EZB: Zinssenkung ist gefährlich ansteckend wie Kranke in der Sauna

Die EZB hat die Zinsen erneut gesenkt - und gefährdet damit die Sicherheit unseres Finanzsystems. Die Sparer werden ausgeplündert, um den gierigen Staats zu finanzieren.

Sean Gallup/Getty Images

Die EZB macht mit der umstrittenen Erhöhung der Strafzinsen für Banken ernst und bestraft erneut die Sparer. Die Bank, die man früher Währungshüter nannte, reduzierte am Donnerstag den Zinssatz auf minus 0,5 von bisher minus 0,4 Prozent. Diesen Satz müssen Finanzinstitute zahlen, wenn sie bei der Zentralbank Geld parken – eine Art Girokonto für Banken. Dieser Strafzinssatz wird Sparkassen und Banken nach verschiedenen Schätzungen 8 Milliarden kosten. Was dann passiert, ist klar: Die Banken werden die Sparer zur Kasse bitten. Aber das ist noch nicht alles. 

Mit weiteren Anleihenkäufen will sich die EZB zudem gegen die Konjunkturschwäche stemmen. Der Rat gab grünes Licht dafür, ab 1. November monatlich 20 Milliarden Euro in den Kauf dieser Wertpapiere zu stecken. Nun gibt es gar nicht mehr so viele solide Papiere. Die EZB zwingt auch die Bundesbank zunehmend zum Ankauf von Schrottpapieren. 

Es ist ein seltsames Spiel, das da abläuft – allerdings mit der Gefahr einer Währungskatastrophe.

Gefährdung für das Bankensystem

Denn die EZB will damit die Inflation beschleunigen. Inflation ist ein schickes Wort für Enteignung. Steigen die Preise, dann sinkt die Kaufkraft des Geldes. Weil die Löhne nicht so schnell erhöht werden, sinkt die Kaufkraft der Beschäftigten. Und höhere Löhne bedeuten auch, wenn man sich davon nicht mehr kaufen kann: Die Steuern und Sozialbeiträge steigen. Die Politik der EZB ist damit wie Ohrfeigen mal links, mal rechts: klappt Inflation nicht für Enteignung, klappt eben Zinssenkung. 

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Aber das ist nicht die einzige Gefahr. Längst ist diese Art der Geldpolitik aus dem Ruder gelaufen. Banken sind eine gefährdete Spezies: Ohne Zinsen kein Geschäft. Verzweifelt verleihen sie ihr Geld an jeden, der irgendwie halbwegs solide daher kommt. Damit aber steigt die Gefahr, dass die Pleite solcher Unternehmen die Banken belastet und auch die in die Insolvenz rutschen könnten. Wenn das bei einer größeren Bank geschieht, ist auch das Geld der Sparer weg – die verschiedenen Formen der Einlagensicherung reichen nur für eine kleinere, aber nicht für mehrere oder auch nur eine große Pleite. Die finanziellen Krisen der Zukunft könnten über solche Bankpleiten mit katastrophalen Folgen hervorgerufen werden. Die EZB behauptet zwar, sie würde die Banken streng kontrollieren, um genau das zu verhindern. Aber wer glaubt schon an die totale Kontrolle? Bankbilanzen sind gefährliche Zeitbomben. Sie können an unerwarteter Stelle hochgehen – etwa wenn ein wichtiger Kreditnehmer ausfällt oder seine Zahlungen einstellt, oder, oder, oder.

Aber selbst dieses düstere Szenario beschreibt noch nicht, was sonst noch alles auf uns zukommt.

