Soziales als Hauptthema der neuen Regierung?!

Absurd: Eben hat die SPD ihren Wahlkampf mit „sozialer Gerechtigkeit“ haushoch verloren und jetzt erklären Vertreter von CDU und Grünen, das „Soziale“ solle im Mittelpunkt einer Jamaika-Koalition stehen.

© Tobias Schwarz/AFP/Getty Images

CDU, CSU, FDP und Grüne könnten nach Einschätzung von Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt bei einer Jamaika-Koalition den Schwerpunkt aufs Soziale legen. „Es gab eine relativ breite Zustimmung dabei, dass klar ist, die soziale Frage muss für diese Koalition im Mittelpunkt stehen“, sagte Göring-Eckardt nach dem ersten Sondierungstreffen in großer Runde in einem Video, das die Grünen online stellten.

CDU soll noch sozialdemokratischer werden

In das gleiche Horn stößt Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), der sich in einem Interview im aktuellen FOCUS in abstoßender Weise bei Angela Merkel anbiedert („die Menschen haben ein Rieseninteresse, dass Angela Merkel das Land weitere vier Jahr erfolgreich führt“) und sich als neuer CDU-Linksaußen profiliert. „Ich sehe in einem Jamaika-Bündnis vor allem die Chance, in der CDU auch den sozialen Flügel wieder zu stärken.“ Das sei die richtige Lehre aus dem Wahlkampf, so Günther im FOCUS. Wie bitte? Das soll die Lehre aus einem Wahlkampf sein, bei dem die SPD das schlechteste Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik erzielte? Dabei hatte sie das Thema „soziale Gerechtigkeit“ bis zum Überdruss strapaziert. Hat sich die CDU unter Angela Merkel nicht schon genug sozialdemokratisiert?

Noch mehr Umverteilung

Der Begriff „soziale Gerechtigkeit“ ist so schwammig, dass sich jeder das vorstellen kann, was er will. Da niemand so genau weiß, was „gerecht“ bedeutet, ist damit faktisch immer „noch mehr Umverteilung“ gemeint. Ein Blick auf die Ausgaben im Bundeshaushalt zeigt, dass die Ausgaben für „Soziales“ bereits jetzt in einem unvorstellbaren Maß dominieren. 137,6 Milliarden Euro verbraucht allein das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, während beispielsweise der Bundesetat für Bildung und Forschung nur 17,7 Milliarden beträgt und der Etat des Innenministeriums nur neun Milliarden. Die ganze Ära der Großen Koalition war von „Sozialem“ bestimmt: Mietpreisbremse, Rente mit 63, Mindestlohn usw.usf. Und da soll nach dem Willen von CDU und Grünen jetzt noch mal draufgesattelt werden?

Was die FDP-Wähler wohl dazu sagen werden

Ich bin ja mal neugierig, was die FDP-Wähler wohl dazu sagen werden, wenn das „Soziale“ im Mittelpunkt von Jamaika stehen soll. Ja, in der FDP gibt es auch einen Komplex, dass man nicht als „kalt“ und „unsozial“ erscheinen möchte. Und vielleicht erliegen Jamaika-Fans wie Wolfgang Kubicki, die um jeden Preis mit Union und Grünen zusammengehen wollen, der Versuchung, auf einmal ganz „sozial“ zu erscheinen. Gegenüber der Parteimitgliedschaft und den Wählern reden sie sich dann damit heraus, sie verstünden unter „sozial“, dass mehr in Bildung investiert werden solle, um die Chancengerechtigkeit zu erhöhen. Nur: Wenn die Grünen und die CDU von „Sozialem“ sprechen, dann meinen sie mehr Umverteilung und noch mehr staatliche Sozialleistungen, Verschärfung der Mietpreisbremse, Anhebung des Mindestlohnes usw. Die Grünen haben genau gesagt, was sie unter „sozial“ verstehen, z.B. die sogenannte Bürgerversicherung, also eine Zwangsversicherung für Selbstständige oder die Verschärfung der Mietpreisbremse. Im FDP-Wahlprogramm wird dagegen die Abschaffung der Mietpreisbremse gefordert und eine „Bürgerversicherung“ strikt abgelehnt.

