Wieso sich Merkel als Öffnungsskeptikerin positioniert

„Bin kurz davor aufzugeben“, so zitiert BILD Angela Merkel. Seit Wochen positioniert sie sich als Öffnungsskeptikerin. Dahinter steht eine Taktik und ein persönliches Ziel.

imago images / IPON
Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Kabinettssitzung vom 6. Mai 2020

Schon vor Wochen warnte Merkel in einer Sitzung des CDU-Präsidiums vor „Öffnungsdiskussionsorgien“. Ständig warnt sie vor möglichen Rückfällen und einer neuen Welle von Infektionen. Gestern in der Konferenz mit den Ministerpräsidenten drohte sie sogar, sie sei kurz davor, aufzugeben. Das ist geschicktes Kalkül. Was steckt dahinter?

In Wahrheit weiß niemand, wie sich die Corona-Krise in Deutschland weiter entwickelt. Mit ziemlicher Sicherheit kann erwartet werden, dass nach den Lockerungen die Zahl der Neuinfektionen wieder steigt. Sollte es zum Schlimmsten kommen und eine zweite Welle die Kapazitäten in den Krankenhäusern überfordern, dann kann sich Angela Merkel als die Warnerin positionieren, auf die die unvernünftigen Ministerpräsidenten leider nicht hören wollten. „Das kommt davon, hättet ihr mal auf mich gehört.“ Dann stehen alle anderen (vor allem Armin Laschet) schlecht da und sie verbleibt als einzige erfolgversprechende Kanzlerkandidatin für die Union.

Geht die Sache jedoch insgesamt für Deutschland – im Vergleich zu anderen Ländern – gut aus, dann wird man den Erfolg letztlich Merkel und ihrem genialen Krisenmanagement zuschreiben. Sie profitiert dann, so ist das nun einmal in Krisenzeiten, als Regierungschefin vom Amtsbonus. Die Umfragen der letzten Wochen bestätigen diesen Reflex.

Merkel kann also nur gewinnen und verschafft sich beste Startvoraussetzungen für eine 5. Amtszeit. Und das sind schlechte Nachrichten für Deutschland.

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Kommentare ( 52 )

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Dieter Rose
3 Jahre her

Wo bleibt endlich
der entscheidende Schubser?

Dagmar
3 Jahre her

Merkel ist jetzt in ihrem Element, im Ausüben von Macht. Ich denke, ich kann mich gut in sie hinein versetzen. Das hat sie ihr Leben lang geübt, in der DDR fing es an.
Es ist wie im Krieg: der Frieden wird nicht mit einfachen Mitteln wiederhergestellt werden können, alles steht auf dem Spiel und es ist brutal und wird schlimmer, mit jedem Tag.
Merkel wird alles in ihrer Macht stehende tun, um zu gewinnen. Das ist ihr Lebensinhalt, einen anderen hat sie nicht.

GUMBACH
3 Jahre her

„Mit ziemlicher Sicherheit kann erwartet werden, dass nach den Lockerungen die Zahl der Neuinfektionen wieder steigt.“ Warum das denn? Die Pandemie ist vorbei! Wir wissen, dass dieses Virus gefährlich ist für Alte und Vorerkrankte. Kinder und Jugendliche sind in der übergroßen Mehrheit nicht betroffen, gesunde Erwachsene ebenfalls nicht. Neuinfektion heißt eben nicht tod/krank, sondern nur infiziert – in der Regel mit schwachsen oder gar keinen Symptomen.

