Die SPD und das Nahles-Problem. Ausstrahlung verzweifelt gesucht.

Wer glaubt, nach Schulz sei das Schlimmste vorbei für die SPD, der hatte wohl Andrea Nahles noch nie so wirklich auf dem Schirm. Katastrophale Umfragen und regelmäßige Underperformance kündigen weiteres Elend für die Partei an.


© Sascha Schuermann/AFP/Getty Images

Jetzt, wo der tragische Schulz gemeuchelt und Fallensteller Gabriel sich aus Angst, mit in den Abgrund gezogen zu werden, vorübergehend ins Amtsgeschäft zurückzieht, steht Andrea Nahles im Scheinwerferlicht auf der sozialdemokratischen Bühne, und das bekommt ihr und der Partei gar nicht gut. Auch wenn der Spiegel einen Rhetorik-Experten erklären ließ, wie toll sie im Vergleich zu Schulz schwätzen kann, das Urteil der der SPD viel zu nahe stehenden Theaterkritiker vom Spiegel darf man hier getrost übergehen.

Die Zeit gibt der Hochgejubelten wenigstens Raum für einen kleinen inneren Monolog.

Ja, sie wisse, „dass ich nun wieder stärker nach Äußerlichkeiten bewertet werde: Kleidung, Haare, all diese Themen, die kommen, sobald eine Frau an der Spitze steht. Ich bin aber bereit, diese Rolle anzunehmen, mich herauszufordern – und mich auch zu verändern, da, wo es notwendig ist.“ „Sobald eine Frau an der Spitze steht“?

Die designierte Parteichefin, die schon als Irgendwann-Bundeskanzlerin ins Spiel Gebrachte, besetzt ohne Not gleich wieder eine Opferrolle. Als Frau – obwohl Deutschland seit 12 Jahren eine ebensolche an der Spitze hat, die der lebende Beweis dafür ist, dass frau sehr wohl den Modestandort Deutschland nachhaltig schädigen kann, ohne dass es ihr politisch im Geringsten geschadet hätte. Und wer, bitte, außer dem Hofreiter Anton hat denn im Parlament die Haare schön?

„Aber“, so Andrea Nahles im Oktober 2017, „ich muss auch ganz persönlich an mir arbeiten: Rhetorik, Stimme – für eine Oppositionsführerin ist das noch wichtiger als für eine Ministerin“. Das war nach der „Fresse“ und vor dem „Bätschi“. Die Arbeiten dürften also noch im vollen Gange sein. Vor kurzem fügte die Genossin, die immerhin 20 Semester die deutsche Sprache studiert haben will, ein weiteres komisches Bild der umfangreichen Sprachsammlung hinzu. Sie sei „nicht der breitbeinige Typ“!? Was heißt das wieder? Gender hin, Gender her. Sollte sich das Bild auf den Seemannsgang beziehen, der sich besonders gut eignet, auf schwankendem Untergrund das Gleichgewicht zu halten, dann sollte sie den breitbeinigen Gang vielleicht doch besser üben.

Bei Maybrit Illner hatte die Designierte gestern die Gelegenheit zum kleinen Solo. Thema irgendwas mit Digitalisierung und Robotik. Wir haben das alles ausgeblendet und das Kameraauge allein auf Andrea Nahles gerichtet. Es kamen nur Nichtigkeiten. „Andocken bei den Themen der Leute“ will sie, „Analysen machen, Prognosen erstellen, Konferenzen auf den Weg bringen.“ Jedes dritte Wort war „Weiterbildung“, als würde sich mir nichts dir nichts aus einem diplomierten Gabelstaplerfahrer ein Internetkarrierist programmieren lassen. Nur weil es jetzt auch ein „Beratungsangebot von der Agentur für Arbeit“ gibt. Wo die Arge gerade ganz andere Fachkräfte zu betreuen hat! Wenn Nahles dann zur Verschleierung ihrer Abgehobenheit eine Cousine erwähnt, „die von Algorithmen wegrationalisiert wurde“, kommt dem genervten Zuschauer unweigerlich das schreckliche Schulz-Sprech in den Sinn.

Auch die Körpersprache – Schnute ziehen, ständiges Kopfnicken, sinnlos grinsen, die Arme verschränkt – müsste ein Schauspiellehrer von Grund auf neu umtrainieren. So kann sie jedenfalls nie eine zu wählende Führungskraft darstellen. Maximal eine Gewerkschaftssekretärin oder irgendwas bei der SPD. Hier könnte Weiterbildung tatsächlich Sinn machen. Und sie tut Not. Die Welt fasste kürzlich zusammen, was das „Volk“ (extra wegen ihr in Anführung) so von Andrea Nahles denkt: Selbst unter den SPD-Anhängern würden nur 40 Prozent für sie stimmen (zum Vergleich: 85% der Unionistas für Merkel). Nur 13 Prozent aller Bundesbürger halten Bätschi-Nahles für fähig, die Probleme des Landes zu lösen (Probleme? Welche Probleme?). Und 87% können keine angenehme Ausstrahlung bei ihr erkennen. Nicht einmal als vertrauenswürdig geht sie durch.

Gerade mal 18 Prozent der Deutschen würden ihr vertrauen (Projekt 18?). Sogar Schulz kam „damals“ auf 33 Prozent, was zeigt, dass „wir“ doch eigentlich recht vertrauensselig und mit wenig zufrieden sind.

