Merkels Afrika-Plan wird scheitern

Demokratie kann ebenso wenig exportiert werden wie Marktwirtschaft – die vergeblichen Versuche der USA, die in Ländern wie dem Irak oder Lybien interveniert haben, haben das gezeigt. Entwicklungshilfe schadet mehr als sie nützt.

© John MacDougall/AFP/Getty Images
(1st row L-R) Egyptian President Abdel Fattah al-Sisi, Guinean President and Chairman of the African Union Alpha Conde, German Chancellor Angela Merkel, Tunesian President Beji Caid Essebsi, Senegalese President Macky Sall ; (2nd row L-R) the President of the African Development Bank Akinwumi Adesina, the Managing Director of the International Monetary Fund Christine Lagarde, Ghanaian President Nana Akufo Addo, Italy's Prime Minister Paolo Gentiloni, Rwandan President Paul Kagame pose for a family picture during a two-day G20 Africa partnership investment conference in Berlin on June 12, 2017

Mit 300 Millionen Euro für afrikanische Staaten will Angela Merkel „Fluchtursachen beseitigen“. Die deutsche Zusage soll die anderen G20-Staaten dazu animieren, ebenfalls ihre Entwicklungshilfe zu verstärken. „Die gute Entwicklung der Welt wird nicht funktionieren, wenn nicht alle Kontinente der Welt daran teilnehmen“, sagte Merkel am Montag beim Gipfeltreffen in Berlin mit afrikanischen Staats- und Regierungschefs. Sie erklärte, dass wirtschaftliche Entwicklung in Afrika Fluchtursachen beseitigen werde. Die Konferenz mit afrikanischen Staaten in Berlin bereitet den G20-Gipfel vor, zu dem Merkel für den 7. und 8. Juli nach Hamburg eingeladen hat. Daran nehmen die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Wirtschaftsmächte aller Kontinente teil. Afrika wird auf Wunsch von Merkel das Schwerpunktthema des G20-Gipfels sein.

Merkel nun auch für Afrika zuständig

Merkel meinte schon vor einigen Monaten in einem Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT, sie sei „überzeugt, dass unsere Sicherheit, unser Leben in Frieden und unsere nachhaltige Entwicklung mit der Lebenssituation von Menschen, die weit weg von uns wohnen, zusammenhängen“. Ihr Amtseid beziehe sich auf das Wohl Deutschlands, dieses sei aber heute „allein mit der Konzentration auf Deutschland selbst dauerhaft nicht zu erreichen“. „Wenn ich als deutsche Bundeskanzlerin dafür sorgen will, dass es uns Deutschen gut geht, dass die Europäische Union zusammenhält, muss ich mich auch darum kümmern, dass es in Europas Nachbarschaft so zugeht, dass Menschen dort Heimat auch als Heimat empfinden können. Konkret heißt das in unserer Zeit, dass wir uns in neuer Weise mit Afrika befassen müssen.” Durch Entwicklungshilfe soll die Situation der Bewohner Afrikas so weit verbessert werden, dass sie keinen Grund mehr haben, sich auf den Weg nach Europa zu machen, so Merkel.

Entwicklungshilfe gescheitert

In den vergangenen Jahrzehnten haben mindestens ein Dutzend Schwellenländer (überwiegend in Asien) ein enormes Wirtschaftswachstum erlebt und Hunderte Millionen sind aus der Armut in die Mittelschicht aufgestiegen. Grund dafür waren jedoch nicht Entwicklungshilfe-Maßnahmen der Industrieländer, sondern der Wechsel von der Plan- zur Marktwirtschaft. China ist dafür ein schönes Beispiel: Die Chinesen haben kaum Entwicklungshilfe bekommen, aber dort sind Hunderte Millionen, die in der kommunistischen Zeit unter Hunger litten, dem Elend entkommen, weil auch die Chinesen erkannten, dass Marktwirtschaft besser funktioniert als Planwirtschaft. In Ländern, die bei der Planwirtschaft geblieben sind, leiden die Menschen weiter Hunger – der Vergleich zwischen dem kommunistischen Nordkorea und dem marktwirtschaftlichen Südkorea spricht Bände.

Aber im selben Zeitraum, in dem sich in vielen asiatischen Ländern ein einzigartiger Wirtschaftsboom  entfaltete, ist es etwa 30 Entwicklungsländern, vor allem im subsaharischen Afrika, nicht gelungen, ein beständiges Wirtschaftswachstum zu erzeugen. Trotz aller Hilfen haben sich manche sogar zurückentwickelt. Dabei wurde in den letzten 50 Jahren im Rahmen der Entwicklungshilfe eine Billion Dollar (!) Hilfsleistungen von den reichen Ländern nach Afrika überwiesen. In ihrem Buch „Dead Aid“ schreibt die Afrikanerin Dambisa Moyo: „Doch geht es den Afrikanern durch die mehr als eine Billion Dollar, die in den letzten Jahrzehnten gezahlt wurden, tatsächlich besser? Nein, im Gegenteil: Den Empfängern der Hilfsleistungen geht es wesentlich schlechter. Entwicklungshilfe hat dazu beigetragen, dass die Armen noch ärmer wurden und dass sich das Wachstum verlangsamte … Die Vorstellung, Entwicklungshilfe könne systematische Armut mindern und habe dies bereits getan, ist ein Mythos. Millionen Afrikaner sind heute ärmer – nicht trotz, sondern aufgrund der Entwicklungshilfe.“ Merkel glaubt nun, was mit einer Billion Dollar nicht erreicht wurde, werde sie durch 300 Mio. Euro erreichen – ein weiteres Beispiel maßloser Selbstüberschätzung und Realitätsferne.

