Auch heute Morgen ging die Sonne wieder auf: die gute Nachricht zu Beginn des Neuen Jahres

Täglich erklärt man uns, dass die Welt untergeht, doch das tut sie nicht, ihre Natur ist Herrscherin über ihre - wie man heute so oft und meist am falschen Platz sagt: Nachhaltigkeit.

Dawid Zawila

Solch scheinbaren Trivialitäten wie der vom täglichen Sonnenuntergang wusste niemand besser ihre verborgene Bedeutung zu enthüllen als Heinrich Heine; etwa wenn er dem melancholischen Mädchen am Meeresstrand zurief:

Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein! sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück.

Und heute? Täglich erklärt man uns, dass die Welt untergeht, wenn man die Salami absäbelt oder den Lachs teilt; und noch schneller passiert das, wenn der Genuss in der Plastiktüte nach Hause getragen wurde. Da verschluckt man sich doch gleich am letzten Fondue und löscht die kleinste Flamme. Bald wird die Liste dessen, was wir nicht tun dürfen, länger als das, was uns noch zugestanden wird: Kein SUV, kein Flieger auf die Malediven (Schäuble, wie oft waren SIE schon da?), keine Plastiktüte, kein Fleisch. Kein Pick-Up (SPD), kein Kaminofen, keine Ölheizung, weniger warmes Wasser, kein Geschenkpapier und am besten: Gar keine Geschenke (ZDF). Kein Tannenbaum. Und natürlich: keine Böller, kein Feuerwerk.

Gerade Böller und Feuerwerk seien irrational. Stimmt. Aber ist nicht das ganze Leben irrational? Wie schön wäre doch der Planet, wenn es die (anderen) Leute nicht gäbe? Natürlich sollen wir auch auf Fortpflanzung verzichten, denn Kinder sind wahre CO2-Schleudern … mehr peinlich geht nicht. Wenn es der Liebe gefällt, fragt sie nicht nach dem ökologischen Fußabdruck, sondern schafft neuen. So ist es, und so soll es sein.

Lust- und Lebensfeindlichkeit segeln unter dem Deckmantel der Lebensbewahrung daher. Wie eine eiskalte Welle soll eine neu empfundene Sinnkrise über uns zusammenschlagen. „Wohlstand für Alle“ (Ludwig Erhard) wird verteufelt; dass er von den Kindern der Wohlstandsgesellschaft verachtet wird, macht die Sache nicht besser: Draußen stehen ziemlich viele Menschen, die gerne diesen Wohlstand für sich beanspruchen würden und manche schaffen es dann auch.

Machen Sie sich nichts draus. Aufregung ist das Lebenselixier einiger Weniger, die sich allerdings viel Aufmerksamkeit zu verschaffen wissen. Darüber kann man eigentlich nur lächeln. Stoßen wir darauf an: Das Leben geht weiter, es folgt Bahnen, die auch rotgrüne Bußprediger nicht ändern, nur kurzfristig stören können. Sicherlich, das Land hat viele Probleme, wir sprechen sie hier bei TE täglich an – aber lassen Sie sich den heutigen Tag nicht mit Energiewende, Einwanderung, EU und Euro versauen, mit irgendeiner seltsamen Predigt aus einer der Berliner Groß-Kanzleien?
Haben Sie darauf heute Nacht verzichtet? Ich ja.

Gestern ging die Sonne unter, und um Mitternacht ließen wir es krachen, wie es in den Rauhnächten immer schon üblich war: Wir treiben jedes Jahr um diese Zeit den kalten Winter aus und seine bösen Geister. Dazu perlender Schaumwein, wir erfreuen uns am prickelnden CO2 und verschwenden keinen Gedanken an den Weltuntergang. Denn wir wissen: Morgen geht sie wieder auf, und sogar ein klein wenig früher und ein klein wenig wärmer als gestern. Und wenn sie dann scheint, dann scheint sie auch auf alle Probleme, die man uns angerichtet hat, und zwar mit ganz hellem Licht. So wie heute und nächstes Jahr und immer wieder.

Die Freude am Leben besiegt am Ende alle ihre Feinde. Immer wieder. Es braucht nur etwas Geduld.

