Erfindet sich die SPD als SED neu?

Der Titel des ARD-Kommentars lautete ursprünglich: „Die letzte Patrone der SPD“ und wurde dann geändert in: „Letzter Versuch für die SPD“. Am Inhalt des Kommentars der letzten Patrone änderte sich nichts.

CHRISTOF STACHE/AFP via Getty Images

Beginnen wir mit dem Pittoresken: Das neue sozialdemokratische Motto scheint zu lauten: „Nehmt alles nur von allen und beschenkt die treuen Diener der Verwaltung!“. Jedenfalls schrieb die SPD in Sachsen, die trotz krachender Wahlniederlage wieder von Michael Kretschmer in die Regierung hofiert wird, in den Koalitionsvertrag: „Angehörige des öffentlichen Dienstes dürfen ihre privaten Elektro- oder Hybridfahrzeuge an Ladevorrichtungen ihrer unmittelbaren Dienststelle kostenlos aufladen, sofern keine dienstlichen Belange entgegenstehen.“

So viel Kommunismus war nie, jedenfalls wie Orwell ihn verstand, als eine Gesellschaft, in der alle gleich, nur einige gleicher sind. Sachsens Wähler, die mehrheitlich von Mitte bis rechts gewählt haben, bekommen nun eine Regierung, die links von der Mitte steht und die Tankfreiheit für Angehörige des öffentlichen Dienstes ausgerufen hat, wenn die brav mit gutem Beispiel auf dem Weg der Durchsetzung der E-Mobilität vorangehen.

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Das dürfte die ARD freuen, die ohnehin nicht müde wird, linke und grüne Politik zu propagieren. So hat Babara Kostolnik vom Hauptstadtstudio der ARD die Wahl von Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zu SPD-Vorsitzenden als eine „Revolution“, die „heimlich still und leise … herangerollt“ wäre, bejubelt. Diese Revolution wird mit dem ungelenken Wort „Eskabolation“ verbunden, ein Neologismus, dessen Erfindung den Jusos zugeschrieben wird. Angesichts des Mangels an Sprachästhetik und der unzureichenden Beherrschung des Deutschen zweifelt man nicht an der Berechtigung der Zuschreibung.

Auch wenn die ARD-Kommentatorin sich entzückt darüber zeigt, dass dieses Wort „so etwas wie Eskalation“ beinhaltet, so stellt sich die Frage, ob sie überhaupt weiß, was das Wort Eskalation bedeutet und was eigentlich hier „eskalieren“ soll? Die Kämpfe in der Gesellschaft? Aber so wie man in die stümperhaften Wortbildung Eskalation hineinhören kann, so auch Kollaboration. Eine Kollaboration mit linksextremen Kräften wie der Antifa, was dann auch zu einer Eskalation führen würde? Für die ratschlägeerteilende und für linke Bündnisse werbende ARD bedeutet „Eskabolation“ auch, „dass die SPD künftig nach links rückt, linke Mehrheiten bindet, offener für Rot-Rot-Grün wird …“ Rot-rot hatten wir schon einmal in einer Partei vereinigt. Denn schließlich geht es darum, „dass die SPD wieder von vielen Menschen in Deutschland als die Partei erkannt wird, die gebraucht wird für eine gerechtere Gesellschaft“, denn wenn das geschähe, „dann hätten die Mitglieder der SPD mit ihrem Votum alles richtig gemacht.“

Denkt man an die Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung, für die die Jusos kämpfen, dann versteht die ARD unter gerechter Gesellschaft geschichtswidrig den Sozialismus. Auch die Kommentatorin ahnt das Risiko, das in dieser „Revolution“ steckt, denn: „Eskabolation“ ist die letzte Patrone“, und die, kann man sich der Assoziation nicht entziehen, ist für den Klassenfeind bestimmt, denn es geht um Eskalation, es geht für die ARD um eine „Revolution zum Guten“, die Eingang in die Geschichtsbücher findet.

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Doch ein Blick in eben jene Geschichtsbücher zeigt, was aus diesen Revolutionen zum Guten, die Ethik und nicht Verantwortung, die Gesellschaftsalchemie und nicht Demokratie und Freiheit im Sinne hatten, geworden ist, wie viel Blut und Leid sie forderten. Barbara Kostolnik argumentiert deutlicher, als sie womöglich will, die SPD muss, will sie überleben, führende Partei werden, die den von Kevin Kühnert geplanten Gesellschaftsumbau zu einem neuen, doch so sattsam bekannten Sozialismus durchsetzt. Saskia Esken, die von der ARD so überaus freundlich begrüßt wird, hat sich ausdrücklich zum Sozialismus bekannt, und hinzugefügt, dass  wer „Sozialismus negativ verwendet, … halt keine Ahnung“ hat. All diejenigen, die 1989 gegen den Sozialismus in Mittel- und Osteuropa sich erhoben, hatten nach Auffassung der Baden-Württembergerin Esken keine Ahnung, wogegen sie sich erhoben haben. Damals jedenfalls wurde – gottseidank – die letzte Patrone gegen die Demokratiebewegung nicht abgefeuert, auch wenn das Staatsfernsehen bis zum Schluss auf Seiten der Genossen stand und den Sozialismus verteidigte.

