Potsdam: Jetzt kommen die „SPD-Polizisten“

Um Kriminalität effektiv zu bekämpfen, müsste ein Umdenken in der Politik stattfinden, die Abkehr vom Besänftigen, Schönreden und Gefühlsduselei, verbunden mit kontrollierten Grenzen, damit es Straftätern unmöglich ist, nach einer Abschiebung wieder illegal einzureisen.

imago images / Jürgen Ritter

Im Artikel „Zangengeburt – Potsdamer Hauptbahnhof ein Kriminalitätsbrennpunkt“ hatte ich beleuchtet, wie die kommunale Politik, angeführt durch den von der SPD gestellten Oberbürgermeister von Potsdam, die kriminellen Realitäten am Hauptbahnhof relativierte, beschönigte, ja sogar mit zynischen Kommentaren versehen hatte. Erst eine kleine Anfrage an die Landesregierung brachte die Wahrheit ans Licht, die Kriminalität war insbesondere ab 2014/15 enorm angestiegen, alle bisherigen Maßnahmen zur Verringerung der Straftaten verliefen im Sande. „Plötzlich“ ist der Hauptbahnhof ein Kriminalitätsbrennpunkt, eine Tatsache, die jahrelang vehement abgestritten wurde.

Der Vorsitzende des Polizeibeirates, Wolfgang Geist, schrieb daraufhin zwei Leserbriefe an die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) und an die Potsdamer Neuesten Nachrichten (PNN). Diese wurden nicht veröffentlicht, der vollständige Leserbrief liegt mir vor, mit Genehmigung veröffentliche ich davon einige Auszüge:

„In einer Befragung in der Potsdamer CDU-Fraktion am 25.03. wies Schubert (SPD) die vom Innenminister (ebenfalls SPD) festgestellte Tatsache des Kriminalitätsbrennpunkts Potsdamer HBF weit von sich und verharmloste die Lage umfassend. Er spielte alle Fakten cool und lächelnd herunter. Bürger und insbesondere Bürgerinnen seien ab und zu ängstlich. Es werde zu viel aufgebauscht, auch von den Medien. „Die Zahlen geben das nicht her“, so seine zusammenfassende Bewertung. Aha. Der Anstieg allein von 72 Rohheitsdelikten (Raub, Körperverletzung, Bedrohung) im Jahr 2014 auf 209 im Jahr 2018 wurde von Herrn Schubert systematisch relativiert und die Besorgnis von Potsdamerinnen und Potsdamer verächtlich gemacht. Im Vergleich zu Frankfurt sei es am Potsdamer HBF gar nicht so wild, so der verantwortliche OB. (…) … er wurde bei der Befragung durch seine Leiterin des Ordnungsamtes, Frau Kluge, auf dieser Linie (selbstverständlich) assistiert. Auf Nachfrage zu der hohen Zahl an Fahrraddiebstählen am Potsdamer HBF meinte sie: „Wenn die Angebotspalette dort so groß ist, dann muss man sich nicht wundern, wenn häufig zugegriffen wird.“ Lächelnd und amüsiert kommentierte Schubert diese Aussage. Echt cool. Die Angelegenheit ist ja auch so richtig lustig…
Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes will Schubert übrigens auch weiterhin nachts nicht „raus schicken“. Das sei zu gefährlich. Aha… Da müssen die Bürgerinnen und Bürger eben selbst schauen, wie sie sicher durchkommen?
Die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung ist eine grundlegende Aufgabe der Verwaltung, insbesondere des Leitenden der Verwaltung. Der Innenminister Brandenburgs (SPD) hat in seinem Eckpunktepapier „Kommunale Kriminalprävention (KKP) im Land Brandenburg“ vom 01.06.2017 ausdrücklich von „Bürgermeisterpflicht“ gesprochen. Schubert (ebenfalls SPD) interessiert dies wenig. Desinteresse und Unwillen fördern Inkompetenz und Versagen. Schubert kann diese Aufgabe und die Verantwortung weiter vernachlässigen, aber nicht weglächeln.“

Da ich selbst bei der o.g. Veranstaltung im Rathaus zu großen Teilen mit dabei war, kann ich die hier geschilderte Wahrnehmung vollumfänglich bestätigen. Mein Entsetzen über die vorgefundene Inkompetenz der Verantwortlichen war derartig groß, dass ich nach ca. einer Stunde die Veranstaltung vorzeitig verließ.

