So könnte Merkel noch 2017 stürzen

Merkel könnte noch 2017 stürzen, wenn die Jamaika-Gespräche scheitern und es zu Neuwahlen käme. Oder kommt es stattdessen zu einem Bündnis von CDU (ohne CSU), Grünen & SPD?

© Steffi Loos/AFP/Getty Images

Solange Merkel regiert, wird Deutschland tief gespalten bleiben. Stabilität für Deutschland kann es erst geben, wenn Merkel nicht mehr Bundeskanzlerin ist. Schlimmstenfalls müssen wir darauf vier Jahre warten. Doch es gibt eine – wenn auch nur schwache – Hoffnung, dass wir sie eher loswerden können. Stellen wir uns folgendes vor:

  1. Die SPD bleibt bei ihrer sturen Haltung, wofür vieles spricht.
  2. CSU und/oder FDP lassen sich nicht auf einen Kuhhandel mit den Grünen bei den Themen Einwanderung/Wirtschaft/Europa ein. Dafür spricht, dass die CSU bei einem solchen Kuhhandel die Landtagswahlen 2018 verlieren und die FDP in vier Jahren endgültig aus dem Bundestag fliegen würde.
  3. In diesem Fall gäbe es Neuwahlen. Merkels Position wäre so geschwächt, dass die CDU bei Neuwahlen nicht noch einmal mit ihr antreten könnte. Ich gebe zu: Sehr wahrscheinlich ist dieses Szenario nicht. Dagegen spricht, dass Union und SPD sicherlich Neuwahlen verhindern wollen, weil sie befürchten müssen, dass sie dann noch mehr geschwächt würden und die AfD noch stärker werden könnte.
Die Macht von FDP, CSU und Grünen

Es liegt in der Hand von Grünen, FDP und CSU. Die Grünen werden die Jamaika-Gespräche nicht scheitern lassen. Zwischen Grünen und der Merkel-CDU sehe ich keine unüberbrückbaren Gegensätze. Zudem die Machtbesessenheit bei den Grünen sogar noch größer ist als ihre ideologische Verbohrtheit und es Merkel ohnehin nur um die Macht geht. Sie träumt ja schon lange von einem Bündnis mit den Grünen, die ihr näher stehen als die meisten CDU-Mitglieder. Schließlich fürchten die Grünen Neuwahlen, weil sie jetzt noch einmal ganz gut davongekommen sind und ihr Ergebnis wahrscheinlich schlechter ausfiele. Daher wären die Grünen bei Jamaika-Gesprächen zu fast jedem Kompromiss bereit.

Die Verantwortung bleibt
Maas ade
Aber wie steht es mit der CSU? Wenn die CSU sich beim Thema Einwanderung nicht durchsetzt (was gegen die Grünen und Merkel schwer vorstellbar ist), muss sie befürchten, bei den Landtagswahlen 2018 brutal abgestraft zu werden. Ein Ergebnis von 30 Prozent wäre dann nicht unwahrscheinlich. Und die FDP? Wenn sie sich wieder – wie vor acht Jahren – bei Koalitionsverhandlungen über den Tisch ziehen ließe und bei Themen wie Europa/Wirtschaft/Einwanderung auf die Linie von Merkel & Grünen einschwenkte, dann wäre das definitiv das endgültige Ende der Partei. Ich glaube nicht, dass Christian Lindner zum Totengräber der FDP werden möchte, nachdem er sie vor dem Untergang gerettet hat. Und ich denke nicht, dass die FDP große Lust hat, mit dem Grünen Anton Hofreiter als Verkehrminister am Koalitionstisch zu sitzen und zuzuschauen, wie der die deutsche Automobilindustrie gängelt, drangsaliert und schwächt.

Wer bekommt den Schwarzen Peter?

Also: Grüne, CSU und FDP werden verhandeln, vielleicht viele Monate. Denn keiner will dafür verantwortlich sein, dass es nicht klappt, weil das die Ausgangspositionen bei Neuwahlen verschlechtern würde. Aber bei den Verhandlungen wird es nur darum gehen, den anderen Beteiligten den Schwarzen Peter für das Scheitern zuzuschieben. Eine Einigung ist ausgeschlossen, sofern CSU und FDP nicht auf einem Selbstmordtrip sind, was ich nicht glaube. Das gilt vor allem, wenn Seehofer Platz für Markus Söder machen muss. Denn bei Söder ist nicht anzunehmen, dass er ein ähnlich unwürdiges Spiel wie Seehofer (erst Merkel kritisieren und dann mit ihr kuscheln) spielen wird. Es spricht also Vieles dafür, dass die Jamaika-Gespräche scheitern. Das könnte der Auslöser dafür sein, dass Merkel endlich stürzt. Denn sie hätte keine Mehrheit zusammenbekommen.

Kommt ein Bündnis CDU (ohne CSU), SPD, Grüne?

Ob es zu Neuwahlen kommt, weiß trotzdem niemand. Dagegen spricht die scheinbar fast unendliche Leidensfähigkeit der CDU, die Merkel schon so lange duldet. Da Merkel viele gute Männer (wie Friedrich Merz) aus der CDU vergrault hat, fehlen Köpfe, die eine Revolte gegen Merkel anführen könnten. Wolfgang Schäuble, der Merkel am ehesten als Königsmörder hätte gefährlich werden können, hat sie jetzt vorsichtshalber schon einmal auf das Amt des Bundestagspräsidenten weggelobt. Manchmal wird der Name von Jens Spahn als potenzieller Merkel-Nachfolger genannt. Aber hätte er die Kraft und den Mut, Merkel nach einem Scheitern der Jamaika-Gespräche zu stürzen? Ich halte das für eher unwahrscheinlich. Im schlimmsten Fall würde Ursula von der Leyen an die Stelle von Merkel treten – aber in diesem Fall könnte man ebenso gut mit Merkel weitermachen. Denn die politisch überkorrekte Kasernenaufräumerin von der Leyen ist auch nicht besser als Merkel.