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Kommentare ( 77 )

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Fred Schneider
4 Jahre her

Lieber Herr Tichy, und in Anlehnung an Ihren Titel im neuen Heft 2/20 kann ich Ihnen versichern, dass ich noch nie in meinem Leben eine so gute und ausgelassene Silvesterfeier besucht hatte, wie die am 31.12.2019 im Rostocker Stadthafen. Allen Besuchern war überdeutlich ein gesteigertes Bedürfnis nach Feiern anzumerken. Die meisten Gäste waren mit dem Essen noch nicht fertig, da war die Tanzfläche schon rappelvoll. Von den berühmt, berüchtigten männlichen Tanzmuffeln demnach keine Spur. In dieser Hinsicht konnte unsere Damenwelt endlich mal aus dem vollen schöpfen. Natürlich gab es im Laufe des Abends auch den einen oder anderen Politiksmalltalk in… Mehr

SeiDuSelbst
4 Jahre her

http://Www.rundfunk-frei.de
http://Www.klimafragen.org
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reconquistadenuevo
4 Jahre her

Der liebe Gott hat es mit mir gutgemeint und mir Verstand und Intelligenz mit auf den Lebensweg gegeben. Da wäre es pure Blasphemie, einer
Ver-rückten namens Greta hinterherzulaufen.

Dieter Kief
4 Jahre her

Sehr schönes Foto von David Zavila! Morgen wird wieder TE gekauft! 2020 wird top!

Beat.Buenzli
4 Jahre her

Die Welt geht nicht unter. Aber die Bedingungen auf dieser Welt können sehr unvorteilhaft werden, aus verschiedenen Gründen, die EU löst sich auf – das wird teuer für uns, der Euro verschwindet – auch das wird teuer, die Amerikaner stürzen uns in einen Krieg – Deutschland als Schlachtfeld, die Erderwärmung schreitet fort – das ist sehr wahrscheinlich aus welchen Gründen auch immer, wir gehen in die nächste Eiszeit – stimmt, Saskia Esken wird Kanzler – niemals. Aber eins ist ganz sicher solange uns kein anderer Planet abschießt – die Sonne geht morgens auf und abends wieder unter.

DerletzteMohikaner
4 Jahre her

Ja, sehr geschätzter Herr Tichy, auch im Neuen Jahr ging wieder die Sonne auf. Aber sie war blutrot!

giesemann
4 Jahre her
Antworten an  DerletzteMohikaner

Alte Bauernregel bei der christlichen Seefahrt: Red sky at night, sailor’s delight – red sky in the morning, sailor’s warning. Die Brits wissen das noch, und ab durch die Mitte. Ich bedaure das, kann es aber auch nicht ändern.

DerletzteMohikaner
4 Jahre her
Antworten an  giesemann

Ausgezeichnete Replik! Danke! Ja, die Brits sind eine alte Seefahrernation. Erkennen die Gefahr und steuern das Schiff aus dem Strudel in sichere Gewässer.

Annika M.
4 Jahre her

Gut gesagt, Herr Tichy, vielen Dank!

Gerade wegen der hier zum Glück herrschenden vernünftigen Einstellung zu Dingen, Umständen und zum Leben allgemein lesen vernünftige erwachsene Menschen auch mit Freude hier. Statt sich das übliche hysterisch-infantile Geplärre diverser Medien anzutun.

Wenn ich Geplärre will, nehme ich einem kleinen Kind sein Stückchen Schokolade weg. Tue ich aber nicht. Und will ich auch nicht. Leben und leben lassen.

So bin ich, so sind Sie, so sind die Leser hier.

In diesem Sinne:
ein gesundes und frohes Neues Jahr!

Uwe Jacobs
4 Jahre her
Antworten an  Annika M.

Klasse. Senk ju!

Nibelung
4 Jahre her

Insbesondere die Lust an Tichys Einblick geht weiter, auch wenn ein Linker namens Sommerfeld sich schon Sorgen darüber machte wo dieses Magazin landen könnte, derzeit aus seiner Sicht noch im republikanischem Umfeld aber auch die Annäherung an die rechtspopulistische Seite wäre nicht auszuschließen, wenn ich es richtig gelesen habe und so warten wir es einfach ab, denn liberal-konservativ ist doch eine ehrenwerte Sache, die anderen Formen haben mich bislang noch nicht überzeugt.

Maja Schneider
4 Jahre her

Die Freude am Leben, lieber Herr Tichy, lassen wir uns nicht nehmen, obwohl es den Menschen dieses Landes immer schwerer gemacht wird. Hoffen wir darauf, dass die Geduld und die Hoffnung uns nicht verlassen.

giesemann
4 Jahre her

Die Sonne ging nicht auf, sondern der Spieß hat sich weiter gedreht. Sozusagen Döner mit bisschen zu viel Fleisch drauf. Das Drehmoment des Spießes hat sich dadurch aber nicht verändert – die Masse ist ja gleich geblieben.