Neuwahlen sind das kleinste Übel

Neuwahlen sind unausweichlich, nachdem sich die SPD verweigert hat. Denn eine Jamaika-Koalition ist politisch unmöglich und wäre Selbstmord für die FDP.

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Wer sich über den Wahlerfolg der AfD aufregt, sollte sich über Merkel aufregen, denn sie hat die AfD gemacht. Merkel müsste eigentlich nach dieser Wahlkatastrophe zurücktreten. Das wird sie aber nicht. Sie will regieren um jeden Preis. Macht um der Macht willen war schon immer ihr Konzept. Wie geht es weiter? Es wird nichts an Neuwahlen vorbeiführen. Die SPD hat sich eindeutig festgelegt und will in die Opposition. Aus ihrer Sicht ist das nachvollziehbar. Damit kann die FDP jedoch nicht automatisch gezwungen werden, mit den Grünen und Merkel zusammenzugehen.

Keine dritte Chance für die FDP

Die FDP ist das letzte Mal aus dem Bundestag geflogen, weil sie vorher die Backen aufgeblasen und dann nicht geliefert, sondern ihre Wähler maßlos enttäuscht hat. Jetzt haben die Wähler ihr eine zweite Chance gegeben. Eine dritte Chance wird es nicht geben. Wenn die FDP wiederum ihre Grundsätze verrät, ist das das Ende der Partei. Ich denke, dass Christian Lindner das weiß.

Unüberwindbare Gegensätze

Die Gegensätze zwischen Grünen und FDP sind unüberwindbar. Die Grünen sind das genaue Gegenteil der FDP. Und das Problem ist noch größer, weil Merkel selbst eine Grüne ist. Hier Beispiele für die unüberbrückbaren Gegensätze:

  • Merkel hat vor, zusammen mit Frankreich die EU weiter in Richtung Transferunion umzubauen. Verstärkt sollen die Deutschen die Südländer finanzieren. Die sinnlose „Griechenland-Rettung“ soll fortgeführt werden und auch nach Italien soll Geld fließen, wenn es gebraucht wird. Vor den Wahlen hat sie das natürlich verschwiegen. Die Grünen vertreten ähnliche Positionen. Die FDP vertritt eine genau konträre Position. Das passt nicht.
  • Merkel hat zuletzt immer wieder beteuert, dass das, was sie 2015 gemacht hat (grenzenlose Willkommenskultur), richtig war. Die Grünen sehen das ohnehin so. Viele Wähler haben die FDP genau deshalb gewählt, weil sie sich über Monate sehr dezidiert gegen diese Politik der grenzenlosen Willkommenskultur gewandt hat. Die Positionen von CSU und FDP in der Flüchtlings- und Einwanderungspolitik passen ganz und gar nicht zu den Positionen von Merkel und den Grünen.
  • Merkel und die Grünen wollen nach der vermurksten Energiewende nun die „Mobilitätswende“. Gemeint ist, dass nach der planwirtschaftlichen Umgestaltung der Energiewirtschaft auch die Automobilwirtschaft planwirtschaftlich umgestaltet werden soll: Mit Quoten für Elektroautos und einem Enddatum für den Verbrennungsmotor. Die FDP setzt auf Marktwirtschaft – auch hier sind die Positionen unvereinbar.
  • Steuer- und Wirtschaftspolitik: Die Grünen sind für weitere Umverteilung, die FDP ist für mehr Marktwirtschaft. Auch hier sind die Positionen unvereinbar. Die Grünen wollen eine „Bürgerversicherung“, also eine Zwangsversicherung auch für Selbstständige. Die FDP lehnt das strikt ab. Die FDP will die Mietpreisbremse komplett abschaffen, die Grünen wollen sie massiv verschärfen.
Neuwahlen

Da die FDP nicht mit den Grünen zusammengehen kann und die SPD nicht mitregieren will, bleiben nur Neuwahlen. Natürlich ist das nicht ideal. Zumal niemand weiß, ob dann etwas anderes dabei herauskommt. Es könnte durchaus sein, dass man danach vor dem gleichen Ergebnis steht. Es könnte auch sein, dass die AfD weiter zulegt. Aber wenn klar ist, dass es zwischen FDP und Grünen nicht klappt, müsste die SPD nach Neuwahlen vielleicht doch heraus aus ihrer Verweigerungshaltung und würde in eine Koalition mit der Union gezwungen.

Im besten (wenngleich unwahrscheinlichen) Fall würde es nach Neuwahlen für Schwarz-Gelb reichen. Auch das wäre sehr schwierig. Und Schwarz-Gelb würde (falls es rechnerisch nach Neuwahlen überhaupt ginge) nur dann funktionieren, wenn sich FDP und CSU ganz eng zusammentun, um Merkel einzuhegen. FDP und CSU müssten Vorsorge treffen, dass Merkel in Krisensituationen nicht wieder unberechenbare, emotional gesteuerte Alleingänge unternimmt. Das wäre schwierig genug. Ohne die Grünen gäbe es dafür vielleicht eine Chance, wenn CSU und FDP verstehen, dass sie zusammenhalten müssen.

Aber zusammen mit den Grünen funktioniert das nicht. Natürlich werden Grüne, FDP und Union jetzt Gespräche führen müssen. Aber diese Gespräche werden scheitern.