Zumindest fiel sogar der ARD auf, wie deplaciert die Überschrift über Kostolniks Kommentar zur neuen Parteispitze war, der ursprünglich lautete: „Die letzte Patrone der SPD“ und dann geändert wurde in: „Letzter Versuch für die SPD“. Allerdings änderte das nichts an Kostolniks Schlussfolgerung: „Wenn Esken/ Walter-Borjans scheitern, ist die SPD am Ende. „Eskabolation“ ist die letzte Patrone.“

Die Eskalation, die sich die Jusos wünschen, ist also nach Ansicht der ARD-Kommentatorin „die letzte Patrone der SPD“. Diese Patrone trägt allerdings einen Namen – und der lautet SED. Vorwärts Genossen, wir müssen zurück, hätte der Kommentar eigentlichen übertitelt werden müssen.

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Kommentare ( 24 )

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Ali
4 Jahre her

Sie treffen wie immer voll ins Schwarze Herr Mai, aber so was von voll. Bravo!

Paul Pimmel - der Herr des Kosmos
4 Jahre her

Escobarlation: Regierung mit der Mentalität eines Mafiabosses.

horrex
4 Jahre her

Rein theoretisch müsste sich die SPD völlig(!) neu erfinden. Und dazu einen passenden Platz für diese NUU-Erfindung DAZU! All die sozialistischen Träume aus ihrer Gründerzeit sind heute längst „abgearbeitet“, deutlich mehr als nur ungefähr erfüllt, wenn nicht sogar über-erfüllt. Das Ärgerliche ist nur, „links“ ist kein Platz mehr. Jedenfalls keiner auf dem man sich nennenswert von Grün und SED unterscheiden könnte. Selbst die CDU (unter der Führung dieser Kanzlerin) hat die SPD links überholt. Wohin also??? Zum Abklatsch von … s.o. werden oder sich neu erfinden. Und ich sehe weit und breit in der SPD keinen „Erfinder“ der das leisten… Mehr

horrex
4 Jahre her

Interessant ist doch, dass „Die letzte Patrone“ – damit den weiteren Linksuck, sprich die UN-Unterscheidbarkeit von der SED Nachfolgepartei – vom rel. gemäßigten Parteivorstand mit allerlei Weichspülern verhindert werden soll. Was wohl hauptsächlich – wenn es gelingt – dazu dienen wird die butterweiche CDU-Führung weiter zu Wahlgeschenken zu erpressen und noch ein paar „Versorgungsposten“ für die Getreuen abzuräumen. Im Klartext also: Das Elend dieser Koalition, damit das des Landes(!!!), bis zur nächsten Wahl zu verschleppen. –

Klartexter
4 Jahre her

da passt doch alles, einen Kevin haben sie schon und Saskia ist die neue Schantalle (Chantal), tiefer geht es immer in diesem unseren Lande.

Helmut in Aporie
4 Jahre her

und diese letzte Patrone wird sich als Rohrkrepierer erweisen.
Oder, sie wird kraftlos im Rohr hängen bleiben.

ShaundasSchaf
4 Jahre her
Antworten an  Helmut in Aporie

in Aporie
Da bin ich mir beim deutschen Wähler nicht so sicher.

Armin Reichert
4 Jahre her

Ich würde erst mal die SPD enteignen. Dann ist es nur noch eine Frage von Wochen bis das Licht ausgeht. Inhaltlich braucht niemand diese unanständige Truppe von Heuchlern.

Marc Hofmann
4 Jahre her

DAs mit dem VW Bulli in der Hand von Fr. Esken geht aber gar nicht…wenn dann muss die einen Tesla in der Hand halten. Der Verbrennungsmotor…die „alte weiße“ Deutsche Automobilindustrie ist des Teufels Zeug und nicht mehr modern…wenn es nach den Grünen Sozialisten = Kommunisten unter der Führung von Merkel geht…also gegen die Blockparteien der Altparteien gegen die AfD.
Tesla in einer einen Hand und ein Windrad in der anderen Hand….das wäre das richtige Zeichen/Symbol und nicht dieses altmodische Teufelszeug von einen Verbrennungsmotor namens VW Bulli.

CIVIS
4 Jahre her

Wie sagte Alfred Tetzlaff in der Fernsehserie „Ein Herz und eine Seele“:

>>>“Der Sozi ist nicht grundsätzlich dumm, er hat nur sehr viel Pech beim nachdenken.“<<<

Wie recht er doch hatte !!!

Helmut in Aporie
4 Jahre her
Antworten an  CIVIS

Zu dieser Zeit war es allerdings noch nicht so. Das ging erst mit der GrKo mit Merkel so richtig los. M kriegt alles klein: SPD, FDP, vielleicht auch die Grünen? Deutschland sowieso.

Grumpler
4 Jahre her

Bei „die letzte Patrone der SPD“ habe ich einen Augenblick überlegt, ob die SPD wieder ihren Ruf bei der staatlichen Obrigkeit wiedererlangen will, den sie inne hatte, als ihre Mitglieder und Sympathieanten noch auf Staatoberhäupter (Wilhelm I.) und Regierungschefs (Otto) mit Pistolen schossen… 😉

… sie ist aber selber die Obrigkeit. Zur Zeit. Noch. 😀