EU-Kommission: Verschärfung der CO2-Grenzwerte trifft Autoindustrie

Die Präsidentin der EU-Kommission will am Mittwoch in einer Rede vorschlagen, dass der Ausstoß der sogenannten Treibhausgase um sagenhafte 55 anstelle von 40 Prozent gesenkt werden soll. Mit klassischen Verbrennungsmotoren sind solche drastischen Reduzierungen der CO2-Werte nicht möglich.

imago images / Xinhua
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen

Es ist wie auf dem Jahrmarkt: Wer bietet mehr? Legion sind die Forderungen nach noch schärferen Vorgaben, damit die EU doch noch das Weltklima retten kann. In dieser Woche will die EU-Kommission eine weitere Verschärfung der Grenzwerte für den CO2-Ausstoß von Neuwagen durchsetzen. Der müsste von 2021 bis 2030 um, nein, nicht wie bisher geplant um 37,5, sondern um 50 Prozent sinken. Diese Zahlen stehen in einer Machbarkeitsstudie der Kommission, die dpa vorliegt, und deren Echtheit in Brüssel bestätigt wurde.

Die Präsidentin der EU-Kommission will am kommenden Mittwoch in einer Rede zur Lage der EU eine Bilanz der bisherigen Leistungen der EU-Kommission ziehen, ihre Vision für einen wirtschaftlichen Aufschwung vorstellen und vorschlagen, dass der Ausstoß der sogenannten Treibhausgase um sagenhafte 55 anstelle von 40 Prozent gesenkt werden soll. Konkrete Beträge für neue Flottenvorgaben für Autos sollen im Juni des kommenden Jahres veröffentlicht werden. Aus Brüssel hieß es, dass neben verminderten Emissionswerten auch neue Treibstoffe oder Antriebsarten einbezogen werden könnten. Neue Grenzwerte müssten von den Mitgliedstaaten und dem EU-Parlament verabschiedet werden.

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Mit klassischen Verbrennungsmotoren wie Benzin oder Diesel sind solche weiteren drastischen Reduzierungen der CO2 Werte nicht mehr möglich. Die stehen in direkter Verbindung zum Verbrauch an Treibstoffen, und ein normales Auto lässt sich nicht mit ein bis zwei Litern Sprit pro 100 Kilometer betreiben. Elektroautos werden übrigens mit 0 – in Worten: Null – CO2-Emissionen angerechnet werden. Mehr Schwindel in dem Klimavorgaben-Datenwerk ist wohl kaum vorstellbar.

Solche Visionen treffen eine Autoindustrie, die zumindest in Deutschland in den letzten Zügen liegt, ins Mark. Massenentlassungen und Schließung von Produktionsstätten sind allenthalben angekündigt. Denn Benziner und Dieselfahrzeuge dürften kaum noch verkauft werden, Elektrofahrzeuge können die nicht ersetzen. Kein Wunder, dass die bei ihren geringen Leistungen und hohen Preisen niemand haben will.

Gerade hat der Präsident des deutschen Maschinenbauverbandes VDMA, Carl Martin Welcker, vor dem jüngsten Videogipfel bei der Kanzlerin in der vergangenen Woche in einem aufschlussreichen Exklusivinterview mit der Augsburger Allgemeinen erklärt, dass Elektrofahrzeuge nicht wettbewerbsfähig seien. In seiner Branche wurden bereits in diesem Jahr rund 32.000 Arbeitsplätze gestrichen. Dabei ist die Branche dafür bekannt, dass sie in Krisenzeiten mit allen Mitteln versucht, ihre qualifizierten Mitarbeiter zu halten. Er bezeichnete als das Hauptproblem der Autoindustrie, von dem die Zulieferer in hohem Maße abhängen, die vielen staatlich gelenkten Eingriffe:

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»Elektrofahrzeuge sind nicht wettbewerbsfähig. Die Reichweiten sind zu gering, die Ladezeiten zu lang, die Lebensdauer der Batterien ist zu kurz, die Klimabilanz ist viel schlechter als angenommen und die Kosten sind zu hoch. Nirgendwo gibt es ein selbsttragendes Geschäftsmodell für Elektromobilität. Trotzdem versuchen unsere Politiker in Deutschland und Teilen Europas seit nunmehr vielen Jahren, die Elektromobilität herbei zu subventionieren.«

Resultat laut Welcker: »Das Ergebnis ist eine Umverteilung vom deutschen Steuerzahler hin zu einigen wenigen Autoaktienbesitzern. Und die gleichen Politiker, die diese Umverteilung betreiben, beklagen anschließend die ungerechte Vermögensverteilung in der Welt. Ludwig Erhard würde im Grab rotieren. Genauso absurd sind die Flottenverbrauchsvorgaben und deren Berechnung oder die nun in Brüssel diskutierte Verschärfung von CO2-Vorgaben für 2030.«