Hätte die CDU genug mutige Männer und Frauen, dann würde sie nach einem Scheitern dieser Gespräche Merkel abwählen und mit Schäuble in Neuwahlen gehen. Das würde die AfD schwächen und dann könnte es für Schwarz-Gelb vielleicht reichen. Aber ich denke nicht, dass sich genügend Mutige in der Union finden, um Merkel zu stürzen. Merkel klebt an der Macht um der Macht willen. Das unterscheidet sie von Politikern wie Helmut Schmidt oder Gerhard Schröder, für die Grundsätze wichtiger waren als der Machterhalt.

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Kommentare ( 85 )

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Jörg Müller
6 Jahre her

sozialistischer Kommunismus ?
So was soll das denn sein ?
Es gibt den Sozialismus (kann man als Vorstufe zum Kommunismus sehen) und den Kommunismus (leider unerreichbar aufgrund der Gier der Menschen)

Wasgehtnoch
6 Jahre her

Natürlich haben Sie – logisch gedacht – recht. Allerdings haben wir seit 2015 und auch schon vorher keine logische Regierung mehr. Merkel hat sich längst für grün-links entschieden, und ‚ihre‘ Partei inkl. CSU hat in der Vergangenheit nichts dagegen getan. SPD, Grüne und Linke selbstredend auch nicht. FDP will Macht – ergo: nichts. Egal was also an Koalition rauskommt, die Mehrheit ist sich bei den Zielen einig (Migration, Umwelt, Europapolitik). Man könnte das leicht rausfinden. Wenn die FDP abspringt, und meinetwegen auch die CSU, und dann auf einmal eine CDU/SPD/Grüne Koalition ins Spiel kommt, dann passt es wieder. Sie merken,… Mehr

Liberalski
6 Jahre her

Die 4 Punkte der FDP sind richtig, trotzdem sind Kompromisse möglich: 1. Europa: Keine Transferunion, aber man kann den Franzosen entgegenkommen mit enger europäischer Militärkooperation. Wenn die FDP hier ein Zugeständnis macht ist sie Geschichte. 2. Zuwanderung: Einwanderungsgesetz welches hochqualifizierte Menschen, die sich positiv einbringen wollen reinlässt und gleichzeitig härter die Grenzen für Flüchtlinge schließen und keine Einwanderung in Sozialsysteme. Das könnten dann Grüne, FDP und CSU jeweils als Teilerfolg verkaufen. 3. Mobilitätswende: Da wird die Aufregung nicht zu groß sein, wenn man ab 2050 keine Verbrennungsmotorautos mehr in Deutschland kaufen darf. Wird der FDP nicht das Genick brechen. 4.… Mehr

Pe Wi
6 Jahre her

Grüße zurück, bei uns im Wahllokal im engeren Wohnviertel hat die AfD das Rennen bei 1. und 2. Stimme gemacht. Im ganzen Wahlbezirk ist sehr viel Rot dabei, weil dazu auch der Antifa-Bezirk gehört. Übrigens, finde ich die Gnade der frühen Geburt äußerst beruhigend.

F. Hoffmann
6 Jahre her

Ich finde das Wahlergebnis prima. Es zwingt alle Parteien die Hosen runter zu lassen. Bei Jamaika wird man sehen, wie weit die beteiligten 4 Parteien von ihren teils sehr gegensätzlichen Positionen abrücken werden. Bei der SPD, wie sie sich von der gemeinsam mit Merkel verantworteten Politik absetzen wollen und das von Ihnen sträflich ignorierte Thema Zuwanderung angehen werden. Bei der AfD, ob sie es schafft als bürgerliche konstruktive Opposition aufzutreten und ob Petry ihre nächste Spaltung gelingt. Sehr spannend!

MrPourlemerite .
6 Jahre her

Dass sie gerade Schäuble als Merkel Nachfolger vorschlagen ist gelinde gesagt grotesk.

Die CDU würde jemanden wie Kurz in Österreich brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen.

Und ja, die EU würde dabei auf der Strecke bleiben.

Was ja gar nicht schlecht wäre…..

Siegfried Motzer
6 Jahre her

Jamaika wäre der falsche Ansatz. Die Wähler haben wegen der bürgerfernen Flüchtlingspolitik die große Koalition abgewählt. Die Wähler sind zur AfD, aber auch zu den Grünen und zur FDP gewechselt. Eine Jamaika-Koalition würde diese falsche, bürgerferne Flüchtlingspolitik fortsetzen.

mmüller
6 Jahre her

Sollten weitere Mitglieder der AfD-Fraktion Frauke Petry in hinreichender Anzahl folgen, böte sich die Möglichkeit einer Koalition aus Union, FDP und „Petry-Fraktion“.
Höre ich die Nachtigall trappsen?

Coder
6 Jahre her

Wie sähe die Schwampel wohl aus? Die Grünen setzen die politischen Inhalte, die FDP ist der Watschenaugust für die Medien, die CSU wird ignoriert, der CDU ist eh‘ schon alles Wurscht und Merkel wird über den Dingen schweben so als hätte nichts damit zu tun und würde damit durchkommen. Wahrscheinlicher: Schulz wird ab(ge)treten und die SPD wird wieder in eine GroKo gehen (Verantwortung für das Land und so). Die SPD wird wieder die Inhalte setzen (Gender, Zensur, Planwirtschaft, etc.), die CSU wird ignoriert, der CDU ist eh‘ schon alles Wurscht und Merkel wird über den Dingen schweben so als hätte… Mehr

Siegfried Motzer
6 Jahre her

Es wird schwierig. Keiner will jetzt mit Merkel und der Schwarze Peter wird herumgeschoben. Vielleicht sollte Merkel ihren Posten freimachen. Denn Selbst wenn man sich zusammenrauft werden keine gemeinsamen Themen mehr übrig bleiben die Deutschland noch voranbringen könnten.