Dagmar
3 Jahre her
Antworten an  GUMBACH

Das sagte Dr. Bhakdi auch. Die Zahlen geben es auch her. Wenn man allerdings wieder mehr testet, wir man auch mehr Infizierte finden. Wobei bisher nicht unterschieden wurde zwischen Infizierten, Erkrankten und Verstorbenen. Alle Verstorbenen wurden als Corona-Tote klassifiziert (Italien hatte es sogar öffentlich zugegeben). Dabei hat Dr. Püschel (Rechtsmediziner, HH) nach den Obduktionen festgestellt, dass alle Corona-Toten – alle – schwere Vorerkrankungen hatten, an denen sie verstorben sind, der geschwächte Körpter dieser Menschen konnte eine zusätztliche Infektion mit Corona nicht mehr verkraften! Diese Menschen waren vorher bereits todkrank.

anita b.
3 Jahre her

Herr Titelmann, diese Frage Stelle ich mir auch schon die ganze Zeit. Wo bleibt ihre Affinität zur Wirtschaft?
Könnte es sein, dass sie diese absichtlich hinten anstellt oder schwAchen will? Mit der Konsequenz dann nicht mehr vorn bei der euro Rettung oder Flüchtlingsaufnahme stehen zu mussen?
Nach dem Motto, Deutschland ist gesund, aber arm?

Gruenauerin
3 Jahre her

Sagen Sie das bitte mal Merkel. Wenn die Ministerpräsidenten nicht spuren, dann schreitet Merkel ein. Sie hat sich ja schon positioniert und die Medien haben auch schon den Grundstock für das Versagen der Ministerpräsidenten gelegt. Ihr ist doch der Förderalismus egal.

MajorTOm
3 Jahre her

Sehr scharfsinnig analysiert, das täuscht aber nicht darüber hinweg, dass Merkel ** wenn wir erstmal wieder bei 5+ Millionen Arbeitslosen sind. Irgendwann sind die staatlichen Leistungen am Ende und dann wird es eine Kündigungswelle geben. Diese dann aufsteigende Wut ist bitter, aber auch leider sehr notwendig, denn nur der scheinbare Wohlstand hält die Deutschen ruhig auf dem Sofa.

Gruenauerin
3 Jahre her

n-tv bläst in das gleiche Horn. Hier werden unterschwellig die Ministerpräsidenten als böse Jungs und Mädels hingestellt, die bockig waren und Mutti nicht folgen wollten. Die hätten dann auch die Schuld, wenn alles schief gänge. Und man höre und staune, die Zahlen der Infizierten steigt schon wieder. Ich habe nichts anderes erwartet. Da meldet man schon, dass die von Merkel genannte Obergrenze fast schon wieder erreicht wäre. Es wäre ein Wunder gewesen, wenn uns etwas anderes erzählt worden wäre. Merkel und Co. wollen nicht so leicht aufgeben und Merkel will sich fein für eine nächste Amtszeit machen und was ist… Mehr

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Gruenauerin

Ich frage inzwischen jeden, den ich kenne – und es sind viele dabei, die beständig im Kontakt mit Menschen sind und dazu den ÖPNV, eine „Großveranstaltung für sich“, nutzen. Bis jetzt alles negativ.
Wie kann das sein, wenn solche Panikmache getrieben wird?

Kassandra
3 Jahre her

Ich glaube nicht, dass es eine „Pandemie“ ist.
Ich glaube, dass ein Virus politisch-medial, aus welchem Grund auch immer, vermarktet wird.
Zumal sie vor der letzten „Pandemie“ 2009 den Begriff in der who so veränderten, dass ab sofort jede Influenza darunter fallen könnte…

schwarzseher
3 Jahre her

Merkel kann nicht drohen, aufzugeben, allenfalls versprechen. Und an ein solches Versprechen würde sie sich ohnehin nicht halten.

pcn
3 Jahre her

In der NZZ steht heute ein Kommentar zum vernünftigen Umgang mit der Situation. Inhaltlich stimmt er mit Herrn Tichy überein: „Wir können es riskieren.“ Hinter diesem Satz steckt nichts anderes als Vorsicht walten zu lassen, und dennoch nicht den totalen Zusammenbruch sozialen Miteinanders zu provozieren. Und es geht darum, nicht die Funktionsfähigkeit der Wirtschaft vor lauter Panik aus dem Auge zu verlieren. Es geht um Vernunft und den intelligenten Umgang mit einer augenfälligen Ausnahmesituation. Merkel hat da ganz anderes im Sinn. Dazu braucht sie sie 5. lähmende Runde. Deutschland platt zu machen ist zu ihrem eigenen Erstaunen in 4 Runden… Mehr