Derweil meldet die Autoindustrie nach jenem Videogipfel bei Bundeskanzlerin Merkel, die Lage bleibe angespannt. Hans Dieter Pötsch, VW-Aufsichtsratschef, betrachtet die Beschlüsse des jüngsten »Autogipfels« allerdings als entscheidenden Beitrag, um die Branche im harten Strukturwandel zu unterstützen. Ihn störe nicht, dass keine weiteren direkten Hilfen wie etwa ergänzende Kaufprämien vereinbart wurden. Das sei kein großer Wermutstropfen, sagte er dpa. »Es ist richtig, dass man sich nun erst einmal den grundlegenden Themen gewidmet hat.« Der generelle Umbruch in der deutschen Autoindustrie hin zu digitaler Vernetzung und alternativen Antrieben erfordere noch viel Anstrengung.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer warnte derweil vor dem offiziellen Vorschlag der EU-Kommission vor überzogenen Klimazielen. Scheuer habe zwar nichts gegen ambitionierte Ziele, aber sie müssten in die Zeit passen und erfüllbar sein: »Es bringt nichts, wenn ein Unternehmen die Werkstore schließen und Tausende von Arbeitsplätzen streichen muss.«

Bundesumweltministerin Schulze (SPD) bejubelt das 55-Prozent-Ziel.  Merkel reihe sich ein in die Reihe der 50-55 Prozent Forderer. Lediglich der Umweltausschuss des EU-Parlamentes will mehr: 60 Prozent Reduktion von CO2 bis zum Jahre 2030.

Nach dem Motto ‚Wir wollen alles‘ springt Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) in den Jahrmarkt der Schlagzeilen. Er wolle den großen Wurf für den Klimaschutz initiieren. Dem Spiegel sagte er: »Ich will einen historischen Kompromiss, eine Charta für die Rettung des Klimas und den Erhalt unserer Wirtschaftskraft.« Deutschland müsse jetzt die Chance nutzen, den »Transformationsprozess hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft bis spätestens 2050 unumkehrbar zu machen«. 

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Kommentare ( 156 )

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Kai Ruhsert
3 Jahre her

„Mit klassischen Verbrennungsmotoren sind solche drastischen Reduzierungen der CO2-Werte nicht möglich.“
Das ist auch mit Elektroautos nicht möglich.
Zumindest nicht bei ehrlicher Berechnung der Klimabilanz entsprechend dem Leitfaden der Europäischen Kommission für Lebenszyklusanalysen, siehe dort: https://derelektroautoschwindel.wordpress.com/camouflage-zur-vorgetauschten-wissenschaftlichkeit-eines-kampagnen-pamphlets/

Ingolf
3 Jahre her

Würde sich eine Partei neu gründen und eine CO2-Reduzierung um 80% bis 2025 und eine Aufnahme von 100 Mio „Menschen“ („Flüchtling“, „Asylant“ gibt es ja faktisch nicht mehr) pro Jahr als wichtigstes Ziel ins Parteiprogramm aufnehmen, dann müsste diese Partei, geht man nach den Wählerpräferenzen (zumindest lassen vorherige Wahlergebnisse diesen Schluss zu), ein Ergebnis deutlich jenseits der absoluten Mehrheit einfahren.

Leif
3 Jahre her

Also kommt langfristig de eTrabbi für alle. Aus Gründen, das sterbende Klima zu retten, zwar ohne Verbrennungsmotor, dafür wird aber der Motor vom Scheibenwischer jetzt als Antrieb verwendet – direkt mit der Lichtmaschine verbunden sogar ohne Batterie, da der selbsterzeugte Strom nach dem Ankurbeln ausreicht…
Für Nostalgiker kommen Duftbäume „Wladi-Wostok“.

Gerhart
3 Jahre her

Ich mache mal ein Gedankenspiel:
Frankreich ist mit 200 % vom BIP verschuldet und der größte und beste Diesel- und Otto Autohersteller – nennen wir ihn Daimlier – mit Zentrale in Paris betreibt weltweit 20 Werke, 10 davon in Frankreich.
Zum Haushalt Frankreichs trägt das Konglomerat zusammen mit Zulieferern 30 Milliarden netto bei.
Wie entscheidet sich Brüssel jetzt ?

Marzo Matto
3 Jahre her

Und wann endlich gehen die Arbeitnehmer, Betriebsräte und Gewerkschaften auf die Straße? Oder warten sie sehnsüchtig darauf, wenn sich endlich die Werkstore schließen? Erliegen Sie der verräterisch-süßlichen Illusion, dass sie dann, ohne morgens zur Arbeit zu gehen, ihre „Stütze“ von der Agentur für Arbeit beziehen? Denken sie nicht an ihre Familien? Muss erst wie 1945 alles in Schutt und Asche liegen, bis unsere Bürger kapieren, dass sie falschen ProphetINNEN hinterhergelaufen sind???

