Offener Brief an die deutschen Autobauer

Nachdem er am Wochenende wieder hörte, wie Merkel und Schulz sich in wüsten Beschimpfungen der Vorstände deutscher Autofirmen überboten, schrieb Rainer Zitelmann spontan einen offenen Brief.

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Nachdem ich am Wochenende wieder hörte, wie Merkel und Schulz sich in wüsten Beschimpfungen der Vorstände deutscher Autofirmen überboten, schrieb ich spontan:

Liebe Vorstände der deutschen Automobilindustrie,

liebe Ingenieure, Arbeiter und Angestellten,

ich finde, wir können stolz sein auf die Leistungen der deutschen Automobilindustrie, die – zusammen mit den Japanern – führend in der Welt ist. Andere Länder, so die USA, Frankreich oder Italien, beneiden uns um diese Industrie, die in Jahrzehnten immer wieder führend in der Produktinnovation war. Ihr habt Marken kreiert, die weltweit führend sind und für Qualität stehen. Und ihr habt einen entscheidenden Anteil am Wohlstand unseres Landes. Warum sagt das niemand mehr laut?

Ich schäme mich als Bürger dieses Landes, wenn ich jeden Tag aus dem Munde führender Politiker Worte voller Verachtung, Herablassung und Arroganz über die deutschen Autobauer hören muss. Angeblich sind Sie alle verschlafen, haben nicht die geringste Ahnung von Produktinnovation, sind zudem gierig und unfähig, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Politiker, die noch keinen Tag in ihrem Leben in der Wirtschaft gearbeitet haben, maßen sich an, alles besser zu wissen. Das geht mir gegen den Strich.

In der gegenwärtigen Debatte werden ganz verschiedene Themen miteinander vermengt, die nichts miteinander zu tun haben, nämlich die Manipulationen bei Abgastests und die Frage, ob die Produktpolitik der Unternehmen richtig ist.

Ja, ihr habt Fehler gemacht, seid zurecht dafür kritisiert worden und müsst Milliarden-Strafen dafür zahlen. Es war nicht richtig, eilfertig der Politik bei der Festlegung immer niedrigerer Grenzwerte zuzustimmen und diese dann durch betrügerische Manipulationen zu unterschreiten. Insgesamt ist eure Bilanz jedoch wesentlich besser als die der derzeit regierenden Politiker, denen ich zurufen möchte: Was siehst du aber den Splitter in deines Bruders Auge, und wirst nicht gewahr des Balkens in deinem Auge?  

Die Verkaufszahlen zeigen, dass die Behauptung führender Politiker nicht wahr ist, dass das Vertrauen in die deutsche Automobilindustrie zutiefst erschüttert sei. Millionen Deutsche, Chinesen, Amerikaner und Menschen auf der ganzen Welt lieben deutsche Autos und kaufen sie nach wie vor. Wir sollten vorsichtig sein, das gute Image nicht mutwillig zu zerstören.

Wenn ich die Wahl habe, ob ich Politikern oder Vorständen der Automobilindustrie in ihren strategischen Überlegungen zur Produktpolitik vertrauen soll, dann brauche ich keine Sekunde zu überlegen: Mir wäre es Angst und Bange um die Zukunft unseres Landes, wenn künftig Politiker die Produktpolitik von Unternehmen bestimmen, wie das jetzt diskutiert wird. Ich weiß, dass viele Bürger so denken wie ich.

Mit herzlichen Grüßen

Dr. Dr. Rainer Zitelmann

PS: Ich möchte ergänzen, dass ich mit keinem Automobilunternehmen in irgendeiner wirtschaftlichen oder persönlichen Beziehung stehe. Ich schreibe als besorgter Bürger.

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Kommentare ( 16 )

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16 Comments
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Martin
6 Jahre her

Der technische Stand ist eben nicht immer identisch (sonst käme ja gleich der Verdacht von Kartellen auf). Unterschiedliche Hersteller haben unterschiedliche historisch gewachsene Konzepte im Detail, auch unterschiedliche Entwicklungsstände. Ein Jahr Unterschied in der Reife einer Entwicklung kann nun mal bei Stichtagsregeln über hopp oder topp entscheiden. ‚Etliche‘ Jahre kann dann eben mal nicht reichen. Armutszeugnis? Welche Denkweise? Wenn Sie unter dem Messer liegen, der Arzt an der Grenze seiner Kunst arbeitet und es geht schief, dann stellen Sie ihm als Zeichen Ihres Missfallens ein Armutszeugnis aus. Wohl mit Unterschrift und Siegel:-)

Sören Hader
6 Jahre her

„Das Umweltbundesamt (UBA) war schon 2003 informiert, daß eine Senkung von CO² nach den Gesetzen der Physik NOX erhöht.“

Sie argumentieren an der Realität vorbei. Die Praxis hat es gezeigt, es gibt Autos, die sowohl CO2 als auch NOx weniger ausstoßen als der Durchschnitt. Es sind vor allem die verbrauchsarmen Motoren.