Geld regnet auf die Städte

Immer mehr Geld sucht verzweifelt Anlage. Das ist einer der Gründe, warum zunächst die Immobilienpreise und dann auch die Mieten steigen: Lieber Geld in Betongold investieren, davon wird schon irgendetwas überbleiben, hoffen Anleger. Wie aus riesigen Containern regnet Geld auf die Städte und verführt zum Kauf von Immobilien, die ohnehin schon überteuert sind. Aber nach dem Motto: „Rette sich, wer kann“ wird weiter gekauft. Und wer teuer eingekauft hat, wird teuer vermieten – deshalb steigen mit jeder Verschärfung der Nullzins-Politik auch die Mieten. Während insgesamt die Inflation niedrig bleibt, etwa für Fernsehgeräte oder Autos oder Lebensmittel – bei den Mieten trabt die Inflation längst. Mieten stehen meist für rund ein Drittel unserer Ausgaben. Längst erleben wir eine Entwertung unserer Einkommen durch diese Art der Inflation, und eine Entwertung unserer Lebensversicherungen, Riesterverträge und Sparbücher durch die Negativ-Zinsen. Fachleute nennen das „Finanzielle Repression“ – Abzocke durch den Staat und seine Zentralbank. 

Negativer Wettlauf
Nicht nur der Sparer wird enteignet
Vielleicht war eine Zinssenkung während der Finanzkrise 2008 und 2009 vertretbar. Doch diese Krise ist längst vorbei. Die Geldpolitik müsste längst zu eher steigenden Zinsen umsteuern. Aber das würde die Politik unter Druck setzen. Denn auch nur gering steigende Zinsen kosten die hochverschuldeten Staaten Geld, und sie müssten zu einer soliden Haushaltsführung zurückkehren. Dazu sind sie zu bequem. Lieber greifen sie auf die Bürger und deren Erspartes zu, versuchen, sie zu täuschen: So wie Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der sich großzügig vorkommt, weil er zwei Prozent Zinsen für Private im Rahmen seiner Umweltstiftung verspricht. Aber das ist reine Augenwischerei: Jeder Private dürfte nach seinen Plänen maximal 2.500 € anlegen – für 50 € im Jahr, die natürlich zu versteuern sind… Im Ergebnis macht dieser Zinsertrag so viel aus, wie die Banken und Sparkassen die Kontogebühren erhöhen werden.

Die Gefahr der globalen Epidemie

Sich vor diesem Staat und seiner Währungspolitik zu schützen, ist extrem schwierig. Die Euro-Banken sind gefährdet, in Deutschland wie in Frankreich oder den Niederlanden. Aber auch Schweizer Banken oder britische sind gefährdet: Alle Banken sind untereinander so eng verflochten, dass sie sich gegenseitig anstecken wie Kranke in der Sauna.

Bleiben nur zwei Supermächte: US-Banken sind vergleichsweise solide finanziert. Und paradoxerweise sind auch russische Banken in dieser, wenn auch nicht in anderer Hinsicht, solide: Wegen der Wirtschaftssanktionen nehmen sie derzeit nicht am globalen Finanzgeschäft teil. Russische Banken sind gewissermaßen aus der Sauna ausgesperrt und können sich nur schwer anstecken.

Das sind seltsame Bilder. Sie entsprechen der Dramatik einer Lage, in der die EZB unsere Geldpolitik geführt hat.

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Kommentare ( 80 )

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Ruud
4 Jahre her

Negative Zinsen sind ungefähr so, wie wenn ich zum VW Händler gehe, und der muss mir für den neuen Golf, den ich von ihm haben möchte, dann Geld geben und nicht ich ihm. So ein Irrsinn kann eigentlich nur im Krieg enden, ich muss es so drastisch ausdrücken…

Ruud
4 Jahre her

Geld hat einen Preis, und das ist der Zins. Wer diesen Preis jetzt abschafft und negative Zinsen einführt, der gehört vor ein Gericht und nicht in die Leitung der Zentralbank. Vor hundert Jahren haben die Kommunisten in Russland das Geldsystem in Frage gestellt, wenn Menschen hungerten haben sie einfach „bestimmt“, was das Brot zu kosten habe. Mit diesem Irrsinn rotteten die Kommunisten hunderte Millionen Menschen aus, aber das ist heute an Schulen und Universitäten kein grosses Thema mehr. Aber was soll man erwarten, wenn Narren auf der Brücke stehen, um das Schiff zu steuern? Sie führen durch eine zweifelhafte Verfassungsrichterin… Mehr