Eine Studie der Weltbank belegt, dass mehr als 85 Prozent der Fördergelder für andere Zwecke verwendet wurden als ursprünglich vorgesehen, oft umgeleitet in unproduktive oder gar groteske Projekte. Obwohl die Auflagen ignoriert und unverblümt missachtet worden seien, wurde weiterhin Entwicklungshilfe geleistet. Oft genug also spielten Konditionalitäten, obwohl ein zentraler Teil der Entwicklungshilfevereinbarungen, in der Praxis kaum eine Rolle. Warum soll das diesmal anders sein?

Afrikaner könnten sich nur selbst helfen

Die Afrikaner könnten sich nur selbst helfen, so wie es viele asiatische Staaten getan haben. Demokratie kann ebenso wenig exportiert werden wie Marktwirtschaft – die vergeblichen Versuche der USA, die in Ländern wie dem Irak oder Lybien interveniert haben, haben gezeigt, dass Demokratie eben nicht exportiert werden kann. Und auch die Entwicklungshilfe hat, wie Moyo in ihrem Buch eindrücklich belegt, mehr geschadet als genutzt. Ja, es gibt die Gefahr, dass Abermillionen Menschen aus Afrika aufbrechen, um nach Europa zu kommen. Aber Merkels Strategie „Fluchtursachen zu beseitigen“, wird scheitern. Solange es in Afrika an Marktwirtschaft, Rechtsstaat und Demokratie mangelt, wird sich die Situation dort nicht bessern, egal ob Merkel 300 Millionen Euro überweist oder nicht. Und solange sich die Situation nicht ändert, wird uns nichts anderes übrig bleiben, als das zu tun, was Europa bislang nicht willens war zu tun, nämlich unsere Grenzen gegen unkontrollierte Zuwanderung wirksam zu sichern. Diese unkontrollierte Zuwanderung schadet übrigens nicht nur uns, sondern auch den afrikanischen Ländern: Denn es sind ja keineswegs die Ärmsten der Armen, die Tausende Dollar für Schlepper bezahlen können, sondern es ist eine Minderheit von Afrikanern, die gerade in Afrika selbst dringend gebraucht würden, um dort etwas zu verändern.


Über den Autor Rainer Zitelmann und sein neuestes Buch.

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Kommentare ( 137 )

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webmax
6 Jahre her

Ein riesiges Nordafrika-#Protektorat muß her – unter EU-/NATO-Aufsicht: Essen und Arbeit für jeden Afrikaner, aber auch Geburtenkontrolle!

FU, ET
6 Jahre her

Zum Abschnitt „Merkel nun auch für Afrika zuständig“ kann man eigentlich kaum noch Worte finden: Natürlich fühlt sich die Herrscherin der Welt auch für Afrika zuständig. Wie verstiegen, selbstverliebt und größenwahnsinnig diese Einstellung ist, interessiert die Herrscherin nicht.
Um ihren den Deutschen gegenüber geleisteten Amtseid angeblich zu erfüllen, muss sie sich um die gesamte Welt kümmern – nach ihrer eigenen Meinung.
Man könnte nur noch schreien. Dies alles ist von einer Absurdität, die nicht mehr in Worte gefasst werden kann. Wäre sie doch nur endlich, endlich abgewählt.

Reimund
6 Jahre her

Diese Frau hat noch nie einen Plan gehabt – wie soll da jemals ein Plan scheitern können. Ihre Politik ist gekennzeichnet durch ein planloses Hü und Hott – siehe Atomausstiegverlängerung und dann die Abschaltung von heute auf morgen. Für jeden Investor ist eine solche Regierung ein Graus.
Was sie heute sagt, morgen sagt sie das Gegenteil. Unglaublich das diese Frau sich an der Macht halten kann.

Gloria Frey
6 Jahre her

NOE, nu issas zu spaet. Es neigt sich dem Ende zu. Jetzt geht es los mit der Autoindustrie. Alte Boecke haben das verschlafen, wahrscheinlich sogar geschmiert.

Claudius
6 Jahre her

Warum wird die Welt besser, wenn man Ressourcen aus den Händen von Produktiven in die Hände von Unproduktiven schaufelt? Wie genau bringt uns eine Erhöhung an fehlinvestierten Kapital weiter? Warum wird die Welt gerechter, wenn Geld aus den Händen armer Menschen in reichen Ländern in die Hände reicher Menschen in armen Ländern fließt?

