Friedrich Merz macht die CDU noch anschlussfähiger für die Grünen

Friedrich Merz hat sich als CDU-Vorsitzender zum ersten Mal eingesetzt und durchgesetzt für ein Thema: Es ist ausgerechnet eins, das die CDU an die Grünen heranführt: eine Frauenquote. Inklusive aller unlogischer Brüche.

IMAGO / Political-Moments

Friedrich Merz ist ein Produkt der deutschen Politlandschaft: Seine Versprechen sind bedingt zuverlässig und seine Kompromisse mitunter faul. So hat Merz sich selbst der Partei einst als Nachfolger von Angela Merkel und Annegret Kramp-Karrenbauer angebiedert, indem er eine Frau auf dem Posten des Generalsekretärs versprochen hat. Geworden ist es Mario Czaja.

Soweit das gebrochene Versprechen, jetzt der faule Kompromiss: Die CDU schafft eine neue Stelle, die der „Stellvertretenden Generalsekretärin“. Dafür musste die Partei eigens ihre Satzung ändern. Die Wahl fiel dann auf Christina Stumpp aus Baden-Württemberg. Die 34-Jährige ist Bauerntochter und hat in der Verwaltung gearbeitet, sagt aber auch Politikersätze wie: „Unsere CDU lebt vom Miteinander“ oder „Wir meinen es ernst mit der Erneuerung“.

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„Erneuerung“ ist einer von den Begriffen, die begehrt sind auf dem CDU-Parteitag in Hannover. Sie sind begehrt, weil sie „grün“ meinen; jeder Delegierte auch weiß, das „grün“ gemeint ist, aber keiner „grün“ aussprechen muss. Im Bemühen um „Erneuerung“ hat Malu Dreyer als Vizevorsitzende einst gemeint, die SPD müsse „jünger, linker, weiblicher“ werden. Stumpp fordert jetzt, die CDU müsse „jünger, moderner, weiblicher“ werden. „Modern“ – auch so ein Ersatzwort für „grün“, nur unverbindlicher.

Merz hat Stumpp vorgeschlagen. Sie ist der einzige Kandidat für die Stelle, die geschaffen wurde, damit „in“ hintendran steht. Trotzdem erhält die Mutter und Bundestagsabgeordnete ein überschaubar gutes Ergebnis: 740 von 826 Stimmen, 89,5 Prozent. 175 der insgesamt 1.001 Delegierten haben das Amt keines Votums wert gefunden. Lau. Lauer ist an dem ersten Abend des Parteitags nur der pflichtschuldige Applaus für Czaja, der die eigentliche Stelle des Generalsekretärs bekommen hat – ohne stellvertretend und ohne „in“ hintendran.

Czaja wirkt wie die klischeebeladene Karikatur eines Verwaltungsbeamten. Dass auch er Politikersätze sagt wie: „Wir müssen uns ehrlich machen“? Geschenkt. Aber dass er die Kerndiskussion des Abends ankündigt als „fast eine Nichtigkeit“ zeugt von dem Gespür, das ihn zu dem farblosen Generalsekretär macht, den kaum einer kennt und der sein öffentliches Lob von der Konkurrenz erhält – etwa von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

Dabei ist die Diskussion um die Frauenquote dann gut. Spannend. So spannend, dass ein Antrag zur Geschäftsordnung keine Mehrheit findet, die Diskussion vorzeitig zu beenden. 34 Redner haben sich gemeldet. Darunter nur vier Männer. Die Frauen bestimmen die Diskussion und das tut ihr gut. Männer wie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst liefern Beiträge wie den Wüsts, dass er für die Frauenquote sei, weil er seine Mutter gut fand.