Ein „SPD-Polizist“ greift ein

Zum Leserbrief: Die MAZ reagierte erwartungsgemäß gar nicht, die PNN selektierte daraus ca. zweieinhalb Sätze. Was nun folgt, ist nicht nur für Potsdam typisch. Der OB bringt seine Soldaten in Stellung. Da hätten wir einmal einen (wörtlich) „SPD-Polizisten“ und eine Zeitung. Die PNN berichtet mit großen Buchstaben: „SPD-Polizist weist Kritik an Schubert zurück“. Gemeint ist konkret die Kritik des Vorsitzenden des Polizeibeirates. Ich habe keine Ahnung, was ein „SPD-Polizist“ ist, ob er die SPD bewacht wie einst die Landespolizei die Bundespolizei („Polizei bewacht Polizei: Lachnummer wird ein Jahr alt“) oder ob er seinem OB nur nach dem Mund redet. Potsdam ist ja irgendwie etwas anders, hier rufen besorgte Bürger sogar die Polizei, wenn eine Marschformation der Bundeswehr zwar unbewaffnet aber mit Fahne und deutschem Liedgut durch Potsdam marschiert. Dafür ist die Polizei sogar Mitglied in einem politischen Bündnis, das dürfte einmalig sein.

Zangengeburt
Potsdamer Hauptbahnhof ein Kriminalitätsbrennpunkt
Der eifrige „SPD-Polizist“, der bei der zu kritisierenden Veranstaltung nicht dabei war, schreitet sogleich zur Tat: „Er verwies darauf, dass OB Schubert etwa kürzlich eine Sicherheitskonferenz zum Thema einberufen habe. Anschließend hatte der Rathaus-Chef diverse Maßnahmen verkündet. Durch mehr Polizeipräsenz soll etwa das Sicherheitsgefühl vor Ort verstärkt werden.“ Um was es sich für Maßnahmen konkret handelt, nennt der treue Parteisoldat nicht, außer dass man nunmehr die „Gefühle“ der Menschen verbessern will. Ich kenne die „neuen“ Maßnahmen, alter Wein in neuen Schläuchen. (PDF rechts öffnen, Antwort der Landesregierung auf Frage 11). Es wäre aus meiner Sicht sachbezogener, die Kriminalität vor Ort maßgeblich zu senken und sich weniger um die privaten „Gefühle“ der Mitbürger zu kümmern, die dem Staat nichts angehen.

Aktionismus und Bewegung sind alles, das Ergebnis zählt nicht, so könnte man die vorherigen Initiativen zur Kriminalitätssenkung am Hauptbahnhof bezeichnen. Nun haben wir noch eine „Maßnahme“ mehr auf dem Papier, um das Problem zu „lösen“. Auch diese Initiative wird im Nirwana der Beliebigkeit verpuffen, wenn das mediale Interesse vor den Kommunalwahlen im Mai verklungen ist. Solche und ähnliche „Gespräche“ hatte bereits die Landesregierung in ihrem Antwortschreiben zum betreffenden Kriminalitätsbrennpunkt an die zwei Abgeordnete des Landtages, Björn Lakenmacher und Steven Bretz, aufgelistet. Nur gefruchtet hatten sie nicht, denn die Kriminalitätszahlen blieben unvermittelt hoch. Ein Papiertiger mehr.

Um Kriminalität tatsächlich effektiv zu bekämpfen, müssten festgestellte in- und ausländische Straftäter zeitnah und konsequent abgeurteilt werden. Bei der heruntergesparten Brandenburger Justiz, die auch Mörder, Sexualverbrecher, Brandstifter und Schläger wegen „Zeitüberschreitung“ aus der Untersuchungshaft entlassen muss, eine absolute Illusion. Am Ende geht nichts über mehr Sicherheitspersonal vor Ort, die Polizei kann diese Maßnahme nicht abdecken, ohne anderswo empfindliche Löcher zu reißen. „Danke“ noch einmal für den völlig verantwortungslosen Stellenabbau! Um Kriminalität effektiv zu bekämpfen, müsste auch ein Umdenken in der Politik stattfinden, die Abkehr vom Besänftigen, Schönreden und Gefühlsduselei, verbunden mit kontrollierten Grenzen, damit es Straftätern unmöglich ist, nach eine Abschiebung wieder illegal einzureisen.

Für ausländische und einheimischen Täter gilt:

Jedes antisoziale Verhalten muss zeitnah und konsequent geahndet werden. Es erschüttert das Vertrauen der Bevölkerung in einem gefährlichen Maß, wenn kalte Täter in der Anonymität verschwinden und sich hinter angeblichen psychischen Erkrankungen oder Drogenmissbrauch feige verstecken können. Zudem besteht bei vielen Tätern die Gefahr, dass sie in immer kürzeren Abständen immer tatintensivere Verbrechen begehen, da eine inkonsequente Strafverfolgung als stärkend empfunden wird.

Das wäre tatsächlich konsequent und effektiv.

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Kommentare ( 41 )

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Ralf Poehling
4 Jahre her

Beamte haben während der Ausführung ihres Dienstes politisch neutral zu agieren. Ein „SPD-Polizist“, der die politischen Entscheidungen seines Herren mittels medienwirksamer Propaganda unterstützt, verletzt dieses Gebot.
Normalerweise wäre das ein Fall für ein Disziplinarverfahren.

Zum letzten Absatz des Artikel: Exakt. Der Staat scheint derzeit nur wenig Interesse daran zu haben, Straftaten so zu ahnden, das eine abschreckende Wirkung eintritt. Woran, oder vielmehr an wem das wohl liegen mag…

jboese2
4 Jahre her

Potsdam ist eine Art Billigversion von Bsrlin, da sollte man nicht zuviel erwarten.

