500 Milliarden für einen Rettungsfonds – Deutschland zahlt doppelt

Für den 500-Milliarden-Coronafonds hat Bundeskanzlerin Angela Merkel Prinzipien der Währungsunion über Bord geworfen. Damit wird Deutschland doppelt zahlen - Staat und Steuerzahler. Es ist der Bruch der Maastricht-Verträge mit Tricks und Corona.

imago Images

Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron haben einen 500-Milliarden-Rettungsfonds für Europa verabredet.

Das klingt großartig. Wer will Europa nicht retten? Wer will abseits stehen angesichts der sichtbaren Not in Italien, Spanien, und, Überraschung: Frankreich?

Die Mittel sollen über Kredite aufgebracht und über die bestehende Programme der EU verteilt werden. Also nicht direkt an Staaten, sondern als EU-Projekte. Davon gibt es viele, und viele sind fragwürdig. Kontrolle fehlt, Missbrauch ist eingepreist. Je genauer man hinschaut, um so fragwürdiger wird das Projekt.

Denn die Rückzahlung erfolgt nicht über die Nutznießer. Also nicht Italien zahlt irgendwann den Kredit, den es so erhält, sondern die EU. Nicht Griechenland zahlt – sondern die EU. Die Rückzahlung erfolgt über den EU-Haushalt; und damit über Netto-Zahler Deutschland; neben einigen kleineren nordeuropäischen Staaten.

Das macht das Projekt so interessant: Geld aufnehmen, andere zahlen. Das ist die neue Regel, da ist Geld schnell ausgegeben, wenn jede eigene Haftung und Verantwortung dafür entfällt.

Damit ist zu erwarten, dass es zu einem Wettlauf um die Mittel kommt. Es sind reine Subventionen. Die mächtigste nationale Lobby setzt sich durch. Verschwendung und Missbrauch sind eingebaut. Durch Corona wurde keine einzige Fabrik und keine einzige Straße zerstört. Der Begriff „Aufbauprogramm“ ist schlicht eine Täuschung – es geht um Zuschüsse in die Staatshaushalte. Das wünscht sich jeder Empfänger.

Jetzt also doch: Euro-Bonds

Aber auch die Finanzierungsseite ist fragwürdig: Deutschland haftet mit und zahlt den Löwenanteil. Damit sind diese Mittel genau das, wogegen sich die Bundesregierung und viele Fachleute nunmehr ein Dutzend Jahre gesträubt haben: Euro-Bonds. Allerdings nicht auf Ebene der EURO-Mitgliedsstaaten, sondern für die gesamte EU. Deutschland haftet mit für Mittel, die andere Länder ausgeben dürfen, oder etwas direkter: Deutschland zahlt automatisch Schulden anderer Staaten. Schick. Persönlich würde ich mir auch so einen Kredit wünschen: Ich konsumiere, Sie zahlen. Vermutlich würde mein Konsum etwas größer ausfallen, mein Reihenhaus sich schnell zur Villa entwickeln: Ich zahle ja nicht, das übernimmt meine Sparkasse, in die Deutschland und Sie großzügig einzahlen und ich nur mit einem kleinen Bruchteil. Haftung und Verantwortung fallen auseinander. Wer viel kassiert, zahlt nur wenig zurück, wenn überhaupt.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Nun hat Deutschland bei der Einführung des Euros in den Maastrichter Verträgen genau solche Mechanismen für den Euro ausgeschlossen. Genau dagegen hat sich Deutschland gewehrt, um zu verhindern, dass andere Staaten Schulden machen, für die Deutschland haftet. Genau dies wird jetzt eingeführt. Corona macht es möglich, liefert das Pathos, um die Sachverhalte zu verschleiern und die gravierenden Veränderungen zu verbergen.

Merkel ist umgefallen. Was zählen Verträge schon?

In diese Situation passt der Konflikt um das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Auch das einfach erklärt: Die EZB hat ja ihrerseits neben diesen 500 Milliarden bereits weitere 750 Milliarden als Anleihe-Ankaufs-Programme bereitgestellt; insgesamt hat die EZB schon für 2.666 Milliarden Euro Anleihen der Mitgliedsstaaten gekauft; bevorzugt wertlose Papiere der südeuropäischen Länder. Weil so sichtbar deutsche Sparer und deutsche Staatshaushalte vertraglich für ein Viertel direkt in die Pflicht genommen werden, will das Bundesverfassungsgericht eine Prüfung, ob das notwendig ist. Also ein Art Kreditprüfung. Erfolgt die nicht, darf sich die Bundesbank nicht mehr daran beteiligten; mit anderen Worten: Deutsche Gelder nach Europa umleiten. Eigentlich eine bescheidene Bitte.