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Die Befürworterinnen der Quote argumentieren, dass die Spitzenämter der CDU nur zu einem Fünftel oder weniger mit Frauen besetzt seien. Die Gegnerinnen sagen, dass sie keine Quotenfrauen seien und für ihre Leistung anerkannt werden wollen – aber nicht für ihr Geschlecht. Interessant ist ein Punkt, auf den sich beide Seiten einigen können: Die ehrenamtliche Arbeit für die Partei müsse familienfreundlicher werden. Das heißt weniger Sitzungen – und dafür planbare Sitzungen. Welche, die straff geführt sind und nicht nach hinten endlos ausufern.

Trotz dieser angenehmen Diskussionen, auf welche die Frauen in der CDU durchaus stolz sein können, sind es am Ende die Männer, die die Debatte entscheiden. Zum einen der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Daniel Günther. Der bewirbt die Frauenquote damit, dass Friedrich Merz dafür sei. Mitnichten hat Günther seinen Frieden mit Merz gemacht, aber der grün-woke Inhalt verbunden mit den Restfans des Merz unter den Konservativen ergeben zusammen eine Mehrheit – und darum geht es in der Politik. Wer Mehrheiten organisieren will, dem dürfen Stolz und Redlichkeit nicht zu sehr im Weg stehen.

A propos Merz: Im Vorfeld stellt ein Kreisverband den Antrag, dass die Debatte verschoben und per Mitgliederbefragung entschieden wird. Das bügelt Merz ab: Man habe jetzt drei Jahre diskutiert, sodass man das Thema jetzt nicht in eine Mitgliederbefragung abschieben wolle: „Es gibt kein anderes Gremium als den Bundesparteitag.“ Das ist zum einen lustig. Denn genauso ist Merz CDU-Vorsitzender geworden. Drei Jahre lang hat Merkel ihn mit Zählkandidaten wie Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet auf Parteitagen verhindert. Das geht, weil die Parteitage von Berufspolitikern dominiert werden. Erst eine Mitgliederbefragung machte ihn vom konservativen CDU-Rebellen zum CDU-Vorsitzenden.

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Zum anderen zeigt die Anekdote, wie restlos Merz sich von der Rolle des konservativen CDU-Rebellen gehäutet hat. Jetzt organisiert er zusammen mit Günther Mehrheiten aus grün-woken Apparatschiks und Rest-Konservativen. Stolz oder Redlichkeit stehen ihm dabei ebenso wenig im Weg. 559 Ja-Stimmen für die Frauenquote sind das Ergebnis. Sie kommt also. Und sie macht die CDU noch anschlussfähiger an die Grünen, als sie es ohnehin schon ist.

Die Quote ist denn auch so ideounlogisch, wie Grünen ihre Regeln mögen: Ziel ist es, dass 50 Prozent der Führungspositionen von Frauen belegt werden. Die machen zurzeit 26 Prozent der Mitgliedschaft aus. Deswegen kommt die Quote stufenweise und steht unter dem Vorbehalt erst einmal nur für fünf Jahre zu gelten. Wenn sich die 26 Prozent Frauen, auf die 50 Prozent Plätze bewerben, aber nicht gewählt werden, bleiben die Stühle leer, wie es Merz formuliert. Vorausgesetzt die entsprechende Stufe der Quote ist schon erreicht. Von der Zeit, in der es um die Kompetenz der Kandidaten geht, werden CDU-Parteitage künftig etwas abknappen müssen für Satzungskunde. Aber so geht halt grüne Politik, die aber bei der CDU „erneuert“ heißen wird – oder „modern“.

Grün und ideounlogisch ist auch das Verfahren, mit dem die CDU künftig parteiinterne Kritiker verfolgen will. Äußert sich jemand in den sozialen Netzwerken negativ, gilt das als parteischädigend und er wird ausgeschlossen. Aber nur, wenn er es zu oft macht. Und auch nur, wenn er zu viel Resonanz dafür erhält. Wann ist zu oft und was ist zu viel Resonanz, will ein Kreisverband wissen? Man wolle praxistaugliche Lösungen und keine statischen Lösungen, antwortet ein Vertreter der Programmkommission. Auf Deutsch heißt das: willkürlich – wie es gerade passt. Damit erinnert die CDU an die Definition des Notstands im Infektionsschutzgesetz, auf den sich die Ampel geeinigt hat.

