Umfrage zur Sicherheitspolitik: So naiv sind die Deutschen

Nur noch neun Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass in der Sicherheitspolitik die Partnerschaft mit den USA Priorität für Deutschland hat. Eine naive Weltsicht.

© Sean Gallup/Getty Images

In einer Umfrage im Auftrag der Körber-Stiftung nennen 63 Prozent der Befragten Frankreich als wichtigsten außenpolitischen Partner Deutschlands, nur 43 Prozent die USA. In der Umfrage vom Vorjahr lagen beide Partner mit je 60 Prozent gleichauf. Mit Blick auf die Verteidigungspolitik wünschen sich 88 Prozent der Deutschen, dass die Partnerschaft mit den europäischen Staaten künftig Vorrang vor der Partnerschaft mit den USA hat. Nur neun Prozent gaben an, dass die Partnerschaft mit den USA Vorrang haben sollte.

Naive Vorstellungen

Die Deutschen lassen sich in ihren sicherheitspolitischen Vorstellungen eher von der Sympathie oder Antipathie zu anderen Staatsoberhäuptern leiten als von realpolitischen und rationalen Erwägungen. Weil die Deutschen Macron sympathischer finden als Trump, ist ihnen die Partnerschaft mit Frankreich wichtiger als die mit den USA. Ein wahrhaft kindliches Verständnis von Außen- und Sicherheitspolitik (die Deutschen mochten schon „Gorbi“ viel lieber als Reagan …). Die Vorstellung, dass die militärische Zusammenarbeit mit anderen europäischen Staaten das Bündnis mit den USA ersetzen könne, zeugt nur davon, dass die Öffentlichkeit keinerlei Ahnung von den militärischen Kräfteverhältnissen haben. Und wenn man Deutschland unabhängiger von den USA machen wollte, müsste man konsequenterweise für eine dramatische Erhöhung unserer Verteidigungsausgaben sein – doch genau das wollen die Deutschen auch nicht. Sie wollen auf keinen Fall mehr für Verteidigung ausgeben und sind selbst gegen die Einhaltung des von der Nato beschlossenen 2-Prozent-Ziels, wollen aber gleichzeitig militärisch unabhängig von den USA werden.

Bundeswehr verrottet

Angela Merkel hat durch verschiedene öffentliche Äußerungen die Illusion bestärkt, die Zusammenarbeit mit anderen europäischen Ländern könne an Stelle des Bündnisses mit den USA treten. Merkel war die Verteidigungspolitik noch nie ein wichtiges Anliegen. Dass die Bundeswehr von Jahr zu Jahr mehr verrottet, ist ein weiteres der vielen traurigen Ergebnisse von zwölf Jahren Merkel: Nur ein kleiner Teil der Panzer, Flugzeuge, Hubschrauber und Schiffe der Bundeswehr ist noch einsatzfähig. Den Werkstätten fehlen das Personal oder auch die Ersatzteile, weil – wie beim Eurofighter – zwar neue Waffen gekauft, aber nie genug Nachschubteile dafür bestellt wurden. 30 bis 70 Prozent der Waffensysteme der Bundeswehr stehen daher kaputt herum. Ob das Transportflugzeug A400M oder der Schützenpanzer Puma – immer wieder sorgen defekte Waffen der Bundeswehr für Schlagzeilen.

Unfähige Verteidigungsministerin

Und unsere Verteidigungsministerin? Während die Ausrüstung der Bundeswehr in einem katastrophalen Zustand ist, erklärt sie, eine der wichtigsten Aufgaben sei „eine Öffnung der Bundeswehr für weitere gesellschaftliche Gruppen“. Die Truppe brauche, so eines ihrer Lieblingsthemen, vor allem viel mehr Menschen mit Migrationshintergrund, mehr Menschen mit Behinderungen sowie mehr Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen. Putin wird sich fürchten angesichts dieser wohldurchdachten Strategie zur Stärkung der deutschen Streitkräfte. Zur Führung der Streitkräfte eines wichtigen Nato-Mitgliedes bedarf es jedoch mehr als politisch korrekter Sprüche und Vorschläge zur Verbesserung der Kinderbetreuung. Von der Leyen hat sich lediglich durch groß angelegte Säuberungen in der Bundeswehr hervorgetan. Anlass war ein „Fall“, der – wie sich jetzt vor Gericht herausstellte – gar keiner war, aber Grund genug, in einer panischen Aktion beispielsweise ein Foto von Helmut Schmidt in einer Kaserne zu entfernen, weil er die Uniform der Wehrmacht trug. Hier zeigt von der Leyen eine Entschlossenheit und Aktivität, die ihr vollständig fehlt, wenn es um die Ausrüstung der Bundeswehr geht.