Sören Hader
6 Jahre her

„Ich meine den Satz so zu verstehen, dass man diesen Grenzwerten nicht hätte zustimmen sollen, – wenn man nicht bereit war/ist, diese wirklich einzuhalten.“ Okay, so kann man den Satz auch verstehen. Man hat zugestimmt und trotzdem betrogen. „Ich vermute (!), dass die Autoindustrie sich gedacht hat, – wieso – es schummeln doch in dem Bereich eh alle, dann machen wir das halt auch – ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass das Aufdecken dieser Täuschungen, – bewusst zur Schädigung der deutschen Autoindustrie verwendet werden würde/wird“ Ja, ich befürchte mittlerweile auch, dass die Obersten in der Autoindustrie so kurzsichtig… Mehr

Sören Hader
6 Jahre her

Mal schauen, wie viele das auch in Zukunft sagen werden.

Sören Hader
6 Jahre her

„…statt gemeinsam aufzustehen und mal in aller Öffentlichkeit Klartext zu sprechen?“

Der da wäre?

„Es spricht überhaupt nichts gegen technischen Fortschritt und einer evtl. in der Zukunft erfolgenden Ablösung des Verbrennungsmotors durch bspw. E-Motoren. Aktuell stellt sich diese Frage aber überhaupt nicht ernsthaft, weil diese Technologie bei weitem noch nicht an die Effizienz und Massentauglichkeit der Verbrennungsmotoren heranreicht.“

Darum geht es doch, die Entwicklung des E-Autos soweit voranzubringen, dass es massentauglich wird. Wenn das E-Autos von anderen Firmen weiterentwickelt wird und die die Marktanteile halten, dann ist es zu spät.

Sören Hader
6 Jahre her

In keiner. Muss ich etwa? Erklären Sie doch in Ruhe, warum es kompletter Blödsinn sein soll?

3Affen
6 Jahre her

Ihre Anmerkung:
„Wenn ich die Wahl habe, ob ich Politikern oder Vorständen der Automobilindustrie in ihren strategischen Überlegungen zur Produktpolitik vertrauen soll, dann brauche ich keine Sekunde zu überlegen:“
Ich für meine Person traue keiner der beider Spezies – und besonders den Politikern der EU mit ihren verlogenen Werten..nicht.

Mick Donner
6 Jahre her

Gestern im ZDF durfte Schultz wieder über die „Millionärs-Manager“ hetzen, die angeblich Innovationen verpennt hätten. Als ob die nicht alle ein E- oder Hybrid-Auto im Angebot hätten. Wo sind da die Antworten von VDA oder ADAC? Warum lässt man dieses Bashing zu?

Man will uns das Auto madig machen und nehmen, weil es Unabhängigkeit und Freiheit verkörpert. Autofahren wird zum Luxusgut erhoben werden und damit das dann mit den E-Reichweite auch klappt, kommt nach der Wahl das Tempolimit auf unseren Autobahnen. Wetten?

kicknrush
6 Jahre her

Kennzeichen des braunen Sozialismus war, zuerst die Menschen gleichzuschalten dann die Produktionsmittel. Der rote ging umgekehrt vor. Wessen wir Zeitzeuge werden, hat in der Gesamtheit seiner verheerenden Einzelvorgänge, kein Beispiel in der Geschichte der Menschheit. Das ist das Pfund, mit dem die Machthaber hantieren. Es ist einfach zu monströs, als daß die Mehrheit der Heutigen sich das eingestehen kann oder will. Wie so oft, steht hinter dem Monströsen nichts als das Banale. Kleingeistige, erratische Machthaber, nur sich selbst im Blick, haben sich den ‚Zeitgeist‘ nutzbar gemacht, vom diametral gewendeten Rassismusbegriff geleitet. Dazu gehört das Schleifen der Auto Industrie und ihrer… Mehr

UngebetenerGast
6 Jahre her

Was ich nicht verstehe ist, dass sich der stärkste deutsche Industriezweig von einem Häuflein Politikeramateure am Nasenring durch die Manege führen lässt. Das lief doch früher mal anders herum.

FFdabei
6 Jahre her
Antworten an  UngebetenerGast

Ich möchte mich Ihrer Meinung anschliessen und hinzufügen, das jene Person in Berlin, die das Kanzleramt inne hat und mir seid geraumer Zeit Übelkeit und zu hohen Blutdruck beschert, sich vor noch nicht allzu langer Zeit im Lichte des Sterns, der vier Ringe, des blau-weissen Propellers und auch des VW Logos gesonnt hat und deren Leistungen technischer und innovativer Natur überschwänglich feierte.
Haben diese Schwergewichte nicht die Kraft und den Mut, sich und uns dieser Person zu entledigen respektive kalt zu stellen? Das verstehe ich beim besten Willen nicht. Die Treuhand 2.0 treibt ihr böses Spiel im Lande.