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Kommentare ( 36 )

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Evero
1 Jahr her

Warum wundert mich das überhaupt nicht. Merz ist ein Jünger der US-Plutokraten. Für ihn heißt es nicht gegen die Regeln dieser NWO-Sekte zu verstoßen.
CDU war und ist keine patriotische Partei.

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat 1: „dass er für die Frauenquote sei, weil er seine Mutter gut fand.“ > Ich sage/rede mit Sicherheit so manches mal Mist. Doch auf den Gedanke zu kommen zu sagen „ich bin für die Frauenquote weil ich meine Mutter gut fand“, so was beschränktes würde mir dann aber doch nicht in den Sinn kommen. Man(n) man(n)….! – – – – – Zitat 2: „Ziel ist es, dass 50 Prozent der Führungspositionen von Frauen belegt werden.“ > Na, nachdem Merz seine grüne Ader ja schon grad erst im Bundestag während seiner „Wutrede“ gezeigt und bestätigt hatte nachdem er kurz vor… Mehr

hassoxyz
1 Jahr her

Wenn die CDU-Führung ein so nebensächliches Thema wie die überflüssige Frauenquote zur Hauptsache macht, beweist das doch, daß sie den Ernst der Lage unseres Lage nicht erkannt hat oder nicht erkennen will. Statt Themen, die die Menschen bewegen, wie Migration, innere Sicherheit und vor allem die Energiekostenexplosion beschäftigt sie sich mit einem grünen Randthema. Ich hoffe sehr, daß auch kritische Stimmen von der Basis zu Wort kommen, die sich mit dem chaotischen Zustand der Partei beschäftigen. Angesichts der grottenschlechten Ampel-Regierung müßte die Union eigentlich bei über 40% in den Umfragen liegen, wenn sie noch die Partei der rechten Mitte wäre.… Mehr

Kassandra
1 Jahr her

Ist doch gut, dass man jetzt wahrnehmen muss, dass die CDU mit den Altparteien driftet. Ich fürchte nur, dass man bis zu nächsten Wahl vergessen haben wird – und sein Kreuz wieder irgendwo bei schwarzrotgelbgrün abgeben wird. Wobei das, betrachtet man die Sachlage, vollkommen unnütz ist. Wenn nämlich NSI durch GB/Kanada hinsichtlichtlich von Sanktionen und Wartungen blockiert werden kann und NSII durch Biden, wenn Gas aus Deutschland, trotzt Energiemangels, auch jetzt im September über die Yamal-Pipeline Richtung Polen gepumpt wird – statt eigene Speicher aufzufüllen: https://www.reuters.com/business/energy/eastward-gas-flows-via-yamal-europe-pipeline-resume-sunday-operator-data-2022-09-05/ Wenn zudem die Ukraine die Sojus-Pipeline seit Mai 2022 blockiert und inzwischen alleine durch… Mehr

jopa
1 Jahr her

Die Häutung der CDU von einer konservativen Partei zu einer grünen Blockpartei (innerhalb der neuen nationalen Front unter Führung der SED Grünen) ist vollendet.

MarkusF
1 Jahr her

Jetzt wo es darauf ankäme das Land zu retten verstrickt sich Merz im politisch woken klein klein. Ein Kanzler mit jeder Menge ‚Leichen im Kellern‘ und ein Wirtschaftsminister der keinen Dunst von Wirtschaft hat aber eine Agenta die selbst einen Stalin human erscheinen läßt. Zwei riesengroße Zielscheiben. Wieso nimmt die keiner ins Visier? Gerade jetzt wo das Land dringen eine grundlegend Kurskorrektor zugunsten Zukunft und Marktwirtschaft braucht.

