Tichys Einblick
Beschädigter Kandidat

Laschet muss als Kanzlerkandidat mit klaren Positionen ins Risiko gehen

Die Auseinandersetzung zwischen Söder und Laschet hat nur die Grünen gestärkt, weil sie ohne jeden politischen Inhalt stattfand. Laschet muss jetzt endlich aus dem grünen Schatten Merkels treten. Er braucht nicht mehr Taktik, sondern eine Strategie.

Markus Söder und Armin Laschet (Fotomontage)

IMAGO / Sven Simon

Markus Söder eingeräumt: Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union. Wenn sein Ziel darin bestand, Laschet maximal zu beschädigen, dann hat er dieses erreicht. Wenn dahinter das Kalkül stand, Vizekanzler, Außen- oder Finanzminister in einer Grün-schwarzen Regierung zu werden, dann steht dieses Kalkül noch auf wackligen Beinen. Aber, was immer auch wird, bekanntlich soll der schönste Job auf Erden ja der des bayrischen Ministerpräsidenten sein. 

Um nicht falsch verstanden zu werden, die erweiterte Hinterzimmerkür der grünen Kanzlerkandidatin, obwohl es bei einigen Medien erstaunlich ist, dass sie am einschränkenden Kompositum festhalten und hinter Kanzler noch das Wort „–kandidatin“ schreiben, stellt kein Paradebeispiel der Demokratie dar, sondern entspricht nur den Umgangsformen einer Verbotspartei. Nichts ist dagegen einzuwenden, mehr noch, es stellt einen demokratischen Mindeststandard dar, dass mehrere Bewerber als Konkurrenten um ein Amt oder um eine Position ringen. 

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Vorbildlich sind in diesem Zusammenhang die Vorwahlen für das Amt der Präsidentschaftskandidaten in den USA. Nur müssen sich mit den Personen programmatische Positionen verbinden, darf es nicht allein um die Person gehen – das ist der Unterschied zwischen Ästhetik und Politik. Eigentlich hätte die Auseinandersetzung zwischen Markus Söder und Armin Laschet – auch in der Zuspitzung, wo noch sehr viel mehr möglich gewesen wäre – vorbildlich sein können, wenn sie zeitlich früher stattgefunden hätte und inhaltlich unterlegt gewesen wäre. Doch das Wissen, was Inhalte sind, ist in der Union verloren gegangen. Söder und Laschet führten einen Schönheitswettbewerb nach dem Kinderlied auf: „Grün, ja grün sind alle meine Kleider.“ Das hat wahrscheinlich die Kanzlerin erfreut, aber auf jeden Fall die Grünen gestärkt.

Der Wettbewerb zwischen zwei Kandidaten kann eine Partei voranbringen, kann die Wähler interessieren, vertraut machen mit dem, wofür der Kandidat steht. Mehr noch, wenn er klar strategisch geführt und inhaltlich deutlich positioniert ist, kann er sogar die Ouvertüre zu einem erfolgreichen Wahlkampf bilden. Aber was erhofft man, wo Taktik jede Strategie ersetzt hat und Inhalte nur in Form austauschbarer Sprechzettel vorkommen. Inhaltlich konzis zu sein und eine Strategie zu entwickeln, ist natürlich riskant. Doch über diese Risikobereitschaft muss ein Spitzenpolitiker verfügen, wenn Politik nicht zu einer Art Kochduell verkommen soll. Sicher, die Schnelligkeit der Kommunikation und das teils aktivistische Agieren der Medien üben eine großen Druck auf die Politiker aus.

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Spektakuläre Fassadenkämpfe! Aber gibt es irgendeinen Kanzlerkandidaten mit Inhalten?
Aber auch das gehört zu einem Spitzenpolitiker dazu, sich nicht von den Medien treiben zu lassen und eine Medienstrategie zum Teil einer Gesamtstrategie zu machen. Man kann auch gewinnen, wenn man einen großen Teil der Medien gegen sich hat. Die jedenfalls, die lieber heute als morgen Annalena Baerbock zur Kanzlerin ausrufen, die nach einem Interview der Interviewten applaudieren. 

Auch Armin Laschet kann das, noch kann er das. Doch für den Wahlsieg benötigt er eine glasklare Position, die sich hart von denen der Grünen unterscheidet und abgrenzt, und er benötigt dafür eine innovative Medienstrategie – er muss ins Risiko gehen, er muss auf Sieg und nicht auf Platz setzen. Er hat nur diese Chance. In Gefahr und Not bringt der Mittelweg den Tod. 

Zuallererst hat er aus dem Schlagschatten seiner grünen Kanzlerin zu treten, sie wird ihn ohnehin nicht im Wahlkampf unterstützen. Dafür muss er ins Risiko gehen. Das Risiko ist sein einziger Verbündeter.