Ruud
4 Jahre her

Sehr guter Bericht von Roland Tichy! Der grösste Schenkelklopfer ist natürlich die Umweltstiftung von Peter Altmeier. Was für ein Gauner – Stück! Wer da Geld investiert kann es auch in eine Fan – Anleihe seines Lieblings – Fussball – Vereins stecken, der nach ruhmvollen Jahren in der Vergangenheit in der dritten Liga dümpelt. Da ist die Rendite höher und wenn die Rückzahlung ansteht, dann besteht immer noch die gute Chance dass der FC Bayern einspringt und ein „Benefiz“ – Spiel abhält, in allergrößter Not. Eigentlich ist es aber nicht zum Lachen, wir werden noch sehen, die sog. Untergangspropheten wie Markus… Mehr

Cubus
4 Jahre her

Spätestens im Sommer brauche die Banken 2 Billionen, wieder mal. Ich bin gespannt, wie das den Bürgern verkauft wird. Aber die sind ja mit der Rettung des Klimas voll ausgelastet und prima besteuerbar.
„Ich kenne kein dümmeres Volk als die Deutschen…“, divide et impera sei nirgendwo so erfolgreich, soll Napoleon einmal gesagt haben, dem ist nichts hinzuzufügen.

friedrich - wilhelm
4 Jahre her

…..der sparer wird enteignet, auch der anleger in deutschland. nun hatte er schon lange zeit lohnverzicht geleistet – ich schätze so etwa 2 billionen euronen – und nun wird er ganz fertig gemacht! eigentlich sollte mir das ja am allerwertesten vorbei gehen, doch dem ist nicht so: es ist eine ganz große menge vertrauen zerstört worden und der wähler sieht nichts!

Josef K.
4 Jahre her

Ist doch super! Die Party am Aktienmarkt geht weiter. Finde ich cool!
Wenns dann soweit ist, dann verkaufe ich und dann geht die Party beim Gold weiter.

Ruud
4 Jahre her
Antworten an  Josef K.

Abwarten. Der Goldpreis ist schon ziemlich hoch. Gold ist auch ein wichtiger Rohstoff für die Industrie, wenn die einbricht, sinkt auch die Nachfrage. Wer vorher bereits enteignet wurde, wessen Konten eingefroren wurden, der tut sich schwer ins Gold zu flüchten.

Fred Anton
4 Jahre her

Alles richtig. Außer: Die steigenden Mieten sind auf die erhöhte Nachfrage durch Migranten zurückzuführen. Nicht auf die Immobilienpreise. Und wäre ganz gut darauf hinzuweisen, dass die Banken mehr als das zehnfache ihres Eigenkapitals ausleihen und damit Geld schöpfen dürfen. Das birgt enorme Risiken. Der Bürger denkt, die Banken dürften nur die das Kundengelder ausleihen, ein Irrglaube.

Mark H.
4 Jahre her

In einer Sauna wirken Temperaturen, die jedem Keim der Garaus machen.

Polit-Legastheniker
4 Jahre her

Man kann einen unheilbaren Krebskranken noch einige Zeit auf Intensivstation mit Beatmung, Infusionen und Adrenalin am leben Halten, das als ein medizinisches Erfolg verkaufen und von Familie des Kranken Geld aus der Tasche ziehen. EZB tut nichts anderes.

Karina Vogel
4 Jahre her

Ich las neulich, dass Putin weltweit auf den größten Goldreserven sitzt und diese weiter ausbaut. Der Artikelschreiber meinte, Putin wolle sich so unabhängig vom Dollar machen. Ein Aspekt, der m.E. völlig unberücksichtigt blieb ist, dass Putin im Falle einer weltweiten Wirtschaftskrise eine Reform zurück zu einer goldgedeckten russischen Währung planen könnte, die dann eine der stabilsten Währungen der Welt sein dürfte.

Thorsten
4 Jahre her
Antworten an  Karina Vogel

Putin braucht keine Golddeckung, solange die russische Zentralbank reichlich Gold hat.

Übrigens: in einer Krise ist eine zu starke Währung auch nicht gut. Besser sind dann STRATEGISCHE Käufe im Ausland – wie es die Chinesen machen.