit der Verwendung des Wortes „Energievernichtung“ zusammen?

Knipser
6 Jahre her

Zu erwähnen ist noch, dass Deutschland bei Bedarf Stromkapazitäten aus den umliegenden Staaten wie etwa Frankreich zukauft. Was die deutsche „Energiewende“ dann für die „Umwelt“ bewirken soll, wenn in allen anderen Staaten Strom aus Atom und Kohle gewonnen wird, ist sicher auch das Gehemeinis der Sonnenkönnigin.

Gerhart
6 Jahre her

Macht Sinn !