Gegen das Neuwahl-Szenario spricht auch, dass die SPD nach einem Scheitern von Jamaika-Gesprächen doch noch eine Koalition mit der Union bilden könnte, um Neuwahlen abzuwenden. Denn die SPD müsste befürchten, bei Neuwahlen unter 20-Prozent zu fallen und nur noch drittstärkste Partei zu werden (auf Platz zwei könnten dann FDP oder AfD kommen). Um so etwas zu verhindern, könnte sich die SPD entschließen, entgegen ihrer Ankündigung doch noch in eine Regierung zu gehen. Sie würde diesen Kursschwenk ihren Wählern als Rettung in der Not verkaufen, nachdem Jamaika-Gespräche gescheitert sind. Die SPD mal wieder als die einzige staatspolitisch zuverlässige Partei, wie schon seit 150 Jahren – das wäre die Sprachregelung für die Genossen.

Vorstellbar wäre dann eine große sozialdemokratische Koalition aus CDU (ohne CSU), Grünen und SPD. Nur für CDU und SPD (ohne CSU) würde es nicht reichen, da beide zusammen nur 353 von 709 Sitzen haben. Aber zusammen mit den Grünen, die 67 Sitze haben, würde es bequem ausreichen für das große Bündnis von CDU, SPD und Grünen. So könnte Merkel weiterregieren. Da alle drei Parteien (CDU, SPD und Grüne) befürchten müssten, bei Neuwahlen weniger Sitze als jetzt zu bekommen, könnte es sein, dass sie sich zusammentun, nachdem die Jamaika-Gespräche gescheitert sind.

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Kommentare ( 43 )

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43 Comments
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Stuber Marianne
6 Jahre her

Weder Merkel noch Seehofer verdienen noch meine Stimme. Die Konzepte der AfD gefallen mir besser. Ich schaue nach Österreich, was machen die besser? Erstens die Rentenpolitik, zweitens die Flüchtlingspolitik, das finde ich im AfD Programm und das gefällt mir. Volksbefragungungen finde ich auch gut. Alle
müssen für die Rente einzahlen, das bewährt sich auch in der Schweiz. Das Wichtigste muß sein, Merkel loszuwerden, bitte nicht hoffen ein Nachfolger aus dem Umkreis von der Bundesräte wird es richten. Dieser Block muß weg,dann wird unser krankes Land eine Chance bekommen zu heilen.

Eberhard
6 Jahre her

Und Sie meinen, wenn Merkel weg ist, dann kommt das Vertrauen der Wähler? Nein, ganz bestimmt nicht. Das Betrifft aber erst mal auch alle sogenannten Alt-Parteien. Aber zumindest hat der Einzug der AfD in den Bundestag, die inzwischen fade Einheits-Republik mal wieder so richtig durch gerüttelt. Ob man die AfD nun mag oder nicht. Aber sie hat es geschafft, das tatsächlich wieder Grundsatzopposition einziehen kann. Das die großen Unterschiede wirklich auch als solche für den Bürger wieder bemerkbar wurden. Ob sie das allerdings nun auch weiter so umsetzen wird? Manche nennen das ja jetzt schon Spaltung. Aber seit Jahren der… Mehr

Jens Frisch
6 Jahre her

„Vorstellbar wäre dann eine große sozialdemokratische Koalition aus CDU (ohne CSU), Grünen und SPD.“
Also wie in Sachsen-Anhalt, wobei ich den Namen Kenia-Koalition nicht verstehe: Da wir in „Afghanistan“ schon seit über einem Jahrzehnt im „Einsatz“ befinden, fände ich diese Landesfahne angemessener.

Katharina
6 Jahre her

100% Zustimmung! Mit „dieser Pseudodemokratie “ komme ich auch nicht klar!

Lothar Finger
6 Jahre her

…nicht, das ich ihm das nicht zutrauen würde – keine Frage!

Gruß

L.J. Finger

Wolfgang Lang
6 Jahre her

„Denn die politisch überkorrekte Kasernenaufräumerin von der Leyen ist auch nicht besser als Merkel.“ Im Gegenteil, noch schlimmer. Da kämen wir vom Gewitterregen in die Jauche.

mlw-reloaded
6 Jahre her

Schon vor über 100 Jahren wusste man, wenn Wahlen etwas ändern würden, dann wären sie verboten

mlw-reloaded
6 Jahre her

Nun, würde man sich dazu durchringen, öffentlich zu demonstrieren, stellt sich die Frage, wofür oder wogegen? Gegen die Gesamtheit der deutschen Politkaste? Gegen die deutsche Demokratie in ihrer jetzigen Form? Da erschrickt man ja selbst ob des Gedankens. Auch wenn es sich strenggenommen genau so darstellt. Das System an sich ist krank. Und – Polemik beiseite – eine gewisse Dame ist durchaus in großen Teilen dafür verantwortlich.

dietrich
6 Jahre her

Zu Kassandros
Sie haben die Amtskirchen vergessen. Insgesamt alle bestens Versorgten urteilen abseits jeder Realität. Keine Volkswirtschaft der Welt schafft das!
Wenn immer mehr das sagen und vertreten was ihren Wohlstand absegnet gibt es keine Kultur mehr! Wussten die lieben Leser, dass 13 € vom Rundfunkpflichtbetrag für Pensionen derselben herhalten müssen?

Gerhard Wruck
6 Jahre her

Ja, Kassandros, in dem unglaublichen Filz dieser verkorksten Republik liegt der Hase im Pfeffer. Davon nährt sich die Matrone Merkel.