Zuwanderung – nicht „Soziales“ ist das Thema

Alle Umfragen belegen, dass das Thema „Begrenzung der Zuwanderung“ und eben gerade nicht die „soziale Gerechtigkeit“ das wichtigste Thema für die Wähler ist. Eine Focus-Umfrage zeigt, dass sich die Wähler von FDP und Grünen konträr gegenüberstehen: „Die neue Regierung soll eine Obergrenze für Flüchtlinge einführen“, das fordern 77 Prozent der FDP-Wähler, so viel wie von keiner anderen Partei, mit Ausnahme der AfD (97%). Und bei den Wählern keiner anderen Partei ist die Ablehnung der Obergrenze so groß wie bei denen der Grünen, wo nur 34 Prozent für eine Obergrenze sind. Dabei geht es hier gar nicht um das Wort „Obergrenze“, sondern um die klare Botschaft: Die FDP-Wähler wollen die Zuwanderung in die Sozialsysteme begrenzen, die Grünen wollen sie ausweiten. Dass beide Parteien für ein Zuwanderungsgesetz sind, verdeckt die viel wichtigere Tatsache, dass die Wähler der Grünen mehrheitlich für eine Politik der offenen Grenzen sind, die Wähler der FDP dagegen. Beim Thema „sichere Herkunftsländer“ vertreten die Wähler keiner anderen Partei eine so klare Haltung wie die der FDP: Algerien, Marokko und Tunesien sollen nach Meinung von 66 Prozent der FDP-Wähler als sichere Herkunftsländer gelten, was Abschiebungen erleichtert. Damit liegt der Anteil bei FDP-Wählern fast 20 Prozentpunkte (!) über dem der Gesamtbevölkerung und sogar höher als bei den AfD-Wählern, die diese Position zu 59 Prozent teilen.

Der Trick mit dem „Sozialen“

Die Vertreter von SPD, Linken, Grünen und des linken Flügels der CDU wollen einfach nicht verstehen, dass die Begrenzung der Zuwanderung für die Mehrheit der Bürger das entscheidende Thema ist. Da sie die täglichen Probleme im Zusammenleben mit Migranten ignorieren und verdrängen, wenden sie einen billigen Trick an: Angeblich, so argumentieren sie, gehe es den Wählern gar nicht darum, sondern hinter den „Ängsten vor Zuwanderung und Migranten“ stehe „eigentlich“ die Unzufriedenheit mit mangelnder „sozialer Gerechtigkeit“. Ökonomistisch wird der Wunsch auf Begrenzung von Zuwanderung ausschließlich als Wettbewerb der unteren sozialen Schichten um Wohnraum und Arbeitsplätze umgedeutet. Das mag für manche AfD-Wähler aus Berlin-Marzahn sogar teilweise zutreffen. Dazu passt aber ganz und gar nicht, dass gerade die FDP-Wähler besonders eindeutig für die Begrenzung der Zuwanderung sind. Bekanntlich kommen die Wähler der Liberalen nicht überwiegend aus dem Bereich von Geringverdienern und Arbeitslosen.
Der Trick ist: Zuerst werden tatsächliche Probleme, wie etwa die bei Migranten höhere Kriminalität, durch statistische Tricks „beseitigt“, im nächsten Schritt wird alles zu einem Problem der „sozialen Gerechtigkeit“ umgedeutet, damit man dann im dritten Schritt den Schwerpunkt vom Problem der Zuwanderung verlegen kann auf das „Soziale“.