Michel Rieke
6 Jahre her

welt.de vom 27.1.2017:
„Flüchtlingskrise kostet Deutschland jährlich 22 Milliarden Euro“

zeit.de vom 22.2.2017:
„Die Aufnahme unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge wird 2017 rund 3,95 Milliarden Euro kosten.“

tichyseinblick.de vom 14.6.2017:

„Mit 300 Millionen Euro für afrikanische Staaten will Angela Merkel „Fluchtursachen beseitigen““

Merkel will also die Fluchtursachen mit einem Betrag bekämpfen, den wir in Deutschland für fünf Tage Flüchtlingsversorgung bzw. vier Wochen Versorgung der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge aufwenden?

Wir wenden für jeden unbegleiteteten minderjährigen Flüchtling gut 60.000 Euro jährlich auf und stellen für deren Altersgenossen in Afrika nun nicht einmal 50 Cent zur Verfügung?

W. Böhm
6 Jahre her

Die 300 Mill. sollen dazu beitragen, den Migrationsdruck auf D zu mindern. Er könnte diesen auf Grund verbreiteter Korruption aber auch verstärken, wenn dieses Geld am Ende dazu verhilft, mehr Afrikaner so weit besser zu stellen, dass sich dann auch mehr von ihnen den Schleusertransport nach D leisten können. Das wäre dann Merkels neuer Schuss in den Ofen. Das Geld wäre besser in den Grenzschutz investiert.

Oberon
6 Jahre her

Zu einer realistischen Einschätzung der Lage gehört: 1) Sich vor Augen halten, daß in Afrika die Geburtenrate bei 6 Kindern pro Paar liegt, in D aber , wo man sein Geld und seine Zeit lieber Hunden und Katzen zukommen läßt als Kindern, bei nur mehr ( nach Abzug der höheren Geburtenrate bei den Moslems in D) 1 Kind pro Paar, sodaß jede künftige Generation nur mehr halb so viele Deutsche zählt wie die vorangegangene. 2) Daraus den Schluß ziehen, daß kein Weg an der Aufnahme von Millionen Afrikanern vorbeiführt. 3) Idiotisch wäre es aber, bei offenen und nicht gesicherten Grenzen… Mehr

Sophie
6 Jahre her
Antworten an  Oberon

Halte ich auch nichts von. Das Probem ist ja gerade wenn man die wenigen guten Köpfe raus holt, die dann Zuhause fehlen.
Afrika brächte aber gerade Gebildete, die dort bleiben und etwas aufbauen.

Punkt 2 stimme ich außerdem nicht zu da es kein Gesetz gibt das besagt, dass die Bevölkerungsrate immer gleich bleiben muss. Deutsche Böden sind nitratverseucht und wir haben immer mehr Überschwemmungen durch Bodenverdichtung. Wir haben überhaupt keinen Bedarf an mehr Menschen.

Philoktet
6 Jahre her
Antworten an  Oberon

Es führt kein Weg daran vorbei Millionen, noch einmal: Millionen von Afrikanern aufzunehmen?
Und dann?
Ich möchte hier noch einmal die sehr zutreffenden, aber leider schon abgenutzten Worte von Peter Scholl-Latour etwas abgewandelt anführen: Wer halb Afrika aufnimmt, rettet nicht Afrika, sondern wird selbst zu Afrika!
Und wie es in Afrika läuft, oder vielmehr nicht läuft, konnte ich schon Mitte der Siebzigerjahre kennenlernen. Nur ein kleines Beispiel von vielen: Tonnen von Hilfsgütern für verhungernde Menschen verrotteten.

AlbertNola
6 Jahre her
Antworten an  Oberon

Es wird so kommen, dass erst das Kreuz (siehe Berlin) und dann die Bibel verboten werden.

Helmut Bachmann
6 Jahre her

Selbst, wenn man mit Geld etwas bewirken könnte oder kann: Das Verhältnis von 40Milliarden im Jahr für Flüchtinge vs. 300 Millionen für die Bekämpfung der Fluchtursachen ist einen Lacher wert…

Lorelei
6 Jahre her

Was für ein Irrsinn. Die Bundesregierung plant bis 2020 ca. 80 Milliarden Euro Flüchtlingskosten ein. Für Deutschland wohlgemerkt. Was bitte sollen 300 Millionen auf diesem riesigen Kontinent bewirken? Werden die großen Medienhäuser und Talkmaster*innen Merkel damit durchkommen lassen oder besinnt man sich auf den gesunden Menschenverstand? Lässt man diesen Nonsens der „große Kümmerin“ kurz vor den Wahlen einfach so stehen oder zieht endlich einmal ein Sturm durch die Medienlandschaft. Es muss doch langsam körperlich schmerzen, diese als alternativlos vorgegaukelte Politik tagtäglich politisch korrekt aufzuhübschen.