Und die Opposition?

Denkt die Opposition wenigstens realistischer? Nein. Martin Schulz hat Wahlkampf mit der Forderung gemacht, die in der Nato eingegangenen Verpflichtungen nicht zu erfüllen. Politiker wie Helmut Schmidt, der seine Kanzlerschaft riskierte, weil er sich für den Nato-Doppelbeschluss einsetzte, sind heute in der SPD völlig undenkbar. Von den Grünen müssen wir in diesem Zusammenhang gar nicht erst sprechen. Auf dem AfD-Parteitag mussten Politiker wie Gauland die langfristige Auflösung der Nato und das gute Einvernehmen mit Putin betonen, um Beifall zu bekommen – in dieser Hinsicht ähneln die Positionen der AfD weitgehend denen der Linken. Die Parteien spiegeln nur wider, dass die Deutschen längst ein Volk geworden sind, dem jedes Verständnis von Realpolitik abhanden gekommen ist und das wahrscheinlich am liebsten die Bundeswehr vollständig durch Greenpeace ersetzen würde.

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Kommentare ( 133 )

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Arne
6 Jahre her

Also, wenn ich die Zahlen im ersten Satz addiere, komme ich auf über 100%.

Otto Andersen
6 Jahre her

Das Ergebnis der Umfrage erstaunt eigentlich nicht, denn der deutsche Michel war in politischen Dingen schon immer ein Traumtänzer. Jedenfalls, so lange sie seine konkreten Interessen nicht berührten. Deutschland kann sich nicht neutral verhalten und Schweiz spielen. Angesichts der drei großen „Global Player“ (USA, Russland und China) mit ihren massiven geopolitischen Interessen sollte die Wahl aus den verschiedensten Gründen auch nicht schwer fallen, wenn man seinen Verstand benutzt. Da die Forderung nach einer „starken“ und global präsenten EU auf unabsehbare Zeit ein Wunschdenken bleiben wird, muß das Küken Europa unter irgendeine Henne kriechen und da bleiben nur die USA. Deren… Mehr

Heinz Stiller
6 Jahre her

Man mag die Deutschen für politisch zur Verblödung neigend halten – aber es wird ja von der Merkel-Politik der Einschläferung und den MM-Medien das Möglichste getan, um diesen Zustand akut werden zu lassen. Wenn die grossen Zeitungen einseitig in einer Richtung die Weltsicht ihrer Leser „framen“ wollen, wenn der moderne Journalismus ein ganzes Arsenal an Mittelchen erfunden hat, wie man Realität manipuliert, dann sind nicht unbedingt nur immer die deutschen Leser schuld. – Dazu zwei hochspannende Lese-Tipps – Stefan Zweig schrieb in seinem Buch „Marie Antoinette“ schon 1937 über seine Hauptfigur: „Nun wohnen Wahrhaftigkeit und Politik selten unter einem Dach,… Mehr

Rainer Franzolet
6 Jahre her

Ich hätte nichts dagegen, wenn es keine deutschen Soldaten in Afghanistan, Syrien oder Afrika geben würde. Deutschland sollte sich völlig neutral verhalten, genau wie die Schweiz. Es würde das Verhältnis zu Russland verbessern und die Bundeswehr würde zur eigenen Grenzsicherung umfunktioniert. Zu Glauben, man könnte heutzutage noch Kriege mit Panzern und Co. führen halte ich für absolut lächerlich.

Bernd
6 Jahre her

Hallo Herr Zitelmann,

ich hatte noch einen längeren Kommentar (zur Nato) geschrieben, ging der nicht durch die Zensur?