Johann Thiel
4 Jahre her

„Jedes antisoziale Verhalten“,
ist für mich schon PC-gerechte Sprache.
Jedes asoziale Verhalten, ist die richtige Benennung dessen, worüber wir hier sprechen, nichts anderes.

jeeves
4 Jahre her

Wieso machen die Verantwortlichen das (oder: nix)?
Sind die blind und taub? Krieden die nix mit? Wohnen die ganz woanders?
Ist Ideologie (natürlich „die momentan richtige“) alles, was die draufhaben?
Leute, wieso wählt Ihr diese … ?

bfwied
4 Jahre her

Man kann schon froh sein, wenn das so gewaltlos abläuft. Ich wies einmal zwei solche Einwanderer im Drogeriemarkt zurecht, weil sie reihenweise Tiegel aufmachten und probierten, dann zurückstellten – auf die Verpackung. Sie waren sich keiner SChuld bewusst und wurden aggressiv.

Riffelblech
4 Jahre her

So ein “ rechtstreuer“ und ja offensichtlich auch mutiger OB von Potsdam ist sich aber zu fein ,nachts um 030 Uhr mal mit seiner Frau eine Stunde Potsdam Hauptbahnhof zu erleben . Freilich ohne Bodygards ,ohne Schutz ,wie eben tausende Andere auch . So sind sie eben ,diese Politdummies , frech und zynisch wenns ums Volk geht ,kriecherisch zum Erbrechen ,wenn sie ihre dusseligen “ Geschenke“ zur Wahl verteilen und uninteressiert bis auf die Knochen ,wenn die Wahl vorbei ist .Aber Hanni und Nanni wählen diese Versager . Wer ist nun dusseliger ?

Lotus
4 Jahre her

Der Artikel schildert beispielhaft, warum meine Hoffnung auf Besserung mittlerweile gegen Null geht. Die Verantwortlichen in der Politik und auch in den meinungsbestimmenden Medien kennen die Realität und die sich aus ihr ergebenden Tatsachen. Statt zu handeln, wird beschwichtigt, abgewiegelt, relativiert und schöngeredet. Es sei denn, es geht um Migranten oder den Kampf „gegen rechts“. Dann wird man aktiv, dann ist Personal und Geld immer und reichlich vorhanden. Die einheimische Bevölkerung ist das Zahlvieh, das zusehen kann, wie es klarkommt, z. B. an Orten wie dem Potsdamer Hauptbahnhof. Und solche Orte gibt es in Deutschland seit Herbst 2015 in steigender… Mehr

Teufelskralle
4 Jahre her

§ 258
Strafvereitelung
(1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemäß wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhängten Strafe oder Maßnahme ganz oder zum Teil vereitelt.

kuester
4 Jahre her

Da muss ich Ihnen unbedingt beipflichten! „Einer flog über´s Kuckucksnest!“
Das ist der „Wahnsinn der Normalität!“ Ein Gruselkabinett an Inkompetenz und Ignoranz.

kuester
4 Jahre her

Es ist in der Tat unsäglich, wie sich die „Classe- Politique“ auch noch über die inflationäre Kriminalität normalen Bürgern gegenüber lustig macht. Man hat ja gut lachen, wenn man sich in gut geschützten sozialen Räumen bewegen kann. Ich muss immerzu an das ebenso unsägliche Zitat der Frau Göring-Eckardt aus dem Jahre 2015 denken:“Die Flüchtlinge werden Deutschland zum positiven verändern, ich freue mich darauf.“ Sehr gerne würde ich Frau Göring-Eckardt einmal vorführen, wie sich hingegen für den indigenen Herkunftsdeutschen ebendiese Veränderung anfühlt. Ich wohne in Charlottenburg. Auch hier ist deutlich sichtbar, wie ein einstmals friedliches Wohnumfeld zusehends „neuköllnisiert“ und arabisiert wird.… Mehr

bfwied
4 Jahre her
Antworten an  kuester

Wenn sich Politiker nicht um die Belange der Bürger kümmern, d. h. um die eigene Gesellschaft, der sie gemäß Grundgesetz und schlichtem Anstand verantwortlich sind, dann zerfasert zwangsläufig jede Gesellschaft in die Unverbindlichkeit. Der Staat schafft sich somit mittelfristig ab. Wenn man als Bürger dieses Staates sieht, dass Neuankömmlinge ohne Berechtigung, ohne jemals etwas für diese Gesellschaft getan zu haben und auch nichts tun – s. verbreitetes Sprach- und Schulungsversagen -, vollumfänglich alimentiert und nahezu konsequenzlos im Informellen Sektor ihr Unwesen treiben und ihre Alimentierenden terrorisieren dürfen, dann wird in kurzer Zeit die Gesellschaft in kleine Gruppen zerfallen, die sich… Mehr