AnSi
3 Jahre her
Antworten an  Marzo Matto

Welche Betriebsräte und Gewerkschaften? Die hängen doch alle am Tropf! Da kommt nix. Die glauben den Zahlen aus den Nachrichten der ÖR, fahren freitags die Kinder zum Hüpfen und gut ist. Die hätten schon solche Vereine wie die DUH verklagen sollen. Aber es passiert – nichts!

U.M.
3 Jahre her

EU-Kommission: Verschärfung der CO2-Grenzwerte trifft Autoindustrie

Wofür habe ich eingentlich hier in Deutschland deutsche Politiker gewählt, die sich dann von einer in Hinterzimmern ausgekungelten Präsidentin mit ihren EU-Lakaien diktatorisch alles vorschreibren lassen.
Unglaublich was hier alles zerschlagen wird. Und dem Michel ist es, wie die NRW-Wahl zeigte, wohl egal.

Harrycaine
3 Jahre her
Antworten an  U.M.

Leider wahr… Unsere Politiker würden sich solche Sachen in einer funktionierenden Demokratie niemals wagen. Dazu gehört aber nicht nur funktionierende Presse sondern auch aufgeklärte kritische Bürger. Und der letzte Punkt ist dass größte Problem

Werner Geiselhart
3 Jahre her

Diese von uns nicht gewählten „Politiker“ in Brüssel zerstören die Gegenwart, um angeblich die Zukunft zu retten.
Da sich das Klima von Brüsseler Beschlüssen in keinster Weise beeinflußen läßt, werden die Billionen, die zu diesem Zwecke hinausgeschmissen werden, für wirklich notwendige Vorhaben wie Infrastrukturmaßnahmen, Bildung und wirklichen Fortschritt fehlen.
Die Brüsseler und auch die Berliner Politikdarsteller versündigen sich also nicht nur an den jetzt Lebenden, sondern auch an denen, die noch geboren werden.
Es läßt einen nicht mehr schlafen, was da getrieben wird und vor allem, dass diese Leute dafür nicht zur Verantwortung gezogen werden können.

Harrycaine
3 Jahre her
Antworten an  Werner Geiselhart

Auf jeden wird es dazu führen dass sich Geld und Macht auf noch weniger Menschen konzentrieren wird.

Gummignoebel
3 Jahre her

Gerade kommt die Meldung: Continental will das Werk in Aachen schließen – 1800 Arbeitsplätze futsch. Paßt…..

November Man
3 Jahre her
Antworten an  Gummignoebel

Auch in Deutschland  
Continental will wohl neun Werke schließen
23.08.2019, 17:26 Uhr | dpa
https://www.t-online.de/finanzen/boerse/news/id_86319444/automobilzulieferer-continental-will-wohl-neun-werke-schliessen.html

AnSi
3 Jahre her
Antworten an  Gummignoebel

Mehr davon!
Es MUSS weh tun!

Lizzard04
3 Jahre her

Ich will gar nicht in einer sogenannten klimaneutralen Gesellschaft leben, in der wieder Zustände herrschen, wie in vorindustriellen Zeiten! Nicht heute und auch nicht 2030. Ich will mein Haus weiter heizen, wann ich es für nötig erachte und mich auch darauf verlassen, dass unser Stromnetz jederzeit, Wetter und Jahreszeiten unabhängig, eine stabile Versorgung garantiert. Außerdem will ich mit einem Diesel 6 Norm Fahrzeug noch ungestört und bezahlbar über vernünftige Straßen rollen. Und um das sicherzustellen müssen die ganzen entrückten Vollpfosten, ob sie nun Schulz, von der Leyen, Baerbock oder sonstwie heißen, endlich komplett aus der Politik verschwinden!

Maria Andersen
3 Jahre her

Ich habe mal eine naive Frage: Für Frau von der Leyen stand doch ein Untersuchungsausschuss an, dann wurde sie schnell auf seltsame oder wundersame Weise nach Brüssel weggehandelt.
Ist sie nun als Kommissionspräsidentin unantastbar geworden?
Wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage?

Harrycaine
3 Jahre her
Antworten an  Maria Andersen

Unsere Regierung hält sich doch schon länger nicht mehr an Gesetze, das wird nur beim Bürge mit voller Härte durchgedrückt

Marzo Matto
3 Jahre her
Antworten an  Maria Andersen

Frau A.D.M. Schwäbeln sagt dazu: „Soweit das möglichs ist, werden wir uns an bestehende Gesetze halten.“ Dazu zitierte Benedikt XVI. Augustinus: „Was ist der Staat ohne das Recht? Eine Räuberbande!“ Noch Fragen???