Kassandra
1 Jahr her
Antworten an  MarkusF

Da andere von außen!!! uns die Energie nach Belieben abstellen können, wird es niemandem gelingen, das Land von innen zu retten. Es scheint auch gar nicht daran gedacht. Alle Po-litiker sind dabei, hier erbrachte Steuergeld global zu verteilen – und sie werden nicht nachlassen, bis auch das Häuschen der letzten Oma unter ihrem Hintern weg genommen werden kann – explodierenden Energiepreisen und nachfolgender inflationärer Erhöhungen der Preise aller Waren und Dienstleistungen sei Dank. All das, wie alle anderen Themen dieser Politik wie der der letzten Kabinette tragen zur Verarmung des einstigen Souverän bei und lassen erinnern an einen Fischer Joseph… Mehr

Talleyrand
1 Jahr her

Merz wittert die Chance mit grüner Hilfe Kanzler zu werden. Für ihn lohnenswert, für seine Palladine auch, für uns ein sicheres „vom Regen in die Traufe“. Und anschließend das Ende.

mediainfo
1 Jahr her

Ist mir ein Rätsel wie jemand die Tatsache in Frage stellen kann, dass durch eine Frauenquote; wie durch jede andere Quote, die Merkmale wie Geschlecht oder Herkunft bevorzugt; Personen in Funktionen kommen, für die sie nicht oder schlechter geeignet sind als andere. Es darf alleine die Eignung eines Menschen entscheiden, wozu auch das Durchsetzen zur Erreichung einer Position gehört. Eine Frau zu sein ist keine Qualifikation in sich, aber natürlich nur dann, wenn man die Dinge rational und empirisch betrachtet, nicht ideologisch, wie z.B. die Grünen. Dass Merz hofft, mit so einer Anbiederung Wähler gewinnen zu können, verrät nichts Gutes… Mehr

Last edited 1 Jahr her by mediainfo
rainer erich
1 Jahr her

Ueberraschung die x.. Ich hoffe nicht, denn Merz hat ja an seiner Wunschkoalition nie irgendwelche Zweifel gesaet, ganz im. Gegenteil. Die (ideologischen) Verbindungen der CDU – Funktionäre mit den Gruenen, allen voran deren Spitzen, ich schrieb es bereits, sind mindestens so gross wie der „schwarze“ Opportunismus. Das mit Habeck sollte man nicht zu ernst nehmen und Baerbock passt nahezu perfekt zur Atlantikbruecke. Man koennte die neue Koalition als Eckpfeiler der Democrats und ihrer Freunde bezeichnen. Beide Seiten verfolgen ähnliche Ziele und die eine hat mit der Unterwerfung und Folgschaft kein Problem, solange sich in den USA nichts Grundsaetzliches aendert. Mit… Mehr

Dr. Meersteiner
1 Jahr her

Wer anderen Parteien im Bundestag das Demonstrationsrecht abspricht ist für mich kein Demokrat. Und noch eine linksgrüne Partei mehr braucht kein Mensch. Am besten macht Merz gleich Platz für eine Quotendame im Format von Frau Lang. Wer die „alte“ CDU haben will, muss AfD wählen.

Gotthelm Fugge
1 Jahr her
Antworten an  Dr. Meersteiner

WeLT-Copyright – ““Ein Parteichef namens Friedrich Merkel““ Der CDU-Parteitag hat genau diese Standortbestimmung im vollen Umfang bestätigt. So überzeugt man das zutiefst geschundene DE-Volk nicht. Der CDU-Abstieg nimmt weiter Fahrt auf. Söders Auftritt zu diesem Event war der einzige Lichtblick.   Ein CDU-Merz als Heilsbringer der lang wieder herbeigesehnten Reaktivierung der konservativen sozialen Marktwirtschaft im Sinne von Ludwig Erhard entpuppt sich seit seiner Inthronisation als Totalausfall. Statt ENDLICH eine schlagkräftige konservative Opposition aufzubauen, verplempert er diese wertvolle chancenreiche historische Situation. Sein Credo: ““Wer mit der AfD kooperiert, fliegt aus der Partei!““   Überall in Europa (Italien [Fratelli d’Italia – Giorgia… Mehr