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Kommentare ( 19 )

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19 Comments
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Wolfgang Schmid
6 Jahre her

Natürlich ist die soziale Frage das Problem der kommenden Jahre: Bei Millionen Einwanderern, die man nie wieder los wird, ist das Hauptproblem z.B. Sozialhilfe, Hartz IV, Krankenversicherung, Rentenversicherung, Wohnungsbau, Schulen und Lehrer etc.pp – und das alles für Leute, die nicht einzahlen, aber 100% Ansprüche haben. Das wird die Gesellschaft spalten – und zwar nachhaltigst!

gymmat
6 Jahre her

Das Dumme ist doch, dass mit einer ‚plötzlich‘ eingeführten Bürgerversicherung nichts mehr aufgeholt werden kann, was auch ich in den Jahren meiner Selbständigkeit gespart habe. Es sich ergo nur um Abzocke handeln kann. Oder wie soll ich in den letzten Jahren meiner Tätigkeit noch so viel ansparen, dass ich dann auch eine auskömmliche Rente bekommen würde? Den Mindestsatz einer Bürgerversicherung habe ich nämlich sicherlich schon jetzt auf der ‚Hohen Kante‘. Und wenn ich mir dann noch anschaue, wie schon seit Jahrzehnten, DENEN überlassene Steuergelder veruntreut werden, wird ohnehin Angst und Bange! Eines ist jedenfalls sicher: Mit fremden Geld können Politiker… Mehr

Heinz Decker
6 Jahre her

Dann wird er vielleicht mal beginnen darüber nachzudenken, ob seine Sympathien für Merkel noch gerechtfertigt sind.

The Bro
6 Jahre her

Sehr richtig!
Das nennt man Wahl-Demenz!

Freigeist2016
6 Jahre her

Sobald die auch von serösen Quellen geschätzten 30 Milliarden € für Flüchtlinge pro Jahr (wenn man den Familiennachzug dazurechnet, können es leicht 50 Milliarden werden) nicht mehr aus den Steuermehreinnahmen finanziert werden können, bricht das Illusionsgebäude zusammen.
Was das bei einem Bundeshaushalt von ca. 330 Milliarden bedeutet kann man sich leicht ausrechnen. Das muß man sich mal klar machen: Das sind ca.10 bis 20% !
Zum Vergleich der Haushalt für Bildung beträgt “ nur“ 17,6 Milliarden, der für Verteidigung 37 Milliarden in 2017.
Wer das weiß, fragt sich, ob die in Berlin noch ganz dicht sind.

Heinz Decker
6 Jahre her

„Die FDP-Wähler wollen die Zuwanderung in die Sozialsysteme begrenzen, die Grünen wollen sie ausweiten.“
Und beide haben etwas ganz entscheidendes übersehen: Auch wenn man nach dem Willen der Kanzlerin und ihrer Willkommens-Jünger nicht von Obergrenzen sprechen darf. Es gibt es Kapazitätsgrenzen sowohl finanzieller als auch psychologischer und vor allem auch demographischer Art. Wer das nicht wahrhaben will, ist zum Scheitern verurteilt und trägt Mitverantwortung am Niedergang der Gesellschaft..

Störk
6 Jahre her

Wenn sie die Rücklagen haben, den Ausfall eines 170.000€-Kunden zu verkraften, dann haben Sie auch das Eigenkapital, auszuwandern – und sei es nur nach Österreich. Ich habe alle Kunden in NRW und zuwenig Rücklagen, um um nur 2 Monate Verdienstausfall aufzufangen.

ThurMan
6 Jahre her

Diese Figuren sind dermaßen selbstherrlich, dass die sich fast wie „Ihre Royalitäten“ vorkommen, oder sollte man besser sagen „Ihre Tollitäten“?

ThurMan
6 Jahre her

Hoffentlich steht bei 90% dann das Volk auf gegen die Parteibonzen in Berlin, so wie damals in der DDR in Leipzig.

Harry James mit Armbrust
6 Jahre her
Antworten an  ThurMan

Nein, das werden sie nicht. Sie werden weiter daheim sitzen und maulen. Erst die, die danach geboren werden, werden wieder aufstehen …

Randall Flagg
6 Jahre her

Es ist ein Krieg gegen das deutsche Volk und dessen Kultur.
Das müssen Sie nicht persönlich nehmen.

Gernot Radtke
6 Jahre her
Antworten an  Randall Flagg

Geteiltes Leid ist halbes Leid. Auch: Draghis Geldpolitik.