Dr. Jan-Robert v. Renesse
6 Jahre her

Schade, dass es noch heute Verblendete gibt, die so wie Sie denken – Ihre Behauptungen sind i.Ü. nachweislich falsch. So konnte man zB ohne Lebensgefahr die sog. „HJ“ verlassen (so zB mein Vater). Man konnte sich auch als Erwachsener dem „Mitlaufen“ verweigern (so mein Großvater). Wer im NS-System mitmachte, tat dies in aller Regel um des persönlichen Vorteils willen (Beförderungen, Orden, Belohnungen). einzigen anständigen Deutschen waren die des aktiven Widerstands. Alle anderen sind in unterschiedlichem Maße für die Verbrechen, die unser Volk in dieser Zeit begangen hat, mitverantwortlich.

H. Hoffmeister
6 Jahre her

Herr Hellerberger, stimme mit Ihrer Situationsanalyse überein, was sollte unser Land aber dann tun: Wäre es Ihrer Meinung nach besser, wenn sich Deutschland wieder einmal zu einer militärisch ernstzunehmenden Macht entwickelt ? Dies würde einen erheblichen Wohlstandsverlust – Wehretat vervielfachen – und vermutlich auch aktiv militärisches Eingreifen in verschiedenen Situationen erforderlich machen. Die heute Arbeitsteiligkeit mit den USA ist doch für die europäischen Industrienationen deshalb so sinnvoll, weil die USA die schmutzige Seite der globalen Gleichgewichtswahrung im Sinne demokratisch verfasster Länder übernimmt. Wenn wir all das selbst in die Hand nehmen müssten, wären wir doch vermutlich viel schlechter dran ?… Mehr

Bambu
6 Jahre her

Die Tatsache, dass das Material der Bundeswehr verrottet ist auch dem Umstand geschuldet, dass schon Schrott eingekauft wurde. Es ist somit nicht eine Frage des Geldes, sondern auch eine Frage der richtige Anforderungsspezifikation und der Vertragsklauseln. Die heutige Sicherheit eines Landes hängt auch nicht mehr nur davon ab, wie viele Panzer, Flugzeuge…zur Verfügung stehen, sondern wie gut funktioniert die IT Landschaft der Verwaltungen und Unternehmen. Technologisch hoch entwickelte Staaten kann man auch mit Angriffen auf die IT wirtschaftlich ruinieren. Genauso gut kann man mit geschickten Operationen Bürgerkriege auslösen, oder die Versorgung der Menschen soweit einschränken, dass es massenhaft Todesfälle gibt.… Mehr

Keinweltretter
6 Jahre her
Antworten an  Bambu

„Technologisch hoch entwickelte Staaten kann man auch mit Angriffen auf die IT wirtschaftlich ruinieren.“
Oh, dann haben wir ja keine Probleme – technologisch befinden wir uns mittlerweile nur noch im Mittelfeld!

Frau Holle
6 Jahre her

Die Deutschen sind ein Volk von unkritischen Mitläufern und Nichtdenkern, seit jeher dankbar dafür, sich einer Führungsgestalt anhängen zu können, der sie blind hinterherrennen, weil alle anderen es ja auch tun. Die Merkel-, Regierungs- und Pressedoktrin lautet „Trump ist böse“. Also ist Trump böse. So einfach kann die Meinungsfindung sein. Die Leser bei TE und anderen Publikationen der Gegenöffentlichkeit sind der klägliche Rest, der das eigenständige Denken und den gesunden Menschenverstand noch nicht aufgegeben hat. So erschreckt, daß ich ihn bis heute zitieren kann, hat mich der Post eines Welt-Mitkommentators im Oktober 2015: „Unsere Art zu denken wird bald ausgestorben… Mehr

Eichhörnchen
6 Jahre her

Glaube nur der Umfrage, für die Du selbst die Vorgaben gemacht hast, könnte man vielleicht sagen. Ich glaube nicht, dass die Deutschen so naiv sind. Eher glaube ich noch an tendenziöse Fragestellungen und das Geben von Antworten, von denen die Befragten meinen, dass sie so erwünscht sind.