Die Abschaffung wirtschaftlicher Souveränität

Aber auch das ist zu viel für die EU. Christine Lagarde hat in Zeitungsinterviews erklärt, dass die Bundesbank einfach mitmachen muss. Sie verlang Gehorsam von der Bundesbank bei der Geldbeschaffung für die EU. „Nach dem Vertrag müssen alle nationalen Zentralbanken in vollem Umfang an den Entscheidungen und der Durchführung der Geldpolitik des Euro-Währungsgebiets teilnehmen“, sagte Lagarde im Gespräch mit dem Handelsblatt und drei anderen europäischen Zeitungen (Les Echos, Corriere della Sera, El Mundo). Außerdem betonte sie: „Die EZB untersteht der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union.“

Wozu noch eine Bundesrepublik?
Dann können doch EU, EZB und EuGH gleich alles selbst machen
Die Schlussfolgerung ist bemerkenswert: Wenn die Bundesbank blind mitmachen muss, entgegen dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das darin eine Verletzung des Grundgesetzes sieht: Dann sind deutsches Recht, das Grundgesetz und der komplette deutsche Bundestag Makulatur. Die EZB bestimmt, und im entscheidungsbefugten EZB-Rat hat Deutschland eine von 21 Stimmen – gelegentlich. Denn die fünf größten Länder teilen sich im Monatswechsel vier Stimmen … Der Entmachtung bei der Entscheidungsfindung in der EZB folgt die Entmachtung der wirtschaftlichen Souveränität. Deutschland wird auf eine Provinz herabgestuft, die von den Entscheidungen in Brüssel oder der EZB in Frankfurt abhängig ist, wobei Frankfurt nicht für Deutschland, sondern nur für die Grundstücksadresse steht.

Zustimmung sicher

Damit ist auch sichergestellt, dass das 500-Milliarden-Programm von Merkel und Macron tatsächlich wie gewünscht und gefordert von 27 Mitgliedsstaaten verabschiedet wird. Denn es ist eine Art Hau-den-Lukas-Entscheidung: Jeder kriegt, darf also drauf hauen, Deutschland zahlt. Wieviel ein Land kriegt, hängt nur von der Durchsetzungskraft in Brüssel ab. Für das Ergebnis nicht entscheidend ist, wer zahlt. Denn Deutschland zahlt. Bedingungslos, das wird jetzt sichergestellt. Mit Geld und mit seiner Bonität. Denn wenn Deutschland derart die Verantwortung für die Schulden aller Länder der EU übernimmt, leidet sehr schnell seine Kreditwürdigkeit: Wer Deutschland Geld leiht, leiht es der EU. Damit werden dann doch langsam die Zinsen steigen, die Deutschland für seine gerade explodierende Staatsverschuldung aufbringen muss. Und so kommt das Land mehrfach in die Klemme: Seine Bonität sinkt, seine Verpflichtungen steigen.

Der Bundestag muss auch zustimmen. Er wird es natürlich tun. Tut er ja immer blind. Die Diäten der Abgeordneten bleiben erhalten, auch wenn die finanzielle Souveränität futsch ist.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 273 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

273 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Menschenfreund
3 Jahre her

Wenn man einem Schuldenkaiser Geld schenkt, was erwartet man dann?

Ich erwarte mir, dass er dann immer wieder an meine Türe klopft, bis ich nein sage oder selbst pleite bin.

Das bedeutet aber auch, dass in spätestens 10-20 Jahren diese EU Vergangenheit ist. Und dann mach ich mir einen Sekt auf?

Manfred_Hbg
3 Jahre her

Dieses mal dank seinem Volk finanziell sehr starkes und auch in aller Welt geschätze Deutschland. wird nun auch moch „Dank“ unserer Altparteien und EU-Brüssel mehr und mehr zu Kalkutta und einem Shithole-Countrie. Unser Deutschland, unsere DM. unser Made in Germany, Grundgesetz, unsere Kultur und Volk, alles nach und nach verhökert u. verscherbelt, zerstört, veraten und wertlos. Armes Deutschland! Ich werde es mit ü60 nicht mehr erleben. Doch ich würde es diesem Land der Dichter & Denker wünschen, dass es sich nach 1918 u. 1945 noch ein 3. Mal erholen und aus den dann hoffentlich „nur“ finanziellen und kulturellen Ruinen ersteigen… Mehr

Peter Pascht
3 Jahre her

Einfach nur eine dreiste und schamlose Missachtung de Bundestages, so etwas zu verkünden bevor der Bundestag zugestimmt hat, was die Zustimmung des Bundestages braucht.
Stimmt der Bundestag dem nun zu, so kann er sich gleich abschaffen.
Ein Marionetten-Parlament ist einer Demokratie und Rechtstaat obsolet.