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Kommentare ( 97 )

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Manfred Zonker
6 Jahre her

Sie hat weder Esprit noch Stil. Sobald sie sich sicher fühlt, neigt sie zum Abfall in primitiven Jargon. Wenn sie anfängt, zu Keifern und schrill zu schreien und das mit überzeugender Rede verwechselt – zuletzt auf dem Parteitag -, zeigt sich wohl ihre peinliche Kinderstube. Sie ist keine Staatsrepräsentantin, eher eine, die -ähnlich wie Gabriel- so tut, als ob, aber das ist wenig überzeugend. Solche Kandidaten sind der Untergang der SPD, die gleichzeitig selber dafür sorgt, weil gerade dieser Typus in der Partei offensichtlich Karrierechancen hat. Ich denke nur an Eva Högel u. andere. Was waren das noch Zeiten mit… Mehr

giesemann
6 Jahre her

Satire vom Feinsten, Herr Paetow, vielen Dank. Anders kann man es eh nicht mehr aushalten.
Ich zitiere immer gerne Juvenal (um 100 nach dem einen und ca 500 vor dem anderen Propheten): difficile saturam non scribere.

Hartwig L
6 Jahre her
Antworten an  giesemann

Ich habe das gar nicht als Satire wahrgenommen.

Heiner
6 Jahre her

„Wer schreit, bringt’s weit – Im Chor der Tiere war der Rabe der unmusikalischste aller Sänger. Da man ihn nicht anders loswurde, machte man ihn zum Dirigenten“

Gerhard Branstner „Der Esel als Amtmann oder Das Tier ist auch nur ein Mensch, Fabeln“ Buchverlag der Morgen, Berlin, 1976

Knapper kann man Frau Nahles und die SPD nicht beschreiben.

Uferlos
6 Jahre her

HOT MILF !

Gero Hatz
6 Jahre her

Ich sehe eine glänzende Zukunft für Frau Nahles. Ich glaube zwar nicht, dass sie Kanzlermaterial ist aber als Minister für Serien Liebesromane kann ich sie mir gut vorstellen. An der Sprache wäre noch ein wenig zu arbeiten, 20 Semester waren offenbar nicht ausreichend.

Rotzkäppchen
6 Jahre her
Antworten an  Gero Hatz

DAS muss man sich auf der …ZUNGE ZERGEHEN… lassen….20 SEMESTER …. die Deutsche Sprache studieren …..

Old-Man
6 Jahre her

Sehr gut stillisiert das „gesamt Kunstwerk“ Nahles Herr Paetow! Ich habe da einen bösen Traum: Durch den „Klimawandel“ regnet es seit drei Monaten ununterbrochen.Der Herr sucht sich einen Noah,der soll eine Arche bauen,das tut der gute Mann.Nun soll die Arche besetzt werden,aber diesmal nur mit Menschen.Ich habe irgendwie einen Platz bekommen,einer neben mir ist noch frei,für eine Frau.Un da ja nach der glücklichen Landung das Land wider bevölkert werden muss,geht das nun nur entgegen der Genderlehre mit Mann und Frau.Wir sind auf den Fluten unterwegs,Ich schlafe ein.Nach Stunden werde Ich wach,Noah steht vor mir,neben ihm eine unansehliche Frau.Noah sagt zu… Mehr

Gernot Radtke
6 Jahre her

Wer, wie Nahles, sein bisheriges Leben ausschließlich damit verbracht hat, Gerechtigkeitslücken zu verfüllen, müßte eigentlich ein sehr zufriedener und in sich ruhender Mensch sein. Überall die herrlichen Parks der sozialen Gerechtigkeit! Und an diesem Glück der Gleichen maßgeblich mitgewirkt zu haben! Strahlt Nahles die Wärme des von ihr in die Welt getragenen Sozialglückes auch selber aus? Mitnichten. Je mehr Löcher sie zugeteert hat, scheint es, desto unleidlicher und abweisender wirkt sie. Ob es am Ende ganz andere (profanere?) Dinge sind, die sie in Wirklichkeit treiben? Wichtigtuerei? Macht? Mündelmachen? Mündelbetreuungslust?

Baucis
6 Jahre her

KÖSTLICH, Herr Paetow………

Petra Horn
6 Jahre her

Projekt 12%
Oder wie in den Niederlanden 5,x%
Weiter so!
Ihr schafft das!!

Argonautiker
6 Jahre her

Nahles die Dauerheisere. Der Club der Schreihälse verzeichnet weltweit wieder deutlich mehr Mitgliedsbeitritte. Und während sie den Schreihals Hitler mit einem kräftigen und überzeugtem „so etwas dürfe nie wieder geschehen“, niederschreien, merken sie gar nicht wie ähnlich sie ihm schon geworden sind. Schreien hat immer etwas mit Andere niederschreien zu tun, ansonsten spräche man miteinander. Wo spricht denn in den Führungspositionen bitte schön noch einer wie ein Mensch, von Mensch zu Mensch, wenn er seine Redezeit am Pult erhält? Warum haben Diktatorrren immer gerne geschrien? Um alles was anders ist schon im Ansatz platt zu machen. Wie hieß es als… Mehr