Senni
3 Jahre her

Merkel & von der Leyen , beide gemeinsam sind Garant für den Untergang der EU ! Stimmung wie im Führerbunker 1945, jetzt warten auf die Wunderwaffen und an den Endsieg glauben !

Michael Theren
3 Jahre her

Glaubt jemand, das diese Billionen, sicher gibt es auch demnächst Billarden, jemals zurück gezahlt werden….um ein Wort aus der Landwirtschaft zu vermeiden, es geht schlicht um den ewigen Zinsendienst und das Erpressungsmoment dabei ist der Zusammenbruch der staatlichen Ordnung und des „schönen“ Sozialstaates…..ohne „Arbeitspflicht“ wird das nur auf Dauer kaum funktionieren, denn wer will denn noch arbeiten, wenn die Mehrheit Dauerfreizeit hat….die „Diokletianischen Reformen“ werden dann schon kommen….
EU – Ein Ring voller Sterne – Ash nazg durbatuluuk, ash nazg gimbatul,
Ash nazg thrakatuluuk, agh burzum-ishi krimpatul

Mohikaner
3 Jahre her
Antworten an  Michael Theren

Theren: Und wie sagte Gandalf?: „Der Ring ist durch und durch böse …“ In der Geschichte Herr Der Ringe gibt es ein Happy End wegen zwei Hobbits, die den Ring in das Feuer warfen und dadurch die Welt retteten. Aber wo und wer sind unsere Hobbits? Wer rettet uns vor Sauron? – Keine Rettung in Sicht …

Michael Theren
3 Jahre her
Antworten an  Mohikaner

In der Sezession 94 ist ein sehr schöner Artikel von David Engels zu Tolkien in der „Moderne“ erschienen

Schwabenwilli
3 Jahre her

Sie hat Angst das wenn Deutschland sich querstellt die anderen Länder sich gegen Deutschland verbünden würden und es uns dreckig ergehen würde.

Die Angst einer Frau.

Thorsten
3 Jahre her

Für Merkel sind Prinzipien nur Ballast. Das „muss“ einfach über Bord.

Die Südländer inklusive Frankreich scheinen nicht zu verstehen, dass sie ihre „goldene Gans“ damit schlachten. Dann ist sie tot und legt keine Eier mehr …

Vogelfrei
3 Jahre her

„Der Bundestag muss auch zustimmen. Er wird es natürlich tun. Tut er ja immer blind. Die Diäten der Abgeordneten bleiben erhalten, auch wenn die finanzielle Souveränität futsch ist.“: Und wer auch im nächsten Riesen-Bundestag wunderbar alimentiert sitzen möchte, weil er/sie/es nichts Richtiges gelernt hat und deswegen keine Alternative hat, tut gut dran, in unserem elenden Parteienstaat immer mit der Führung zu stimmen und brav den Kopf unten zu halten. Dieser Mechanismus ist das eigentliche Problem Deutschlands.

Luzifer
3 Jahre her

Dass die Südländer, allen voran Italien, aus dem geplanten Fond keine Kredite haben wollen sondern Zuschüsse und diese widerum von Merkel in dieser Auffassung unterstützt werden, zeigt in welcher Weise Deutschland regiert wird:
Die Regierung in Deutschland unter Merkel verhält sich so, als ob ein Rudel Wölfe die Anführer einer 80 Millionen Schafherde sind.

H.H.
3 Jahre her

Die naheliegendste Lösung: Macron erhöht in Frankreich die Steuern. Folge: Die Gelbwesten husten ihm was. Darum: Sollen doch die (dummen) Deutschen für die frz. Staatsdefizite aufkommen ! a) dort gibt es keine Gelbwesten. b) im Gegenteil: Dort gibt es eine Mehrzahl von Menschen, genannt Gutmenschen, die sehnen sich danach diese Defizite der Franzosen auszugleichen: Pro Mann und Nase 1700 €.